zahl zeit zufall

Zahl, Zeit, Zufall
Alles Erfindung?

Rudolf Taschner
Ecowin Verlag, 2007, 187 Seiten, 22, €

ISBN: 3-902-40444-2

Im Vorwort zu Rudolf Taschners neuem Buch schreibt Daniel Kehlmann:
"Wer seine Vorlesungen und Vorträge [...] miterleben durfte, kennt sein Feuer, seinen Witz und seine Begabung, scheinbar trockenes Wissen zum Leben zu erwecken aus erster Hand; wer dieses Glück noch nicht hatte, kann am gleichen Effekt teilhaben, indem er Taschners Bücher liest. Viel Rätselhaftes wird verständlich, während zugleich so manches scheinbar Vertraute erst zum Rätsel wird."
Ein großes Lob, dem der Autor mit seinem Stil und seiner Fähigkeit wissenschaftliche Sachverhalte spannend wiederzugeben, allerdings voll gerecht wird. Nur muss an dieser Stelle auch erwähnt werden, dass es sich bei dem vorliegenden Buch nicht um einen homogenen, klar gegliederten Text handelt, sondern zum größten Teil eher um eine Aneinanderreihung und Aufzählung interessanter Geschichten und Anekdoten, strukturiert nach den drei im Titel genannten Themenbereichen Zahl, Zeit und Zufall.
So erfährt man gleich zu Beginn von der Erkenntnis des Pythagoras: "Wenn man die Zahlen versteht, dann versteht man die Welt, denn alles in ihr scheint auf Zahlen und deren Beziehungen zu beruhen", welche er formulierte, nachdem ihm gezeigt wurde, dass gewisse Himmelsbeziehungen wie der Saroszyklus (die Zeitspanne, nach welcher sich Sonnen- und Mondverhältnisse wiederholen) auf einfachen Zahlenverhältnissen beruhen.
Ein jüngeres Phänomen, eigentlich eher eine schlichte Tatsache, zum Thema Alles Zahl, welches uns die Bedeutung von Zahlen in unserem Alltag zeigt, ist, dass beispielsweise der Inhalt einer DVD aus nichts anderem als einer riesigen Zahlenkolonne aus 0 und 1 besteht.
Nikolaus von Kues (Kardinal und Universalgelehrter des 15. Jahrhunderts) ging so weit zu sagen: "Können wir uns dem Göttlichen auf keinem anderen Weg als durch Symbole nähern, so werden wir uns am passendsten der mathematischen Symbole bedienen, denn diese besitzen unzerstörbare Gewissheit."
Nicht nur zu den Zahlen, auch zu den Themen Zufall und Zeit gibt es eine Vielzahl von Fakten und Geschichten zu erfahren. So schildert Taschner z.B. die Diskussion um das als Ziegenproblem bekannt gewordene Spiel der amerikanischen Fernseh-Show Let's make a deal, in welcher einem Kandidaten drei Umschläge (bzw. andere verdeckte mögliche Preise) angeboten werden, wobei zwei der drei Umschläge leer sind und nur der dritte einen Preis enthält. Die Frage war nun, ob, nachdem der Kandidat sich für einen Umschlag entschieden und der Quizmaster einen der leeren Umschläge entfernt hatte, es sinnvoll wäre sich für den anderen noch im Spiel befindlichen Umschlag zu entscheiden, oder ob es wahrscheinlichkeitstheoretisch egal war, ob man den bereits gewählten Umschlag behielt oder tauschte. In einer Zeitungskolumne erklärte eine Dame (Anmerkung: es handelte sich hierbei um die Frau mit dem bis dato höchsten jemals gemessenen IQ) mathematisch korrekt, dass sich die Gewinnchancen von 33 % auf 67 % erhöhen, wenn man nach der Entfernung eines der leeren Umschläge seine Wahl verändert und seinen zunächst gewählten Umschlag gegen den anderen übriggebliebenen eintauscht. Dies scheint vielleicht der Intuition zu widersprechen, ist aber, wie bereits gesagt, mathematisch vollkommen korrekt. Die Antworten und Leserbriefe, welche daraufhin in der Redaktion der Zeitung eingingen lauteten u.a. wie folgt: "Sie haben Unsinn verzapft! Als Mathematiker bin ich sehr besorgt über das Unwissen in mathematischen Dingen. Bitte machen Sie den angerichteten Schaden wieder gut, indem Sie Ihren Fehler zugeben, und seien Sie in Zukunft vorsichtiger." Ein weiterer Leserbrief hatte folgenden Inhalt: "Ihre Lösung des Problems ist falsch. Aber zum Trost kann ich Ihnen sagen, dass viele meiner akademisch gebildeten Kollegen ebenfalls auf diesen Trugschluss hereingefallen sind."
Es ist nicht zu erfahren, ob die Absender im Laufe der Zeit eingesehen haben, dass nicht die von ihnen kritisierte Beweisführung falsch war, sondern sie selbst im Unrecht sind. Dieses Beispiel zeigt, dass selbst einfache Wahrscheinlichkeitsrechnungen, und genau diese modellieren ja das Prinzip Zufall, noch immer für große Verwirrung sorgen können.
Vieles weitere beispielsweise über die Geschichte der Uhrensynchronisation, den genialen indischen Mathematiker und "Zahlen- bzw. Formelkünstler" Ramanujan oder die Datenverschlüsselung mittels riesiger Primzahlen, lässt sich durch dieses Buch in Erfahrung bringen. Nebenbei gibt es auch noch ein große Menge an Farbbildern zu all diesen Bereichen, die die Ausführungen illustrieren und auffrischen.
Zum Abschluss noch ein Zitat des Autors:
Wenn etwas untrüglich sicher "existiert", dann sind es Zahlen, mit denen die Mathematik Gleichungen und Formeln zu bilden versteht.
Es bleibt nur zu sagen: Viel Freude bei einer kurzweiligen, unterhaltsamen und interessanten Lektüre!

(Rezension: Joerg Beyer)