Julia Kroos, Tamara Grossmann und Joana Grah gründeten im Jahr 2021 die Initiative Her Maths Story, die Frauen in der Mathematik ein Gesicht und eine Stimme gibt. Kennen gelernt haben sich die drei Aktivistinnen während des Studiums an der Universität Münster. Das Projekt leiten sie ehrenamtlich, neben ihren Vollzeit-Jobs: Julia Kroos als Angewandte Mathematikerin bei der Bayer AG, Tamara Grossmann als Doktorandin an der University of Cambridge und Joana Grah als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Mit den engagierten Mathematikerinnen sprach Thomas Vogt vom DMV-Medienbüro. (Foto: Her Maths Story)

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Wie kamen Sie auf die Idee die Initiative Her Maths Story zu gründen?  

Die Idee, Her Maths Story ins Leben zu rufen, entwickelte sich stetig durch den Austausch mit Freund*innen und Kolleg*innen, die auch im Bereich der Mathematik tätig sind. Wir haben gemerkt, dass trotz vieler großer und kleiner Unterschiede insbesondere Frauen vor ähnlichen Problemen und Herausforderungen stehen. Sei es regelmäßig überhört zu werden, nicht ernst genommen zu werden oder den Druck zu verspüren gesellschaftliche Erwartungen mit einer erfolgreichen Karriere in Einklang bringen zu müssen. Außerdem  haben wir selber erfahren, wie bereichernd es sein kann von anderen Mathematikerinnen und ihren Laufbahnen zu hören und sich auszutauschen. Frauen mit einem ähnlichen Hintergrund in den verschiedensten Positionen und Karrierestufen zu sehen, erweiterte für uns - insbesondere während des Studiums und der Promotion - den Horizont dessen, was mit einem Mathematikstudium und der Leidenschaft für die Mathematik erreichbar ist. Diese positiven Erfahrungen möchten wir mit Her Maths Story gerne weitergeben und stellen Frauen aus den verschiedensten Bereichen der Mathematik sowohl im akademischen Bereich als auch in der freien Wirtschaft vor - Frauen mit inspirierenden Geschichten und Lebenswegen, die oft alles andere als glatt oder linear verliefen.

Was ist Ihre Intention?

Unsere Intention ist es, so viele Menschen wie möglich zu erreichen: die Schülerin, die mit dem Gedanken spielt Mathematik zu studieren, die Studentin, die sich nicht vorstellen kann, wie das Leben als Mathematikerin aussieht und welche Vielfalt es birgt, aber auch die etablierte Mathematikerin, die sich als Frau in einem immer noch männerdominierten Feld alleine fühlt und den Austausch mit Kolleginnen vermisst. Diese Menschen möchten wir dazu bewegen sich für die Mathematik und all ihre vielfältigen Karrieremöglichkeiten zu begeistern. Wir wollen zeigen, dass es nicht nur den oder die stereotype Mathematiker*in gibt und oftmals auch keine “Bilderbuch-Karrieren” existieren. Vielmehr wollen wir die Menschen und ihre persönlichen Einflüsse und Wege innerhalb der Mathematik hervorheben. Insbesondere hoffen wir, dass sich andere Frauen weniger singulär fühlen in ihren Erfahrungen, Herausforderungen und Entscheidungen.

Bitte schildern Sie uns kurz, woraus Ihre Aktivitäten bestehen und was Sie sich von diesen erhoffen.

Auf unserer Homepage hermathsstory.eu veröffentlichen wir in regelmäßigen Abständen - zur Zeit alle zwei Wochen - Stories. Dies sind Geschichten von Frauen in der Mathematik, die von ihrem Werdegang, möglichen Hürden und Schwierigkeiten, Erfolgserlebnissen und von ihrer heutigen Tätigkeit erzählen. Außerdem veröffentlichen wir in unregelmäßigen Abständen Blogbeiträge. In diesen können sich Autorinnen einem Thema ausführlicher widmen, z.B. dem Thema Feminismus in der Mathematik oder wie der Alltag als Mathematikerin in unterschiedlichen Berufen aussieht, etwa als Software Developerin oder als Data Scientist.

Wir erhoffen uns von unserer Präsenz im digitalen Raum, dass Menschen auf uns aufmerksam werden, die vielleicht gerade keine Role Models in ihrem Leben haben, und möchten ihnen durch die Geschichten Mut machen ihren Weg in der Mathematik zu gehen. Wir wollen Frauen einen Raum geben, in dem sie ihre Erfahrungen teilen und von anderen lernen können, und gleichzeitig allen einen Einblick in das Leben einer Mathematikerin ermöglichen. Wir erhoffen uns vor allem eins: einen Ort zu schaffen, an dem sich Menschen vorurteilsfrei, ehrlich und unterstützend austauschen können.

Wie finden Sie Ihre Role Models und nach welchen Kriterien wählen Sie sie aus?

Die Auswahl unserer Role Models ist ein Mix aus Frauen, die wir direkt anfragen, und solchen, die auf uns zukommen. Zu Beginn sind wir mit Mathematikerinnen aus unseren eigenen Netzwerken gestartet. Mit der Zeit knüpfen wir immer mehr Kontakte in andere Bereiche und bekommen wunderbare Empfehlungen. Wir möchten die unterschiedlichsten Geschichten erzählen von geradlinigen Karrieren, von Laufbahnen mit Hindernissen und Richtungswechseln, von der Vereinbarkeit von Familie und Karriere, von Frauen, deren Passion die Mathematik ist, und von Frauen, die Mathematik nutzen um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren und einer anderen Leidenschaft nachzugehen.

Welches Feedback bekommen Sie aus der community (der Mathematik), speziell von den Frauen in der Mathematik?

Bis jetzt haben wir ausschließlich positives Feedback erhalten. Es sind viele Gespräche entstanden, z.B. in Pausen auf Konferenzen, bei denen Frauen ihre persönlichen Geschichten erzählten oder von ihren eigenen Role Models berichteten. Wir freuen uns immer sehr, wenn uns jemand auf Her Maths Story anspricht - übrigens sind das erfreulicherweise nicht nur Frauen. Wir finden es genauso wichtig, dass sich Männer für das Thema sensibilisieren, Interesse zeigen und unterstützen.

Wer sind ihre Unterstützer*innen und wie soll es mit Ihrer Plattform in Zukunft weitergehen?

Wir sind sehr dankbar für eine Reihe an Unterstützer*innen, die uns teilweise schon seit den Anfängen begleiten. Noch vor unserem Website-Launch tauschten wir uns mit European Women in Mathematics(EWM) aus und haben viel hilfreiches Feedback bekommen. Mittlerweile zählen auch weitere Mathematiker*innen-Vereinigungen und -Initiativen zu unseren Unterstützer*innen wie EMS, Newton Gateway to Mathematics, Plus Magazine und der Exzellenzcluster Mathematics Münster unserer Alma Mater. Außerdem hilft uns ein ehemaliger Kommilitone, der mittlerweile als Entwickler tätig ist, bei Fragen rund um das Thema Website Management.

Wir hoffen, in Zukunft unsere Kapazitäten ausweiten zu können. Das beinhaltet auch, mehr Menschen ins Team zu nehmen, denn es gibt noch so viele Geschichten zu erzählen und Mathematikerinnen vorzustellen. Wir sind immer offen für mögliche Kooperationen und Gespräche, denn nur zusammen können wir einen Unterschied machen und Dinge ändern.

es eine universelle Sprache ist, die helfen kann die Vergangenheit zu verstehen und die Zukunft zu formen und zu gestalten.