Am 19. Mai 2014 appellierten in Berlin die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und der Wissenschaftsrat (WR) an die Politik, die Zukunft des Wissenschaftssystems nicht aufs Spiel zu setzen.

Die Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Professor Dr. Peter Strohschneider, und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Professor Dr. Horst Hippler, sowie der Vorsitzende des Wissenschaftsrates (WR), Professor Dr. Wolfgang Marquardt, haben die politisch Verantwortlichen in Bund, Ländern und Parteien mit Nachdruck aufgefordert, ihre gegenseitige Blockade auf dem Feld der Bildungs- und Wissenschaftspolitik zu überwinden und die drängenden Zukunftsfragen des Hochschul- und Wissenschaftssystems rasch zu lösen. Bei einem gemeinsamen Auftritt in der Bundespressekonferenz in Berlin – erst dem zweiten dieser Art überhaupt und zum ersten Mal seit den Auseinandersetzungen um die Föderalismusreform 2005 – legten die drei Spitzenvertreter des Hochschul- und Wissenschaftssystems am Montag, dem 19. Mai 2014, die folgende Erklärung vor:

Hochschulen, Wissenschaft und Forschung tragen maßgeblich zum materiellen und ideellen Wohlstand und zur Zukunft unserer Gesellschaft bei. Die Politik hat der Bedeutung dieses wichtigen Bereichs über gut ein Jahrzehnt konsequent Rechnung getragen und ihn gezielt gefördert. Durch große zusätzliche Investitionen, vor allem vonseiten des Bundes, und durch gemeinsam mit der Wissenschaft angestoßene Reformprozesse und Sonderprogramme hat sich die Leistungsfähigkeit des deutschen Hochschul- und Wissenschaftssystems deutlich erhöht. Auch im weltweiten Wettbewerb ist der Hochschul- und Wissenschaftsstandort Deutschland dadurch sehr viel attraktiver geworden.

Jetzt muss die Politik dafür Sorge tragen, diese Erfolge nicht zu verspielen. Die Errungenschaften für Forschung, Lehre, Transfer und infrastrukturelle Ausstattung müssen nachhaltig gesichert werden. Stattdessen sehen die Studierenden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und die Wissenschaftseinrichtungen in Deutschland mit großer Sorge, mit zunehmendem Unverständnis und wachsendem Unmut, dass die entscheidenden Fragen zur zukünftigen Ausgestaltung und Finanzierung des Hochschul- und Wissenschaftssystems zwischen Bund, Ländern und Parteien immer noch umstritten und ungelöst sind und zugunsten anderer Politikfelder in den Hintergrund zu treten drohen. Dies ist umso unverständlicher, als über die Dringlichkeit der Fragen und über die grundsätzlichen Ansätze zu ihrer Lösung auch in der Politik ein breiter Konsens herrscht. Zumal im Koalitionsvertrag der Großen Koalition sind für eine weitere Prioritätensetzung des Bundes bei Bildung, Wissenschaft und Forschung und für die künftige Zusammenarbeit mit den Ländern die Leitlinien richtig und einvernehmlich formuliert. Auf ihre Umsetzung aber warten wir bislang vergeblich.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und die Wissenschaftseinrichtungen fordern deshalb die politisch Verantwortlichen in Bund, Ländern und Parteien mit Nachdruck auf, ihre lähmende Blockade nunmehr zu überwinden und endlich zu handeln. Was vor allem zu tun ist, liegt klar auf der Hand:

- Die finanzielle Ausstattung der Hochschulen und insbesondere ihre Grundfinanzierung müssen nachhaltig verbessert werden. Hochschulen und Forschungseinrichtungen müssen einen substanziellen Anteil an den im Koalitionsvertrag für die Länder vorgesehenen Bundes-Milliarden für Bildung und Betreuung erhalten; diese ohne Zweckbindung den Ländern zu überlassen, würde dort falschen Prioritätensetzungen außerhalb des Bildungs- und Wissenschaftssektors Vorschub leisten. Ebenso wenig dürfen Bildung und Forschung bei der Verteilung der Mittel gegeneinander ausgespielt werden.

- Die in den nächsten Jahren auslaufenden drei großen Pakte – die Exzellenzinitiative, der Pakt für Forschung und Innovation und der Hochschulpakt – müssen weiterentwickelt und fortgeführt werden.

- Bund und Länder müssen zu einer geregelten Zusammenarbeit in Bildung, Wissenschaft und Forschung kommen. Das im Grundgesetz festgeschriebene Kooperationsverbot muss abgeschafft werden. Gelingt dies nicht, muss auf anderem Wege ein stärkeres Engagement des Bundes ermöglicht werden.

Die hierfür notwendigen Weichenstellungen müssen unverzüglich in den politischen Gesprächen der kommenden Wochen getroffen werden. Andernfalls werden das Wissenschaftssystem und auch die akademische Ausbildung von mehr als 2,5 Millionen Studierenden in Deutschland weiteren und noch größeren Schaden nehmen – und zwar weit über die momentane Legislaturperiode hinaus –, der nicht mehr wettgemacht werden kann. Wer jetzt nicht konstruktiv handelt, wirft das gesamte Hochschul- und Wissenschaftssystem in Deutschland auf lange Sicht und weit zurück – mit allen Folgen für unsere Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.

Medienkontakt:
Marco Finetti, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der DFG, Tel. 0228 885-2230, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Susanne Schilden, Pressesprecherin der HRK, Tel. 0228 887-152, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Dr. Christiane Kling-Mathey, Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des WR, Tel. 0221 3776-243, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Quelle: gemeinsame PM von DFG, HRK und WR vom 19. Mai 2014.

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