Martin Mattheis unterrichtet Mathematik, Geschichte und Informatik am Frauenlob-Gymnasium in Mainz und Didaktik der Mathematik am Institut für Mathematik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Neben diesem doppelten Engagement in Schule und Universität ist er Redaktionsmitglied der mathematischen Schülerzeitschrift MONOID, Fachrezensent Mathematik für das Fachbuchjournal, sammelt lebendige und schöne mathematische Bücher, Lieder, Sketche, Theaterstücke und Filme und inszeniert mit seiner Schul-Theatergruppe auch eigene Mathematik-Sketche und Theaterstücke. Sein Herzensanliegen ist es Begeisterung für Mathematik zu wecken. Stephanie Schiemann vom Netzwerkbüro sprach mit ihm.

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(Foto: privat)

Bereits seit 2008 sind Sie Mathemacher. Ihr Engagement für die Mathematik reicht noch länger zurück. Wie ist Ihre Liebe zur Mathematik gewachsen?
Mit einem konkreten Erlebnis kann ich leider nicht dienen. Mit dazu beigetragen hat sicher mein Mathematiklehrer in der Oberstufe. Neben dem oben beschriebenen Leitsatz begeistert mich an der Mathematik vor allem die logische Klarheit der Argumentation, die ebenso klar und einfach von jedem nachvollzogen werden kann, der die grundlegenden mathematischen "Spielregeln" beherrscht.

Mit viel Enthusiasmus bringen Sie die Mathematik auch auf die Bühne. Beschreiben Sie doch bitte kurz Ihr Theater-Projekt.
Als Leiter der Schauspielgruppe des Frauenlob-Gymnasiums - der Theater-AG meiner Schule - kam mir der Gedanke, dass man öffentliche Preisverleihungen, etc. statt nur mit Musik zusätzlich auch mit mathematischen Kurzsketchen untermalen könnte. So waren wir mit viel Erfolg beim Wissenschaftsmarkt Mainz, regionalen Preisverleihungen von "Mathematik ohne Grenzen" oder der MNU-Tagung in Mainz im Einsatz.
Der bisherige Höhepunkt unseres matheatralischen Engagements bestand im Jahr der Mathematik in der Teilnahme an dem von Prof. Dr. Manfred Lehn vom Institut für Mathematik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ausgerufenen Matheater-Festival, das dann letztendlich auch am Frauenlob-Gymnasium als Austragungsort ausgerichtet wurde.
Die Musiklehrkräfte meiner Schule, die ich hiermit ausdrücklich lobend erwähnen möchte, sind ebenfalls immer gerne bereit mit Schülergruppen öffentlich mathematische Inhalte musikalisch auf die Bühne zu bringen, wie z. B. erst vor kurzem die "Hauptsatzkantate" von Friedrich Wille.

Auf Ihrer Uni-Homepage schreiben Sie: "La vie n'est bonne qu'à deux choses: découvrir les mathématiques et enseigner les mathématiques." Dieses Zitat stammt von Siméon Denis Poisson (1781-1840). Was bedeutet es für Sie?
Das besonders Schöne an der Mathematik ist das erhebende Aha-Gefühl, wenn man es selbst geschafft hat, ein Problem nach längerem und intensiven Nachdenken zu knacken. Dabei ist es egal, ob es sich um ein Forschungsproblem eines Universitäts-Mathematikers handelt oder ob ein Sechstklässler tief in seinem Innersten die Addition von Brüchen verstanden hat. Meine Aufgabe als Mathematiklehrer sehe ich darin, Lernsituationen für Schülerinnen und Schülern so zu schaffen, dass sie dieses Aha-Erlebnis auf Grund von eigenen Erfolgserlebnissen möglichst oft empfinden können.

... es in der Mathematik keine Autoritäten gibt. Das einzige Argument für die Wahrheit ist der Beweis. - K. Urbanik Martin Mattheis


Mathematik findet man auch in Jugendbüchern, Romanen, Filmen, Theaterstücken und Liedern. Sie haben sich da auf die Suche begeben. Wie kommen Ihre Listen im Internet zustande und woher stammen die Schülerbeurteilungen?

Angefangen hatte es eigentlich vor ca. 10 Jahren damit, dass ich auflisten wollte, welche der entsprechenden Titel in unserer Schulbibliothek vorhanden sind, so dass ich diese Schülerinnen und Schülern empfehlen konnte. Dann wurde ich neugierig, habe angefangen gezielt zu recherchieren und wurde mehr und mehr fündig. Mittlerweile umfasst die Lese-Liste auf meiner Homepage über 400 Titel. Zwei bis dreimal im Jahr wird die Liste dort von mir aktualisiert. Später folgten dann andere Listen zu Filmen, Theaterstücken und Liedern.
Die Schülerbeurteilungen stammen von Schülerinnen und Schülern aus meinen Klassen und Kursen: In jedem Schuljahr wähle ich eine meiner Lerngruppen aus, von denen dann im Laufe des Schuljahres jede Schülerin und jeder Schüler ein populärwissenschaftliches Buch zur Mathematik liest und in einer fünfminütigen Kurzpräsentation dem Rest der Lerngruppe vorstellt. Die schriftliche Fassung der Vorstellung wird am schwarzen Brett der Mathematik schulöffentlich ausgehängt. Im laufenden Schuljahr ist mein Mathematik Leistungskurs an der Reihe.

Vor kurzem fand die zweite Mainzer Mathe Akademie statt. Sie unterstützen auch dieses Projekt. Was kann man sich darunter vorstellen? Wird es weiter geführt?
Bei der Mainzer Mathe Akademie handelt es sich um eine Schülerakademie, bei der sich 30 Schülerinnen und Schüler ab 15 Jahren fünf Tage lang intensiv mit Mathematik beschäftigen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer befassen sich unter der Anleitung von drei Professoren in drei Workshops mit unterschiedlichen mathematischen Themen und präsentieren diese am letzten Tag der Akademie den übrigen Teilnehmern. Finanziell und personell unterstützt wird die Mainzer Mathe Akademie, die jedes Jahr kurz nach dem Ende der rheinland-pfälzischen Sommerferien stattfindet, vom "Verein der Freunde der Mathematik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz e.V." Zusammen mit zwei weiteren Vereinsmitgliedern bin ich dabei für den organisatorischen Rahmen zuständig. Nähere Informationen findet man auf der Homepage des Instituts für Mathematik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Zum Abschluss möchte ich Sie fragen, ob Sie noch etwas anderes Persönliches zur Sprache bringen möchten, was ich noch nicht gefragt habe.
Es freut mich sehr, dass die lange Zeit in der veröffentlichten Meinung vorherrschende "In-Mathe-war-ich-immer-schlecht-Haltung" spätestens seit dem Jahr der Mathematik 2008 immer mehr der Erkenntnis weicht, dass unser modernes, technisiertes Leben ohne Mathematik nicht denkbar wäre. Allerdings fände ich es noch schöner, wenn zusätzlich ins Bewusstsein käme, dass die Mathematik nicht nur auf ihre Anwendungsmöglichkeiten reduziert, sondern auch als Gegenstand an sich einen eigenen Wert besitzt. Letzteres vor allem auch wegen des oben beschriebenen Aha-Gefühls.