Neuauflage des Interviews vom 5.9.2015

Die 17-jährigen zweieiigen Zwillinge Sebastian und Philipp Weyer haben sich beim Speedcubing einen Namen gemacht. Hierbei geht es darum, den Rubik-Zauberwürfel möglichst schnell zu lösen. Dabei sind Lösungzeiten von unter 7 Sekunden üblich. Beide stehen in der Weltrangliste weit vorn. Die Speedcuber sind dabei in mehreren Disziplinen aktiv, den Rubik-Würfel gibt es in der klassischen 3x3x3-Variante, aber auch größere Würfel gibt es und können gelöst werden. Sebastian Weyer, der nur 9 Minuten älter ist als sein Bruder, ist aktueller Weltrekordler beim 4x4x4-Würfel. Beide studieren Elektrotechnik. Wolfram Koepf unterhielt sich mit den beiden in Berlin anlässlich von Fernsehaufnahmen. Update: Philipp Weyer ist seit dem am 06.09.2015 erneut Deutscher Meister im 3x3x3-Speedcubing. Damit hat er seinen Bruder Sebastian abgelöst, der im vergangenen Jahr in dieser Disziplin Deutscher Meister wurde. Sebastian Weyer hat sich den Titel im 4x4x4-Speedcubing wieder geholt.

die beidenSebastian und Philipp Weyer (v. l.)

Foto: Wolfram Koepf

Wolfram Koepf: Ihr macht beide Speedcubing. Ihr habt dasselbe Studienfach ausgewählt, soviel ich weiß. Habt ihr sonst auch lauter gemeinsame Interessen?

Sebastian Weyer: Ja, eigentlich schon.

Wolfram Koepf: Wer ist bei euch der Führende und gibt die Richtung vor, das interessiert mich?

Philipp Weyer: Das ist eigentlich ziemlich ausgeglichen. Es ist oft so, dass einer irgendetwas macht und der andere interessiert sich dann auch dafür.

Wolfram Koepf: Seid ihr auch an derselben Universität gelandet?

Sebastian Weyer: Ich studiere in Krefeld und mein Bruder in Duisburg.

Wolfram Koepf: In der Schule wart ihr wahrscheinlich zusammen. Das gleiche Studienfach an verschiedenen Unis ist eine gute Idee. Ihr kommt aus welcher Stadt?

Sebastian Weyer: Willich, das ist in der Nähe von Düsseldorf.

Wolfram Koepf: Und du bist also jetzt in Krefeld, das ist auch nicht so weit entfernt, und dein Bruder?

Philipp Weyer: Ich studiere in Duisburg, das ist circa eine Stunde Zugfahrt.

Wolfram Koepf: Wohnt ihr noch zu Hause?

Philipp Weyer: Ja.

Wolfram Koepf: Wie habt ihr das überhaupt geschafft, euer Studium so schnell zu beginnen? Ihr seid siebzehn Jahre alt, normalerweise studiert man indiesem Alter noch nicht.

Philipp Weyer: Wir haben die erste und die vierte Klasse in der Grundschule übersprungen und hatten dann G-8 mit zwölfjähriger Schulzeit, und waren deswegen mit 16 schon mit der Schule fertig.

Wolfram Koepf: Aber ihr habt auch noch ein Hobby nebenbei, das Zeit kostet, Speedcubing, da seid ihr auch sehr gut in der Weltrangliste. Jedenfalls seid ihr so gut, dass ihr den normalen 3x3x3-Würfel in sechs bis acht Sekunden lösen könnt. Wer von euch ist der 4x4x4-Weltrekordhalter?

Sebastian Weyer: Weltrekordhalter bin ich.

Wolfram Koepf: Wie hat das geklappt, wie kriegt man einen Weltrekord?

Philipp Weyer: Ganz viel Übung auf jeden Fall, vielleicht auch ein bisschen Glück dabei, man muss selber gut in Form sein an diesem Tag.

Wolfram Koepf: Ist die Anfangskonfiguration auch entscheidend? Kann es sein, dass die Zeit davon abhängig ist?

Sebastian Weyer: Ja. Je größer der Würfel wird, desto weniger hängt das von der Anfangskonfiguration ab, aber es kann auch davon abhängen, dass man ein paar Züge anders als andere macht und dadurch der Lösungsweg ein bisschen anders wird, so dass man da mal ein paar Schritte überspringen kann und ein bisschen schneller ist.

Wolfram Koepf: Ich hab mir mal angeguckt, wie der übliche Lösungsweg der Speedcuber beim normalen 3x3x3-Würfel verläuft, das ist ja die Fridrich-Methode, die üblicherweise verwendet wird, weil sie besonders schnell ist. Wenn ich das richtig verstehe, gehen die ersten beiden Layer sehr schnell und dann ist entscheidend, welchen Algorithmus man für den dritten Layer verwendet. Habt ihr auch eigene Ideen entwickelt, andere, die sozusagen nicht veröffentlicht sind? Sozusagen eure eigenen Techniken?

Philipp Weyer: Also, die ersten beiden Ebenen sind ziemlich intuitiv. Daher kommt es hier auch darauf an, wie man das im Detail angeht, wie es am besten für einen selbst ist. Man will natürlich wissen, wie die Steine danach liegen werden, manche fahren mit einer Zugfolge besser, die anderen mit eineranderen, und da hat jeder quasi seine eigene Methode. Aber für die letzte Ebene sind die meisten Algorithmen ziemlich üblich.

Wolfram Koepf: O.k., das heißt also, man kann am meisten Zeit schinden, indem man die ersten beiden Ebenen geschickt macht. Kann man auch bereits bei den beiden ersten Ebenen Einfluss nehmen auf das Resultat der dritten Ebene?

Philipp Weyer: Ja, zum Beispiel lernt man die Methode Edge Control. Einer der letzten Schritte in der Anfänger-Methode ist, auf der gegenüberliegenden Seite der Startseite ein Kreuz zu machen. Hierbei gibt es halt einen ungünstigen Fall für die letzte Ebene, bei welchem keine Kante orientiert ist, wo kein Gelb nach oben zeigt. Das kann man durch Edge Control verhindern, dann braucht man weniger Züge, um die letzte Ebene zu lösen.

Wolfram Koepf: Wieviel übt ihr? Da ihr sehr sehr gut seid, müsst ihr wahrscheinlich eine ganze Menge eurer Zeit in das Speedcubing setzen, und ihrmacht ja nicht nur den 3x3x3-Cube, sondern viele andere ähnliche Rätsel.

Philipp Weyer: Das Ding am Cube ist, man kann es nebenbei machen. Also egal, was man macht, man kann sich einen Würfel schnappen und ihn nebenbei lösen, ob man jetzt lernt oder ob man jetzt Video guckt. Man kann es halt permanent nebenbei machen.

Wolfram Koepf: Aber vor den Wettbewerben übt ihr schon konsequent?

Sebastian Weyer: Ja, wir versuchen halt vor so großen Wettbewerben noch ein bisschen nachzulegen im Training.

Wolfram Koepf: Und wie oft seid ihr dann wirklich international auf solchen Wettbewerben unterwegs? Das sind ja immer längere Reisen.

Philipp Weyer: International eher seltener, aber wir sind in Deutschland bei fast jedem Wettbewerb, da kommen so sechs bis sieben im Jahr zusammen.

Wolfram Koepf: Und wer zahlt die Reisekosten?

Sebastian Weyer: Wir.

Wolfram Koepf: Es ist alles noch Privatsache, es gibt leider keine Preisgelder oder ähnliches?

Philipp Weyer: Preisgelder gibt es schon, vor allen Dingen bei den größeren Wettbewerben gibt es ein höheres Preisgeld. Aber die Reisekosten deckt dies nicht ab.

Wolfram Koepf: Da müssen die Eltern ran, oder verdient ihr nebenher Geld?

Sebastian Weyer: Ich mach ja ein duales Studium, ich habe ja auch eine Ausbildung und verdiene auch Geld. Das ist nicht so das Problem für mich.

Wolfram Koepf: Das heißt also, das Geld muss einfach rangeschafft werden und dann wird es auch genutzt. Habt ihr vor, euch während des Studiums weiterhin mit Speedcubing zu beschäftigen oder ist es so, dass das Studium jetzt doch anstrengender ist als die Schule?

Philipp Weyer: Es ist wie gesagt einfach ein Hobby, welches man nebenbei macht, wenn ich also jetzt für irgendeine Klausur lerne, hab ich meine ganzen Dokumente und immer einen Würfel in der Hand und drehe daran rum und löse halt die ganze Zeit.

Wolfram Koepf: Ihr macht mehrere verschiedene Disziplinen, macht man dabei alles mit der gleichen Begeisterung oder ist etwas dabei, was einen besonders reizt?

Philipp Weyer: Meine Lieblingsdisziplin ist der ganz normale 3x3x3, und da bin ich auch am besten drin, das macht mir am meisten Spaß. Ich bin aber für deutsche Verhältnisse auch recht gut beim einhändigen Lösen. Aber das verfolge ich nicht so wirklich.

Wolfram Koepf: Ist es einfacher, sich in einer Disziplin – bei dir also z.B. beim 3x3x3-Cube – zu verbessern und da schneller zu werden oder ist es einfacher, sich eine neue Disziplin anzueignen? Ich denke, dies erfordert ja auch eine ganz andere Art von Herausforderung.

Sebastian Weyer: Der Vorteil ist natürlich, wenn man die größeren Würfel löst, dann ist hierbei der ganz normale 3x3x3-Würfel auch immer mit dabei, man übt ihn insoweit also mit. Man löst den größeren Würfel ja soweit, dass man den ganz normalen 3x3x3 mit lösen kann. Dabei trainiert man halt auch, sich die Steine anzugucken, während man einen Schritt macht, und dass man sich den nächsten Schritt anschaut, während man den einen Schritt ausführt. Dies nennt man „look ahead“. Das trainiert man eigentlich halt auch, würde ich sagen, besser bei größeren Würfeln, weil halt mehr Steine da sind. Wenn man sich nun einen Stein heraus sucht aus der größeren Steinmasse, dann kriegt man das bei weniger Steinen auch besser hin.

Wolfram Koepf: Ja, da habt ihr noch einiges vor, nehme ich an. Wenn ich verstehe, dass ihr während des Studiums locker noch üben könnt, dann werdet ihr sicherlich dem Speedcubing noch eine Weile erhalten bleiben. Ich bedanke mich für das Interview und wünsche euch noch alles Gute beim Studium!