Die Rede ist von zwei Mathematikern, die sich vor allem der Geometrie widmeten: Der berühmte deutsche Mathematiker Felix Christian Klein, der dreimal Präsident der DMV war (und ihr Ehrenmitglied wurde) und Friedrich Otto Rudolf Sturm, welcher 1890 zu den Gründungsmitgliedern der DMV gehörte. Mathematikliebhaber*innen weltweit wissen, dass sich am 25. April 2019 Kleins 170. Geburtstag und am 12. April 2019 Sturms 100. Todestag jährt.
Felix Christian Klein hat am 25. April 2019 seinen 170. Geburtstag
Felix Christian Klein
Quelle: St. Andrews
Felix Klein hat im 19. Jahrhundert bedeutende Ergebnisse in der Geometrie erzielt. Daneben hat er sich um die Anwendung der Mathematik und die Lehre verdient gemacht. Klein, der auch ein bedeutender Wissenschaftsorganisator war, hat wesentlich mit dafür gesorgt, dass Göttingen zu einem Zentrum der Mathematik aufstieg.
Die Anfänge
Als Klein 1869 an der Berliner Humboldt-Universität studierte, hörte er bei Leopold Kronecker, Ernst Eduard Kummer und Karl Weierstraß. Er lernte dort auch Sophus Lie kennen. 1871 habilitierte er sich bei Clebsch in Göttingen und blieb 1871/72 als Privatdozent dort. Allerdings hatte Klein als Professor für Geometrie seine fruchtbarsten wissenschaftlichen Schaffensjahre in Leipzig.
Mehr zu Felix Kleins Leben können Sie hier nachlesen.
Wissenschaftliche Leistungen
Bereits im Alter von 23 Jahren gehörte er zu den bedeutendsten Vertretern der Geometrie des 19. Jahrhunderts. Seine wissenschaftliche Programmschrift wurde bekannt als sogenanntes Erlanger Programm. Er gelangte zu bedeutenden Erkenntnissen in der Uniformisierungstheorie (in einem freundschaftlichen Wettstreit mit Henri Poincaré). Klein war auch sehr stark an den Anwendungen der Mathematik interessiert, die in seiner Enzyklopädie breiten Raum einnahm. Selbst als fast Siebzigjähriger arbeitete er sich noch in die Allgemeine Relativitätstheorie von Albert Einstein ein. Besonders faszinierte ihn die Entdeckung seines Göttinger Kollegen Hermann Minkowski, dass hinter der speziellen Relativitätstheorie nichteuklidische Geometrie steckte, eines von Kleins Lieblingsthemen.
Anwendung und Lehre
Felix Klein engagierte sich auch für die Mathematikdidaktik. Er übernahm den Vorsitz des Ausschusses für die Lehrerbildung der im Jahre 1908 gegründeten DAMNU - Deutscher Ausschuß für mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht. Im selben Jahr wurde auf internationaler Ebene die Internationale Mathematische Unterrichtskommission (IMUK) gegründet, deren Vorsitz ebenfalls Klein übernahm. Althoff beauftragte Klein das Frauenstudium in Göttingen zu fördern. Sofja Kowalewskaja, die in Berlin bei Karl Weierstraß studierte, kam an die Göttinger Universität, da sie in Berlin nicht promovieren konnte.
Kleins Schule
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts zeigt sich ein Gegensatz der Schulen der Berliner Mathematiker (Karl Weierstraß, Leopold Kronecker, Ernst Eduard Kummer) mit ihrer Betonung mathematischer Strenge und der Schule von Felix Klein und seiner Lehrer, Alfred Clebsch und Julius Plücker, die auch auf geometrische und physikalische Untersuchungen abzielte. Das führte auch zu offen ausgetragenen Feindschaften, zum Beispiel zu Ausagen von Weierstraß Klein würde "eher naschen" und sei ein "Blender". Der Gegensatz Berliner und Göttinger Mathematiker als dominierende Schulen in Deutschland hielt bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts an.
Klein als Herausgeber
Klein hat nicht nur zahlreiche Schriften und Lehrbücher verfasst, sondern war auch als Herausgeber aktiv. Er arbeitete viele Jahre eng mit dem Verlag B. G. Teubner in Leipzig zusammen. Auch war er einer der Initiatoren und Herausgeber der Werke von Carl Friedrich Gauß.
Die neuste Biographie des außergewöhnlichen Mathematikers "Felix Klein - Visionen für Mathematik, Anwendungen und Unterricht" von Renate Tobies beim Springer Verlag ist in diesem Jahr 2019 herausgekommen. Hier ein Einblick in das Buch.
Ehre, wem Ehre gebürt
Felix Klein ist Namensgeber für
- den Felix Klein Prize der European Mathematical Society und des Fraunhofer ITWM (Fraunhofer Institute for Industrial Mathematics), Kaiserslautern.
- die Felix Klein Medal (für Lebensleistung in Mathematikpädagogik) der International Commission for Mathematical Instruction.
- das Felix-Klein-Zentrum für Mathematik, eine institutionelle Verbindung des Fraunhofer ITWM und des Fachbereichs für Mathematik der Technischen Universität Kaiserslautern.
- das Felix-Klein-Gymnasium in Göttingen.
Friedrich Otto Rudolf Sturm hat am 12. April seinen 100. Todestag
Friedrich Otto Rudolf Sturm
Quelle: wikimedia
Als Kind einer kaufmännischen Familie studierte Rudolf Sturm bis 1863 Mathematik und Physik an der Universität in Breslau. Auf Anraten seines Professors Heinrich Eduard Schroeter beschäftigte er sich vor allem mit der Synthetischen Geometrie. Er promovierte mit der Arbeit „De superficiebus tertii ordinis disquisitiones geometricae“. Er arbeitete weiter an dem Thema „Flächen“ und erhielt 1864 zusammen mit dem Italiener Luigi Cremona den Steiner-Preis der Berliner Akademie.
Ab 1872 lehrte Sturm als ordentlicher Professor an der Technische Universität Darmstadt Beschreibende Geometrie und Darstellende Statik. Um seinen Studenten ein gutes Lehrbuch zur Verfügung stellen zu können, veröffentlichte er 1874 das Werk „Elemente der darstellenden Geometrie“. 1878 erhielt Sturm eine ordentliche Professur in Münster an der dortigen Universität. 1887 erschienen die Ergebnisse seiner Arbeit: „Synthetische Untersuchungen über Flächen dritter Ordnung“. 1890 gehörte Rudolf Sturm, zusammen mit Ludwig Kiepert, zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Mathematiker Vereinigung. Im Jahre 1892 kehrte er an die Universität seiner Heimatstadt Breslau zurück und übernahm dort als ordentlicher Professor für 18 Jahre die Nachfolge von Heinrich Schroeter. Rudolf Sturm schrieb ausführlich über Geometrie und arbeitete er vor allem auf dem Gebiet der Synthetischen Geometrie. So verfasste er ein dreibändiges Werk mit dem Titel „Gebilde Ersten und Zweiten Grades der Liniengeometrie“ und ein vierbändiges mit dem Titel „Lehre von den Geometrischen Verwandtschaften“. Derart umfangreiche Arbeiten sind einmalig in dieser Disziplin.
Einige online zugängliche Schriften von Felix Klein
Felix Klein, Walther Rosemann: Vorlesungen über Nichteuklidische Geometrie
Felix Klein, Wolfgang Blaschke: Vorlesungen über höhere Geometrie
Felix Klein: Elementarmathematik vom höheren Standpunkte aus, 3 Bde.
Felix Klein: Vorlesungen über die Entwicklung der Mathematik im 19. Jahrhundert
Felix Klein: Vorlesungen über die hypergeometrische Funktion
Felix Klein: Vergleichende Betrachtungen über neuere geometrische Forschungen, Erlanger Programm 1872, Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv, Projekt Gutenberg
Erlanger Programm als htm Datei
Über Riemanns Theorie der algebraischen Functionen - Projekt Gutenberg
Felix Klein: Über Riemann's Theorie der Algebraischen Functionen und ihrer Integrale. Leipzig, 1882 (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv)
Gesammelte mathematischen Abhandlungen und die Vorlesungen über das Ikosaeder - BNF.fr
Inhalt der Gesammelten Abhandlungen: Mathdoc.fr
Verzeichnis mit Vorlesungen von Fritz Klein (darunter die Vorlesung über das Ikosaeder, und die Theorie der elliptischen Modulfunktionen mit Robert Fricke) Cornell University Library
Quellen