Ulrike Pauli vom Luitpold-Gymnasium München wird Mathemacherin des Monats Januar. Die Gymnasiallehrerin wird für ihren langjährigen Einsatz für den Mathematikwettbewerb Mathe im Advent ausgezeichnet. Mehrere Jahrgänge profitierten bereits von ihrem außerordentlichen Engagement für die Mathematik.

Sowohl Ihre Klassen als auch Ihre Schüler*innen belegen im Wettbewerb regelmäßig Spitzenplätze. Auch in diesem Jahr erreichte ihre Klasse, die 6d des Luitpoldgymnasiums München, den 2. Platz im Klassenwettbewerb; zahlreiche Schüler*innen erlangten die volle Punktzahl.

Besonders erwähnenswert ist jedoch der Umstand, dass Pauli und ihre Schüler*innen selbst aktiv werden im Entwurf von Aufgaben für Mathe im Advent. Sie hat 2018 zwei Aufgabenvorschläge eingereicht; weitere Aufgabeideen stammten von ihren Schüler*innen. Ein Schüler hat bei Mathe im Advent 2018 mit der Aufgbane Fredi denkt im Quadrat dieses Mal in beiden Kalender (für Kl. 4-6 und 7-9) den Aufgabenwettbewerb gewonnen. Auch 2019 wurden schon zahlreiche Aufgabenideen von ihren Schüler*innen eingereicht.

Letztes Jahr begleitete ein Kurzbeitrag der Abendschau des Bayerischen Rundfunks ihre Klasse beim Lösen der Aufgaben.

Doch wie kann man Schüler*innen zu solchen Spitzenleistungen motivieren? Wir haben uns mit der Preisträgerin unterhalten.

paulibildUlrike Pauli (Quelle: Privat)

Sehr geehrte Frau Pauli, herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung! Vielen Schüler*innen wird beim Mathematikunterricht Angst und Bange. Bei Ihren Schüler*innen scheint das nicht so zu sein; woran liegt das?

Pauli: Ich habe heuer zwei Unterstufenklassen und eine Abiturklasse. In der Unterstufe ist die Angst vor der Mathematik noch nicht so groß. Die kommt bei einzelnen Schülern erst mit der Zeit, wenn sie schon so viele Lücken in Mathematik angehäuft haben, dass sie kein Land sehen. Um so wichtiger finde ich, dass man gerade bei den jüngeren Schülern darauf achtet, dass diese Lücken gar nicht erst entstehen. Wenn die Schüler erkennen, dass Mathematik eigentlich ganz einfach ist, wenn man es mal verstanden hat, macht es ihnen auch Spaß. Ich versuche die Schüler dazu zu bringen, dass sie es wirklich verstehen wollen und nicht nur etwas auswendig lernen. Viele Schüler haben z.B. in der Oberstufe in Analysis große Probleme – das liegt häufig nicht an der Motivation oder dem aktuellen Stoff, sondern an den Lücken aus der Mittelstufe. Wer einen Term nicht faktorisieren kann, findet natürlich weder die Definitionsmenge, noch Nullstellen oder Extremwerte. Wir haben jetzt Fachsprechstunden eingeführt, zu denen sich die Schüler anmelden können, wenn sie Fragen zu einem Thema haben und sich noch etwas von einem Lehrer erklären lassen möchten.

In Lehrplänen findet sich häufig kein Platz für kreativen Mathematikunterricht. Inwiefern bietet Mathe im Advent da eine willkommene Abwechslung?

Pauli: Mir gefällt hier besonders, dass die Matheaufgaben in Wichtelgeschichten verpackt sind. Geschichten liest man in der Mathematik ja eher selten. Dann geht es jeden Tag um ein anderes Thema aus der Mathematik. Im Unterricht muss man über längere Zeit dasselbe Thema behandeln – und viele schöne Themen aus der Mathematik stehen gar nicht auf dem Lehrplan. Den Schülern machen die Aufgaben am meisten Spaß, bei denen etwas gebastelt oder gezeichnet werden kann und häufig mehrere Wege ausprobiert werden müssen. Im letzten Jahr gab es z.B. die Aufgabe mit der Zeitung, die erst gefaltet und dann mit einem Bleistift durchstochen wurde – man musste herausfinden, wie viele Löcher entstehen. Auch stellen gerade Schüler der Unterstufe sehr gerne ihren Lösungsweg vor der Klasse vor. Die letzten paar Minuten meiner Stunde gebe ich ihnen gerne, um über die Aufgaben zu diskutieren.

...man hier logisches Denken und eine systematische Vorgehensweise lernt – was man immer gut gebrauchen kann!
 

Wie motivieren Sie ihre Schüler*innen zur Teilnahme an Mathe im Advent?

Pauli: Alle Schüler wollen gerne mal nach Berlin fahren! Das ist für Schüler aus München natürlich der Hauptpreis, auf die Preisverleihung eingeladen zu werden und zwei Tage schulfrei zu bekommen. Am Anfang sind in Unterstufenklassen fast alle begeistert dabei. Das Durchhaltevermögen haben aber nicht alle Schüler. Ich schaue schon nach, wer öfter Aufgaben nicht bearbeitet hat und frage dann nach, was der Grund ist. Fast alle sagen dann, dass sie es einfach vergessen haben, dass sie aber eigentlich schon mitmachen wollen. Wir überlegen uns dann gemeinsam eine Idee, wie man die Abgabe der Lösung nicht vergisst (z.B. Zettel auf das Kopfkissen legen oder sich von einem Mitschüler erinnern lassen). Im Foyer hatte ich in den letzten beiden Jahren einen Adventskalender mit je 24 Türchen für die Kalender 4-6 bzw. 7-9 aufgebaut, in die ich jeden Tag die aktuellen Aufgaben gehängt habe. Wer bei Mathe im Advent teilgenommen hat, durfte in der Früh 15 Minuten früher ins Schulhaus und sich die Aufgabe durchlesen und mit den Mitschülern besprechen. Als Mathematik-Lehrerin habe ich mich natürlich sehr darüber gefreut, hier sehr viele Schüler zu sehen, die schon vor Schulbeginn freiwillig die Lösung von Mathematik-Aufgaben diskutieren.

Wie kann man Schüler*innen sonst noch für die Mathematik begeistern?

Pauli: Mir gefallen neben Mathe im Advent der Känguru-Wettbewerb und der Bolyai-Wettbewerb sehr gut. Der zweite ist noch weniger bekannt. Da dürfen je vier Schüler einer Jahrgangsstufe als Team antreten. Diese Gruppenarbeit gefällt den Schülern sehr gut. Da wir nicht genügend Räume für den Wettbewerb haben, lasse ich sie alle in der Turnhalle schreiben – ohne Tische. Da darf sich dann jedes Team mit den Sportgeräten aus dem Geräteraum einen eigenen „Arbeitsplatz“ bauen – von liegend auf Matten, „Tischen“ aus Kastenteilen bis sitzend um ein Trampolin herum ist alles dabei. Dann macht den Schülern eigentlich alles Spaß, was eben nicht der normale Mathematik-Unterricht ist – z.B. das Anfertigen von riesigen Konstruktionen mit einem Brett, Paketschnur und Kreide im Freien. Momentan versuche ich mit meinem Wahlkurs einen Escape-Room mit Mathematik-Aufgaben zu entwerfen. Es muss aber meiner Meinung nach nicht immer ein besonderes Highlight sein – das kann man als Lehrer auf Dauer gar nicht leisten! Die Begeisterung kommt auch im normalen Mathematik-Unterricht, wenn die Schüler ein Thema wirklich verstanden haben.

Nicht nur Sie selbst, sondern auch Ihre Schüler*innen reichen Aufgabenvorschläge für Mathe im Advent ein. Wie motivieren Sie sie dazu?

Pauli: Zwei Wochen vor Weihnachten im letzten Schuljahr kam mir die Idee mit den Wichtelaufgaben. Die Schüler sollten alleine oder zu zweit eine eigene Aufgabe erfinden. Ich dachte damals nicht daran, diese Aufgaben einzureichen. Als ich allerdings sah, wie viel Mühe sich viele Schüler gemacht hatten (zum Teil hatten sie wie bei allen "Mathe im Advent"-Aufgaben ein Wichtelbild gezeichnet) und was für tolle Ideen dabei waren, habe ich dann doch alle Aufgaben eingereicht. Da für den Adventskalender 2018 vier Aufgaben aus meiner Klasse ausgewählt wurden und die Klasse Bücherpreise gewonnen hatte, haben heuer die meisten Schüler wieder Aufgaben erfunden. Meiner neuen 5. Klasse habe ich das auch vorgeschlagen. Da kam aber leider kein einziger Vorschlag… Es sind also leider nicht alle Schüler so einfach zu begeistern wie meine jetzige 6. Klasse.

Vielen Dank für das Gespräch!

Mathe im Advent wird von der Mathe im Leben gemeinnützigen GmbH in Kooperation mit der Deutschen Mathematiker-Vereinigung ausgerichtet, gefördert von der Gisela und Erwin Sick Stiftung.