Inhalt
» Die Formel
» Die geometrische Interpretation
» Der Differenzenquotient in der Physik
» Beispiele
» Anmerkungen
Der Differenzenquotient tritt in den unterschiedlichsten Anwendungen auf, zum Beispiel als durchschnittliche Geschwindigkeit in der Physik. Er kann auch in der Statistik als Hilfsmittel beim Auswerten von Messergebnissen dienen, umgangssprachlich nennt man ihn die durchschnittliche Änderung. Oftmals wird er auch als Herleitung für den Differentialquotient und die Ableitung einer Funktion verwendet. Wir betrachten hier die unterschiedlichsten Aspekte kurz um das Feld möglichst breit abzudecken.
Betrachten wir nun zur Einleitung näherungsweise das Wachstum eines Baumes in Abhängigkeit von der Zeit im Frühstadium. Bei vielen Pflanzen ist das Wachstum direkt proportional zur Höhe (in cm) und indirekt proportional zur Zeit \(t^3\) (in Monaten). Dies kann näherungsweise durch die Funktion
\begin{align*}
h(t)=4,5e^{-\frac{1}{2t^2}}
\end{align*}
beschrieben werden mit \(t>0\) und \(h(0)=0\) für \(t=0\). Der Graph dazu ist der folgende:
Wir sehen, dass die Funktion im ganzen beobachten Zeitintervall streng monoton steigend ist, intuitiv erkennen wir aber auch, dass zeitlich starke Unterschiede existieren (auf die wir im Laufe der Differentialrechnung immer stärker eingehen werden). Der Differenzenquotient soll uns nun helfen das Wachstum besser zu analysieren.
Die Formel
Der Differenzenquotient hat je nach Literatur unterschiedliche, gleichbedeutende Formeln.
\begin{align*}
\frac{f(x_2)-f(x_1)}{x_2-x_1}, \quad \frac{f(x)-f(y)}{x-y}, \quad \frac{y_2-y_1}{x_2-x_1}, \quad \frac{\Delta y}{\Delta x}, \quad \frac{\Delta f}{\Delta x}
\end{align*}
Sei nun \(f\) wie üblich eine Funktion in Abhängigkeit von \(x\) so sehen wir die erste und letzte Schreibweise am sinnvollsten an. Der Differenzenquotient beschreibt dann die mittlere Änderung einer Funktion \(f\) in einem Intervall \([x_1; x_2]\). Mit \(\Delta\) kann man die Differenz bequem abkürzen.
Zurück zu unserer Pflanze. Wir sehen, dass das Wachstum in den ersten drei Monaten im Mittel stärker ist, denn es gilt
\begin{align*}
& \frac{h(3)-h(0)}{3-0}\approx \frac{4,26-0}{3}=1,42\\
& \frac{h(6)-h(3)}{6-3}\approx \frac{4.44-4.26}{3}=0,06.
\end{align*}
Das bedeutet, dass der Baum in den ersten drei Monaten pro Monat 1,42 cm wächst und in den restlichen drei Monaten nur 0,06 cm.
Die geometrische Interpretation
Betrachten wir den Differenzenquotien geometrisch so erkennen wir, dass Zähler und Nenner unserer Rechnung geometrisch in zwei jeweiligen Steigungsdreiecken visualisiert werden können.
Der Differenzenquotient im Intervall \([a;b]\) entspricht also der dazugehörigen Sekantensteigung im Intervall \([a;b]\).
Der Differenzenquotient in der Physik
In der Physik gibt es den Begriff der durchschnittlichen Geschwindigkeit
\begin{align*}
\bar{v}=\frac{\Delta s}{\Delta t}
\end{align*}
und sofort erkennen wir hier den Differenzenquotienten. Haben wir also eine Streckenfunktion \(s\) in Abhängigkeit der Zeit \(t\) gegeben oder ihren Graph vorliegen können wir die durchschnittliche Geschwindigkeit berechnen.
Beispiele
Der vertikale Wurf: Die Höhe in Metern eines vertikal geworfenen Körpers kann näherungsweise über die Funktion
\begin{align*}
h(t)=30t-5t^2
\end{align*}
beschrieben werden, dabei ist \(t\) in Sekunden. Berechnen Sie die durchschnittliche Geschwindigkeit im Zeitintervall \([1;2]\) Sekunden.
Lösung
Die mittlere Geschwindigkeit im Zeitintervall \([1;2]\) ist per Formel gegeben durch
\begin{align*}
\bar{v}=\frac{h(2)-h(1)}{2-1}=\frac{40-25}{1}=15\frac{m}{s},
\end{align*}
da wir mit \(h\) die Höhendifferenz und damit den Weg berechnen können. Geometrisch berechnen wir wieder die Steigung unserer Sekante
Anmerkungen: Zusätzlich sehen wir an unserem Beispiel, dass der geworfene Körper nach drei Sekunden am höchsten ist und nach sechs Sekunden wieder landet. Ein sinnvoller Definitionsbereich ist daher \(D_h=[0;6]\).
Wir betrachten nun wieder das einführende Beispiel zum Pflanzenwachstum. Wie kann man aus dem Graphen bestimmen, in welchem Monat ist das mittlere Wachstum am höchsten ist?
Lösung
Wir zeichnen die vier dazugehörigen Sekanten ein und können an ihnen schnell sehen, dass die erste die größte Steigung hat. Daher muss der dazugehörige Differenzenquotient (und dadurch das mittlere Wachstum im ersten Monat) am größten sein.
Anmerkung: Interessieren wir uns für die das höchste momentane Wachstum führt uns das zum Differenzialquotienten im nächsten Abschnitt.
Anmerkungen
Eine positiver Differenzenquotient impliziert nicht, dass eine Funktion in diesem Intervall streng monoton steigend ist, wie das folgende Beispiel zeigt: