von Konrad Krug und Thomas Vogt

Das Jahr 2019 neigt sich dem Ende zu – für das Medienbüro der Deutschen Mathematiker-Vereinigung, wie auch für die Mathematik insgesamt ein ereignisreiches Jahr. Zahlreiche Preise, aufsehenerregende Resultate und eine Zahl, die plötzlich in aller Munde war: es ist viel passiert in der Welt der Mathematik, vieles, was die Mathematik bewegt, vieles, über das wir uns freuen durften zu berichten, und manchmal auch weniger erfreuliches. Das Medienbüro der DMV war dabei stets nah dran am Geschehen, informierte, berichtete und ordnete ein, organisierte Veranstaltungen und Jurysitzungen, bezog Stellung und gab Empfehlungen. In den letzten Tagen des Jahres wollen wir uns Zeit nehmen, die wichtigsten Nachrichten des Jahres zu rekapitulieren und in einem Jahresrückblick festzuhalten:

Seit Januar ist Friedrich Götze, Professor für Mathematik an der Universität Bielefeld, der neue Präsident der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. Er war in den Jahren 2017 und 2018 Vizepräsident der DMV. Neuer Vizepräsident seit Januar 2019 ist Klaus Hulek, Professor für Mathematik an der Leibniz Universität Hannover. (mehr)

götze2Neuer DMV-Präsident Friedrich Götze 

Foto: Universität Bielefeld

Der renommierteste Preis für ein mathematisches Lebenswerk und nach der Fieldsmedaille angesehendste Preis für Mathematik überhaupt ging im März erstmals an eine Frau. Die Amerikanerin Karen Uhlenbeck ist die Abelpreisträgerin 2019. Ausgezeichnet wurde sie „für ihre Pionierleistungen bei geometrischen partiellen Differentialgleichungen, Eichtheorie und integrablen Systemen sowie für die grundlegenden Auswirkungen ihrer Arbeit auf Analysis, Geometrie und mathematische Physik.“ (mehr)

Karen Uhlenbeck 31Karen Uhlenbeck

Foto: Andrea Kane/Institute for Advanced Study

Dem russischen Mathematiker Yaroslav Shitov gelang Anfang des Jahres, die Vermutung von Hedetniemi aus dem Jahr 1966 mit einem Gegenbeispiel zu widerlegen. Es geht dabei um die Frage, ob die chromatische Zahl des Tensorproduktes zweier Graphen kleiner ist als die chromatischen Zahlen des einzelnen Faktorgraphen. Das Ergebnis gilt in Fachkreisen als Sensation. (mehr)

Im April vergaben die großen deutschen mathematisch-naturwissenschaftlichen Fachgesellschaften DMV, DPG, GDCh, und VBio die Ars-Legendi-Fakultätenpreise für Exzellente Hochschullehre in Mathematik und Naturwissenschaften. Die Preisverleihung, organisiert vom DMV-Medienbüro, fand im Einsteinsaal der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften statt, der anschließende Empfang war dank des milden Wetters im Wintergarten und auf der Dachterasse der Akademie. Preisträger in Mathematik war Robert Rockenfeller von der Universität Koblenz-Landau. (mehr)

alfpallPreisträger*innen und Laudator*innen, Rockenfeller ist der Dritte von Links.

Foto: Kay Herschelmann

Die Noetherkonferenz im Juni stand ganz im Zeichen der großen Mathematikerin Emmy Noether, deren Habilitation sich 2019 zum 100. Mal jährte. Noethers Werk lässt sich der Algebra zuordnen und ist wegweisend für die Entwicklung der modernen Mathematik. Ausgerichtet wurde die interdisziplinäre Fachkonferenz von der Zentralen Frauenbeauftragten der Freien Universität Berlin, Dr. Mechthild Koreuber, dem Berliner Exzellenzcluster MATH+ und dem Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte. (mehr)

Die Max Planck Digital Library („MPDL“-) Services haben im August im Auftrag des Projekts „DEAL“ und Springer Nature ein Memorandum of Understanding unterzeichnet, das Ausgangspunkt für eine umfassende Open Access-Vereinbarung weltweit sein könnte. Im Rahmen des Vertrages werden pro Jahr voraussichtlich mehr als 13.000 Artikel deutscher Wissenschaftler*innen weltweit frei verfügbar sein. (mehr)

81 Tage war der Mathematiker Tuna Altinel in der Türkei inhaftiert. Altinel gehört zu den 2200 Wissenschaftler*innen und Intellektuellen, die 2016 die Petition „Wir, die Akademiker/innen und Wissenschaftler/innen dieses Landes, werden nicht Teil dieses Verbrechens sein!“ (https://bit.ly/2VPJC6c) unterzeichnet haben. Die Petition richtet sich gegen die militärische Gewalt des türkischen Staates gegenüber der Zivilbevölkerung in den überwiegend kurdischen Gebieten der Südost-Türkei. Die Deutsche Mathematiker-Vereinigung machte sich in einem Aufruf im Mai für die Freilassung Altinels stark. Seine Inhaftierung endete im August, die Türkei konnte er aber noch nicht verlassen. (mehr)

liberte enFreiheit für Tuna Altinel!

Foto: http://math.univ-lyon1.fr/SoutienTunaAltinel/?lang=en

Was als Randnotitz begann, entwickelte sich rasch zum meistzitierten und meistaufgerufenen Blogeintrag auf mathematik.de: Im September fand der Brite Andrew Booker eine Darstellung der Zahl 42 als Summe von drei Kubikzahlen. Die auf mathematik.de veröffentlichte Chronik dieser Entdeckung fand in zitierter Form Einzug in diverse deutsche Leitmedien, darunter in die Onlineausgaben von Spiegel, Bild und Welt. (mehr)

Im September fand im Karlsruher Institut für Technologie die DMV-Jahrestagung statt. Im Rahmen der Konferenz wurde Hélène Esnault mit der Cantormedaille ausgezeichnet. In Ihrer Forschung beschäftigt sie sich mit arithmetischer algebraischer Geometrie. Ebenfalls im Rahmen der Jahrestagung fand am 25. September die DMV-Studierendenkonferenz statt. Zahlreiche Studierende nutzten die Möglichkeit, ihre Abschlussarbeiten in einem feierlichen Rahmen vorzustellen. (mehr)

helenetextCantormedaillistin Hélène Esnault

Foto: Freie Universität

Ein Höhepunkt im drittem Quartal des Jahres war die Vergabe des DMV-Medien- und Journalisten-Preises 2019 am 1. November in einem historischen Hörsaal der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Berlin. Mit Michael Korey (Medienpreis) und Norbert Lossau (Journalistenpreis) wurden hier zwei herausragende Kommunikatoren aus dem Bereich der mathematischen Öffentlichkeitsarbeit bzw. des Wissenschaftsjournalismus geehrt. (mehr)

KayH20191101 04A0234V.l.n.r.: Friedrich Götze, Christoph Seils, Michael Korey, Günter M. Ziegler, Sebastian Stiller

Foto: Kay Herschelmann

Ebenfalls im November erklärte die UNESCO den 14. März ab 2020 zum Internationalen Tag der Mathematik. Zuvor war der als π-Tag gefeierte Tag, angelehnt an das Datum 3/14 in amerikanischer Notation, eine Art inoffizieller Feiertag der Mathematik. Die Auftaktveranstaltungen des ersten internationalen Tages der Mathematik werden am 13. März 2020 in Paris und Nairobi stattfinden. Menschen auf der ganzen Welt sind eingeladen, den neuen Feiertag der Mathematik festlich zu begehen. Auch das DMV-Medienbüro wird sich mit einer Aktion an den Feierlichkeiten beteiligen. (mehr)

IDM2020Logo des Internationalen Tags der Mathematik

Foto: IDM

In der Gesellschaft wurde im Jahr 2019 der Klimawandel und der Umgang damit vielfach diskutiert. Diese Debatte ging auch an der Wissenschaft nicht spurlos vorbei, zumal sich die „Friday for Future“-Aktivisten dezidiert auf Forschungsergebnisse aus der Wissenschaft berufen.
Im März gründete sich die Scientists for Future-Initiative, deren erste Stellungnahme vom 12. März 2019 zu den Protesten für mehr Klimaschutz von mehr als 26.800 Wissenschaftler*innen unterzeichnet wurde. Auch die Akademien der Wissenschaften der G8+5-Staaten drängten 2019 auf eine Halbierung der weltweiten CO2-Emissionen, darunter Deutschlands Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina.
https://www.leopoldina.org/presse-1/pressemitteilungen/pressemitteilung/press/613/

KW Niederaußem, Wikipedia, eigenes Werk von StodtmeisterFoto: KW Niederaußem, Wikipedia, eigenes Werk von Stodtmeister

DMV-Präsident Götze kommentierte: "Der mittlerweile überwältigend klare Datenbestand der naturwissenschaftlichen Forschung zur weltweiten Veränderung der klimatischen Randbedingungen weist eindeutig auf vom Menschen gemachte Einflüsse hin. Die DMV befürwortet nachdrücklich, dass diese Fakten zur Grundlage nachhaltiger Handlungsstrategien auf der Basis einer intensivierten Forschung gemacht werden."

Mit diesem Ziel hat sich die DMV auch mit anderen Fachgesellschaften verbündet, darunter der Dachverband Geowissenschaften, die Deutsche Physikalische Gesellschaft, die Gesellschaft Deutscher Chemiker und der Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland. Für das Jahr 2020 sind gemeinsame Aktivitäten zu den Themen Klimawandel und Energiewende geplant.

Last but not least noch folgender Ausblick: Das Zentralblatt für Mathematik (zbMATH), der weltweit renommierte und bislang entgeltpflichtige Informationsservice für die Mathematik, wird bald in eine Open-Access-Plattform umgewandelt. Deren Finanzierung hat die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) kürzlich auf Basis einer Evaluation durch die Leibniz-Gemeinschaft beschlossen. So entsteht ein bislang einmaliges Forschungswerkzeug, das ab 2021 für die mathematische Community weltweit frei zugänglich sein wird.

Klaus Hulek, DMV-Vizepräsident und Chefredakteur von zbMATH, ist begeistert von den neuen Möglichkeiten: „Mit zbMATH Open wird ein bislang einmaliges Forschungswerkzeug für die mathematische Community und darüber hinaus entstehen. Die Wissenschaft erhält mit ihr innovative Unterstützung bei der Suche und Analyse sowie für die Einordnung mathematischer Informationen.” www.fiz-karlsruhe.de

zbMATH2xLogo von zbMATH

Bildquelle: https://zbmath.org/

zbMATH wird vom FIZ Karlsruhe produziert und gemeinsam von FIZ Karlsruhe, Heidelberg Academy of Science and Humanities und EMS herausgegeben. Die DMV ist eine der Gesellschafterinnen der FIZ Karlsruhe GmbH und Mitglied der EMS. Zusammengefasst und bewertet durch ein internationales Netzwerk von mehr als 7.000 Wissenschaftler*innen, wird die wissenschaftliche Qualität der Artikel öffentlich transparent. Dieser Qualitätssicherungsprozess findet in der Community hohe Anerkennung.

Nun wünscht das Medienbüro der Deutschen Mathematiker-Vereinigung  allen Leser*innen besinnliche Feiertage und  und ein erfolgreiches und gesundes Jahr 2020!

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