2021Homeschooling01Durchhalten ist angesagt. Ein Jahr nach Beginn des ersten Lockdowns befinden wir uns im Home-Schooling, Wechsel- oder Distanzunterricht. Die Belastungen sind nach wie vor für alle hoch. Das Fazit zweiter neuer Umfragen des ifo-Instituts und der OECD, die in Online-Pressekonferenzen im April 2021 vorgestellt wurden, lautet: Die Auswirkungen der Pandemie auf Psyche und Arbeitsalltag sind enorm. Für die Kinder und Jugendlichen ist ein stabiles Beziehungsnetz wichtig. Nichts kann einen Unterricht und die Schule als Lernort ersetzen. Laut ifo-Umfrage Bildung erneut im Lockdown: Wie verbrachten Schulkinder die Schulschließungen Anfang 2021? (April 2021) haben die Schulkinder im Durchschnitt 4,3 Stunden pro Tag mit schulischen Tätigkeiten verbracht. Das ist ca. eine Dreiviertelstunde mehr, als während der ersten Schulschließungen im Frühjahr 2020.

Fast jedes vierte Kind (23%) hat sich nicht länger als zwei Stunden am Tag mit Schule beschäftigt.
Weiterhin haben die Schulkinder täglich mehr Zeit mit Fernsehen, Computerspielen und Smartphone (4,6 Stunden) verbracht, als mit dem Lernen für die Schule. Ein Viertel (26%) der Schüler*innen hatte täglich gemeinsamen Unterricht für die ganze Klasse (z.B. per Videokonferenz), aber 39% hatten dies nur maximal einmal pro Woche. 21% der Schüler*innen haben seit den ersten Schließungen an Maßnahmen wie Förder- oder Nachhilfeunterricht oder Ferienkursen teilgenommen, um entgangenen Schulstoff nachzuholen. Die Mehrzahl der Eltern (56%) denken, dass ihr Kind zu Hause weniger lernt, als im regulären Unterricht in der Schule, 22% der Eltern denken das Gegenteil.

Verlässlichkeit und Planbarkeit
Die Umfrageergebnisse der OECD  zur Lage der Schulen nach einem Jahr Pandemie (2021) zeigen, dass Verlässlichkeit und Planbarkeit für Schulen, Lehrkräfte und Schüler*innen sehr wichtig ist. Viele Kinder haben ein wenig unterstützendes Umfeld zu Hause. Die Verfügbarkeit von Internetzugang und Endgeräten sagt zudem nichts über deren tatsächliche Nutzung und den damit verbundenen Lernerfolg aus. Ein wenig unterstützendes Umfeld wirkt sich ungünstig auf das Schuljahr unter Pandemiebedingungen aus. Gerade Schüler*innen, die Mühe haben sich zu konzentrieren, denen das Lernen schwer fällt und die wenig Unterstützung seitens der Eltern haben, kommen beim Distanzunterricht zu kurz. Dadurch drohen sich Bildungsungleichheiten zu vertiefen. In den meisten Ländern haben zuerst wieder die Grund- und Vorschulen geöffnet. Gerade für jüngere Kinder kann das digitale Angebot der Schulen den Präsenzunterricht nicht ersetzen. Nach OECD-Erkenntnissen hat sich das reine Wiederholen von Schuljahren nicht bewährt, um Lernrückstände zu überwinden. 

Digitale Technologien
Laut OECD-Studie haben digitale Technologien an Bedeutung gewonnen und werden auch nach der Pandemie relevant bleiben. Deutschland wurde hier „kalt erwischt", weil das Land fast zehn Jahre später als die OECD-Vorreiter damit begonnen hat, in digitale Technologien an Schulen und in die Kompetenzen der Lehrkräfte zu investieren."  Es gibt einen Schub der Digitalisierung in allen OECD-Ländern. Digitale Werkzeuge können den Präsenzunterricht sinnvoll ergänzen, jedoch keinesfalls ersetzen.

Ideen zur Verbesserung
Auf die Frage, wie Schulen, Lehrkräften und Kindern geholfen werden kann, erwähnte Herr Prof. Dr. Wößmann (Leiter des ifo-Zentrums für Bildungsökonomik) in der an die Pressekonferenz anschließende Online-Diskussion folgende Ideen: „Die Kultusminister der Länder könnten mehr tun." Hilfreich wäre hier, so Wößmann, zum Beispiel den Schulen beispielsweise eine Übersicht geeigneter Softwareprodukte an die Hand zu geben, die datenschutzkonform sind und mit denen man Schulplattformen gestalten kann. Schulen seien mit der Suche nach geeigneten Möglichkeiten oft überfordert.
Man könnte hier auf europäische datenschutzkonforme Produkte setzen um der weiteren Kommerzialisierung des Bildungsbereiche entgegenzuwirken. Viele kommerzielle Anbieter sind dabei, den Bildungssektor als Geschäftsfeld zu entdecken: Datenschutzbehörden raten den Schulen z.B. dringend, Pseudonyme für Schüler*innennamen zu verwenden.
Zum Thema des professionellen digitalen Unterrichts, sagte Wößmann, eine weitere Idee sei, dass die Ministerien fordern, dass in jedem Fach digitales Lernen verpflichtend stattfinden muss. Das ist bisher nicht der Fall. Auch sei ein besserer digitaler Unterricht durch ein höheres Angebot an Fortbildungen zu gewährleisten. Eine weitere Überlegung sei von den Lehrkräften verpflichtend die Teilnahme einzufordern. Lehrkräfte in Deutschland nehmen im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich oft an entsprechenden Forbildungen teil. Dies wurde für das Fach Mathematik und Naturwissenschaften an Grundschulen auch in der Timms-Studie (Dez. 2020) festgestellt, siehe Blogbeitrag: „Internationale TIMSS-Studie veröffentlicht. Das deutsche Mathemaikniveau liegt an den Grundschulen im Mittelfeld."

Zum Schluss
In der Ifo-Umfrage berichtete knapp ein Drittel (31%) der Eltern, dass ihr Kind während der Corona-Pandemie z.B. wegen Bewegungsmangel an Körpergewicht zugenommen hat. Für 76% der Kinder war es eine große Belastung, nicht wie gewohnt Freunde treffen zu können. Aber es gibt auch positive Aspekte: Die Mehrheit der Eltern gibt an, dass ihr Kind durch die Schulschließungen gelernt hat, sich eigenständig Unterrichtsstoff zu erarbeiten (56%) und mit digitalen Technologien besser umzugehen (66%).

Zum Weiterlesen:
OECD-Umfrage zur Lage der Schulen in der Pandemie (2021):
The state of school education – one year into the COVID pandemic
Studie des ifo-Instituts (2021):
Bildung erneut im Lockdown: Wie verbrachten Schulkinder die Schulschließungen Anfang 2021?
Studie aus den Niederlanden zu den Auswirkungen von Homeschooling auf den Lernerfolg (2021):
Learning loss due to school closures during the COVID-19 pandemic. 
Studie der Bertelsmann Stiftung (2021):
Das Leben von jungen Menschen in der Corona-Pandemie.

Foto: Bildagentur 123RF

bkl

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