Die deutsche Mathematikerin Emmy Noether (23. März 1882 - 14. April 1935), auch als „die Mutter der modernen Algebra" bekannt, gilt bis heute als die bedeutendste Vertreterin ihres Faches. Noch heute erinnern Begriffe wie noethersche Ringe aus der Algebra oder das Noether-Theorem aus der klassischen Mechanik an ihr Wirken. Trotz aller Widrigkeiten, denen Frauen im wissenschaftlichen Betrieb um die Jahrhundertwende begegneten, gelang es ihr in der Mathematik einen Ruf als herausragende Forscherin zu erlangen. Am 14. April 2015 jährte sich ihr Todestag zum 80. Mal. 

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Emmy Noether, Marie-Louise Dubreil-Jacotin und Paul Dubreil (v.l.n.r.); Quelle: Konrad Jacobs, Erlangen / Oberwolfach Photo Collection

Als Schülerin an der Höheren Töchter Schule in Erlangen zeigte Emmy Noether noch wenig Ambitionen im mathematischen Bereich, obwohl ihr Elternhaus durchaus mathematisch geprägt war. Sie war die einzige Tochter und das erste von vier Kindern des Erlanger Mathematikprofessors Max Noether sowie der aus einer wohlhabenden Kölner Familie stammenden Ida Kaufmann. Auch Emmys Bruder Fritz Noether sollte später Karriere als Mathematiker machen. Emmy Noether spielte zunächst mit dem Gedanken, Lehrerin für Englisch und Französisch zu werden. Im Jahr 1900 legte sie eine staatliche Sprachprüfung ab und konnte von nun an als Sprachlehrerin für Frauen arbeiten. Jedoch fand sie aufgrund ihrer jüdischen Herkunft in diesem Bereich keine Anstellung, da die Schulen entweder katholisch oder evangelisch waren. Im selben Jahr beschloss sie ein Studium der Mathematik zu beginnen, was für Frauen zur damaligen Zeit sehr ungewöhnlich und nicht überall möglich war.

Der Weg in die Mathematik
Noch im Jahr 1900 waren Frauen vom Studium an bayrischen Universitäten ausgeschlossen. Als 1903 schließlich auch Frauen zugelassen wurden, hatte Emmy Noether bereits zwei Jahre als eine von zwei Gasthörerinnen an der Universität Erlangen Vorlesungen gehört. Dies setzte für jede Vorlesung die Erlaubnis des entsprechenden Dozenten voraus. 1903 entschied sie sich nach Göttingen zu gehen, das zur damaligen Zeit als das Mekka der deutschen Mathematik galt. An der dortigen Universität unterrichteten damals Größen wie Hilbert, Klein und Minkowski. In Göttingen erhielt Emmy Noether wieder nur den Gasthörerstatus. Sie kehrte schließlich nach Erlangen zurück und promovierte dort 1907, betreut von Paul Gordan. Anschließend arbeitete sie ohne feste Anstellung acht Jahre lang unentgeltlich am mathematischen Institut in Erlangen um ihren kranken Vater und die beiden Nachfolger Gordans, Erhard Schmidt und Ernst Fischer, bei der Lehrtätigkeit zu unterstützen.

Der Weg zum Ruhm
Wie ihre männlichen Kollegen nun zu habilitieren und am universitären Lehrbetrieb teilzunehmen, blieb ihr verwehrt. Ihre wissenschaftlichen Publikationen in den Jahren nach ihrer Promotion machten sie aber bald in der wissenschaftlichen Welt bekannt. Im Jahr 1909 wurde sie Mitglied der Deutschen Mathematiker-Vereinigung und hielt im selben Jahr als erste Frau einen Vortrag auf der Jahrestagung der DMV. Hilbert und Klein holten sie 1915 nach Göttingen zurück. Auch dort blieb sie, trotz Interventionen seitens Hilbert, Klein, und Einstein, von einer Habilitation ausgeschlossen. Als Assistentin Hilberts war es ihr jedoch möglich, unter seinem Namen Vorlesungen abzuhalten. Erst 1919 ermöglichten Änderungen des Hochschulgesetzes die Habilitation Emmy Noethers. 1922 erhielt sie eine außerordentliche Professur in Göttingen, ab 1923 erhielt sie erstmalig eine, wenn auch im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen geringe, Vergütung für ihre Lehrtätigkeiten.

Der Weg in die Emigration
Ihre wissenschaftlichen Arbeiten erregten indes in der internationalen Fachwelt großes Aufsehen. Im Jahr 1928 nahm sie erstmals am Internationalen Mathematiker Kongresses in Bologna teil; vier Jahre später hielt sie in diesem Rahmen als erste Frau einen Hauptvortrag. 1932 bekam sie für ihre Beiträge zur Mathematik, zusammen mit Emil Artin, den Alfred Ackermann-Teubner-Gedächtnispreis. Ungeachtet Noethers wissenschaftlicher Reputation veranlassten die Nationalsozialisten 1933 ihre Entlassung aus dem universitären Betrieb, unter dem Vorwand, Noether würde „jüdisch-marxistische Mathematik" verbreiten. Noether emigrierte in die USA, wo sie auf einem College für junge Frauen in Bryn Mawr in Pennsylvania unterrichtete. Darüber hinaus übernahm sie einen Lehrauftrag in Princeton, wo zu dieser Zeit auch Einstein und Weyl unterrichteten. Ihrem mathematischen Wirken wurde ein jähes Ende gesetzt, als sie 1935, nur zwei Jahre nach ihrer Immigration in die USA, unerwartet an den Komplikationen einer operativen Tumorentfernung starb.

Trotz ihres frühen Todes hinterlässt Emmy Noether ein mathematisches Werk mit wegweisenden Beiträgen im Bereich der theoretischen Physik sowie der abstrakten Algebra. In der theoretischen Physik beschäftigten sich Ihre Forschungen unter anderem mit dem Zusammenhang zwischen Symmetrien in Naturgesetzen und Erhaltungsgrößen. Diese kulminierten schließlich in dem nach ihr benannten Noether-Theorem. In der Algebra lieferte sie wesentliche Beiträge zur Ringtheorie. Dabei beschäftigte sie sich vor allem mit der Struktur kommutativer Ringe, in welchen es keine unendlich lange aufsteigende Kette von Idealen gibt. Diese Ringe werden heute noethersche Ringe genannt.

Neben ihren herausragenden wissenschaftlichen Leistungen war Emmy Noether nicht zuletzt eine leidenschaftliche Lehrerin, welche durch ihre fordernde und zugleich einfühlsame Art viele ihrer Schülerinnen und Schüler zu mathematischen Höchstleistungen anspornte. Im Gedenken an Emmy Noether schrieb Weyl 1935:

"Her significance for algebra cannot be read entirely from her own papers, she had great stimulating power and many of her suggestions took shape only in the works of her pupils and co-workers." (Scripta mathematica 3)

"Ihre Bedeutung für die Algebra kann nicht vollständig aus ihren eigenen Veröffentlichungen herausgelesen werden, sie hatte eine große stimulierende Kraft und viele ihrer Vorschläge nahmen nur in den Arbeiten ihrer Schüler und Mitarbeiter Form an."

Autoren: Lara Gayer und Thomas Vogt
Quelle: University of St Andrews, Schottland