Da ist es wieder - das Thema Mädchen und Mathematik. Diesmal in einer Studie der Psychologin Shen Zhang von der Universität Wisconsin.

Sie ließ eine Gruppe von 90 Männern und 110 Frauen einen Multiple-Choice-Test in Mathe beantworten, nicht ohne vorher betont zu haben, dass Männer die Aufgaben besser lösen würden. Die Hälfte der Frauen sollte den eigenen Namen auf den Test schreiben, die andere Hälfte ein Pseudonym. Überraschung: Die Frauen mit Pseudonym schnitten geringfügig besser ab.
Wir haben nun Ideen für weitere Studien: Spannend wäre zum Beispiel zu wissen, wie gut Frauen abschneiden, denen man glaubhaft vermittelt, dass das Geschlecht in Mathe überhaupt keine Rolle spielt. Oder was passiert, wenn es um Englischaufgaben statt Mathe geht. Und wie schneiden Männer mit Pseudonymen ab? Schließlich sind es doch angeblich die Männer, die stets auf Konkurrenz bedacht sind (und daher vielleicht auch besonders Probleme damit haben, wenn sie damit nicht zurechtkommen).

Und vielleicht sollte man auch die Stereotype von Psychologinnen und Psychologen beim Design ihrer Studien untersuchen?

Einen Link zur Studie und deren Ergebnissen gibt es hier.

Auch im August 2013 erschien wieder eine Studie zum Thema Mädchen und Mathematik:

Die empirischen Bildungsforscher Prof. Dr. Thomas Götz und Madeleine Bieg von der Universität Konstanz sowie der Pädagogischen Hochschule Thurgau (PHTG) und Kollegen der LMU München, der HU Berlin und der McGill University in Montreal machten auf ein Problem bisher existierender Studien aufmerksam:

Dort wurden die Schülerinnen und Schüler außerhalb des eigentlichen Unterrichts nach der generellen Einschätzung ihrer Mathematikangst befragt, aber nicht während Mathetests und mitten im Unterricht – die Studien klammern somit das tatsächliche Befinden bei Prüfungen und im Mathematikunterricht aus. Anders als in bisherigen bildungswissenschaftlichen Studien blickten die Wissenschaftler mitten in den Mathematikunterricht hinein und erforschten das Befinden von rund 700 Schülerinnen und Schülern in der tatsächlichen Unterrichtssituation. Ihr Ergebnis: Schülerinnen schätzen sich zwar ängstlicher und weniger selbstsicher ein als Schüler, sind es in der konkreten Unterrichts- und Prüfungssituation faktisch gesehen aber nicht. Die detaillierten Ergebnisse der Studien wurden am Mittwoch, 28. August 2013, in der Zeitschrift „Psychological Science“ veröffentlicht.

Im Rahmen zweier Studien befragten die Forscher rund 700 Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 5 bis 11, wobei sich eine Studie auf Mathe-Prüfungsangst und die andere auf Mathe-Unterrichtsangst bezog. In Studie 1 wurden sie zum einen nach einer allgemeinen Einschätzung ihrer Angst vor Mathe-Prüfungen befragt, zum anderen unmittelbar vor und während einer Matheprüfung zu ihrer aktuellen Angst. In Studie 2 wurden sie nach einer allgemeinen Einschätzung ihrer Angst im Mathematikunterricht gefragt sowie mehrmals zu ihrer aktuellen Angst während des Mathematikunterrichts mittels eines kleinen Handcomputers.


Die Auswertung der Studien zeichnet ein deutliches Bild: Bei der generellen Befragung schätzen die Schülerinnen entsprechend der Geschlechterklischees ihre Mathematikangst höher ein als ihre Mitschüler – und das trotz gleicher Noten. Die Befragungen während des Mathetests und mitten in der Mathematikstunde zeigten jedoch, dass sich Schülerinnen in der tatsächlichen Prüfungs- bzw. Unterrichtssituation keineswegs ängstlicher fühlen als Schüler. Die durchgeführten Studien konnten auch zeigen, dass ein Grund für die Diskrepanz der Einschätzungen beim durchschnittlich niedrigeren mathematischen Selbstkonzept von Mädchen zu suchen ist. Schülerinnen werden somit vermutlich vielmehr durch Geschlechterklischees und Stereotype als aufgrund tatsächlicher Leistung dazu gebracht, ihre Fähigkeiten in Mathe schlechter einzuschätzen, was zur Folge hat, dass sie ihre Angst im Bereich der Mathematik überbewerten. Die Frage, ob Mädchen also tatsächlich mehr Angst vor Mathe haben, lässt sich entsprechend dieser Forschungsbefunde klar mit „nein“ beantworten – Mädchen denken vielmehr nur, sie hätten mehr Angst. Dies wiederum ist sehr wahrscheinlich ein wichtiger Grund dafür, dass Frauen weniger häufig als Männer in mathematikintensive Berufsfelder gehen.

Originalveröffentlichung:
Goetz, T., Bieg, M., Lüdtke, O., Pekrun, R., & Hall, N. C., (in press). Do girls really experience more anxiety in mathematics? Psychological Science.

Quelle: Pressemitteilung der Universität Konstanz vom 28. August 2013.