Dass man Tauben beim Reinigen von Kaminen findet, passiert ständig: Die Vögel sterben nicht selten an Rauchvergiftung und stürzen in den Schacht. Doch David Martin, ein 74jähriger Mann aus der britischen Grafschaft Surrey, machte im Kamin seines Hauses einen kuriosen Taubenfund: Er entdeckte eine skelettierte Brieftaube, die als Nachrichtenbote im Zweiten Weltkrieg fungiert haben muss, wie ein Ring am Fuß mit der Jahreszahl "1940" verrät.

Die Taube gehörte wohl zu speziellen Einsatzkräften: Die Botschaft, die sie trug - verpackt in ein signalrotes Röhrchen - ist unterzeichnet mit "Sergeant W Stot", und es wird vermutet, dass es sich um einen Agenten hinter der Front handelte. Mehr ist nicht bekannt: Der Rest der Botschaft ist verschlüsselt. Selbst die modernen Verschlüsselungsexperten des britischen Militärs, quasi die Nachfahren Alan Turings, sind ratlos.

Die Nachricht am Fuß der Brieftaube ist sicher keine kleine Fingerübung, auch nicht für einen geübten Kryptoanalytiker mit starkem mathematischen Werkzeug wie Alan Turin. Aber vielleicht wird sie eines Tages doch geknackt, vielleicht sogar mit Hilfe von Mathematik? Immerhin: 1940, als die Taube noch am Leben war, war der Mathematiker Alan Turin eben einige Monate dabei, die deutsche Verschlüsselungsmaschine Enigma zu knacken. Und er schaffte es bekanntlich -- unter anderem unter Einsatz von Methoden der Algebra.

Andreas Loos