Wir gedenken des 75. Todestages von Felix Hausdorff. Der Mathematiker und Literat starb am 26. Januar 1942. Er wurde durch nationalsozialistischen Terror in den Freitod getrieben.

Felix Hausdorff, am 8. November 1868 in Breslau als einziges Kind eines wohlhabenden Textilgroßhändlers geboren und in Leipzig aufgewachsen, war vielseitig begabt. Schon früh interessierte er sich für Naturwissenschaften, Philosophie und Literatur. Noch keine dreißig Jahre alt, startete er seine akademische Karriere 1895 als Privatdozent in Leipzig mit einer Habilitationsschrift aus der Astronomie. Unter dem Pseudonym Paul Mongré veröffentlichte er zeitlebens auch literarische, philosophische und essayistische Werke, darunter das erkenntniskritische Buch „Das Chaos in kosmischer Auslese“ (1898), der Gedichtband „Ekstasen“ (1900) und die auf vielen Bühnen erfolgreich aufgeführte Groteske „Der Arzt seiner Ehre“ (1904).

Presse_Hausdorff1_2017-01-25.jpg

Hausdorff schrieb auch als Paul Mongré, was soviel bedeutet wie "nach meinem Geschmack" nach dem Französischem "à mon gré". (Bildquelle: Hausdorff Center for Mathematics Bonn; Lizenz: gemäß den Bedingungen der Quelle)


Doch war es ein mathematisches Lehrbuch, das ihm am meisten Aufmerksamkeit bescherte: seine 1914 erschienenen „Grundzüge der Mengenlehre“. Dieses Standardwerk gilt als sein Hauptwerk. Seit Georg Cantors Arbeiten in den 1870ern galt die Mengenlehre als brisant, doch es fehlte ein umfassendes und systematisches Lehrbuch. Hausdorff schloss diese Lücke. Mit seinem Namen sind auch die Begriffe wie Hausdorff-Raum, Hausdorff-Maß und Hausdorff-Dimension verbunden. Er hatte das in Bonn begonnene Werk noch nicht beendet, da folgte er schon (1913) dem Ruf auf ein Ordinariat an der Universität Greifswald. Doch sollte Bonn für Haussdorff mehr werden als eine Zwischenstation – leider nicht nur bezogen auf sein Dasein als Akademiker sondern auch als Jude in der NS-Zeit.

Stolpersteins_Felix_Hausdorff_Charlotte_Hausdorff_Edith_Pappenheim_Hausdorffstrae_61_Bonn.jpg
"Stolpersteine" in der Bonner Hausdorffstraße 61. (Autor: Josef 'Jupp' Schugt@Wikicommos; Lizenz: CC BY 4.0)


Hausdorff kehrt 1921 als Direktor des Mathematischen Seminars nach Bonn zurück. Vor seinem Wohnhaus dort, in der damaligen Hindenburgstraße (seit 1949 Hausdorffstraße), erinnern heute drei „Stolpersteine“ an die Hausdorffs als Opfer des nationalsozialistischen Terrors. Wie andere Bonner Juden wurden sie 1941 in das Kloster „Zur Ewigen Anbetung“ in Bonn-Endenich deportiert. Felix Hausdorff ahnt den bevorstehenden Transport in ein Vernichtungslager, wie die Zeile aus seinem erschütternden Brief vom 25. Januar zeigt: „auch Endenich – Ist noch vielleicht das Ende nich!“. Seine Frau, seine Schwägerin und er sehen nur noch den Freitod als Ausweg. Am 26. Januar 1942 nahmen sie je eine Überdosis Veronal. 75 Jahre danach macht ein Gedenken das Ende des genialen Mathematikers nicht weniger bedrückend, doch möge es achtsam machen.

Quellen
“Jüdische Mathematiker in der deutschsprachigen akademischen Kultur“; B. Berhmann und M. Epple (Hrsg.); Springer 2009
„Auf den Spuren von Felix Hausdorff“, René Wiegand, »forsch - Bonner Universitätsnachrichten« 1/2008


Im Video erzählt Thomas Becker, Leiter des Bonner Universitätsmuseums, wie er Felix Hausdorffs verschollenen Abschiedsbrief gerettet hat.