Der junge Referendar Merten Rehm (MR, 26 J.) und seine Mentorin Birgit Alcnauer (BA, 53 J.) unterrichten beide mit viel Herzblut am Luther-Melanchthon-Gymnasium in der Lutherstadt Wittenberg Mathematik. Beide bauen besonders motivierende Ideen in ihren Mathematikunterricht ein. Die Klasse 8b von Herrn Rehm gewann bei der 2. Sonderverlosung von „Mathe im Advent 2022" einen Sonderpreis. Stephanie Schiemann von der Mathe im Leben gGmbH sprach mit den beiden nach dem Abschluss des Wettbewerbs.

Foto 1 Rehm Alcnauer Hundertwasserschule Astrid HötteBirgit Alcnauer [links] und Merten Rehm [rechts]

 

Woher kommt Ihre Liebe zur Mathematik? Können Sie sich noch an ein bestimmtes Ereignis erinnern?

(BA) Mich faszinierten in der Mathematik schon immer ihre Logik, Eindeutigkeit und Kürze. Das begann mit Sicherheit in der Grundschulzeit, spätere Termumformungen bei meinem Mathematik-Lehrer Herrn Würzberg sowie Differential- und Integralrechnung förderten die Affinität zur Mathematik. Dies fand seinen Höhepunkt im Studium der Algebra, Stochastik und vielem mehr an der Martin-Luther-Universität Halle/Saale. Die Liebe zur Didaktik der Mathematik eröffnete meine strukturierte Mentorin Fräulein Wienhold in der Referendarzeit.

(MR) Es gibt kein bestimmtes Ereignis. Es sind verschiedene einzelne Momente und Erfahrungen. Angefangen über gemeinsames Sudoku-Lösen mit meiner Großmutter, über Rätseln in Escape Rooms bis hin zum Erklären von mathematischen Sachverhalten für Mitschüler während der Schulzeit.

 

Sie sind ein Duo „Referendar & Mentorin". Was macht ihnen beiden an der Zusammenarbeit so viel Spaß? Was fasziniert Sie am Lehrerberuf?

(BA) Für mich ist es eine Freude, meine Fähigkeit Schüler*innen für Mathematik zu begeistern, weiterzugeben. Die grundlegende Struktur einer Mathematik-Stunde ist unabdingbare Voraussetzung für modernen, fordernden und fröhlichen Mathematik-Unterricht. Ebenso möchte ich die Struktur der Leistungsüberprüfung weitergeben, um sehr gute Abiturergebnisse unserer Schüler zu erzielen.
Von Merten Rehm bekomme ich dabei viele Impulse hinsichtlich neuer Medien wie Software oder aus seinen Seminaren moderne Quellen zum Unterricht. Phantasievolle Ideen wie Dartspielen und Berechnung der Wahrscheinlichkeiten am Kreis durch unseren Referendar bereichern meinen Unterricht ebenso wie das Nachspielen von aktuellen Reality-Spielshows im Unterricht.

(MR) Es ist unglaublich bereichernd und inspirierend. Frau Alcnauer ist eine großartige Lehrerin. Sie gibt mit sehr viel Elan und Motivation Ihre Leidenschaft an die nächste Generation weiter. Zudem ist Sie eine durchweg positive Macherin und strahlt eine unglaubliche Lebensfreude aus: Das Lernen; das eigene und das von und mit den Mitmenschen.

Wer selbst die Mathematik liebt, kann es i.d.R. auch besser weitergeben. Was macht Ihnen am Unterrichten Spaß? Können Sie 1-3 Beispiele nennen?

(BA) Im Jahr 2017/18, also weit vor der Pandemie, haben wir an der Schule eine schulinterne Lernsoftware, Mathe-Flow https://mathe-flow.thinkific.com/, selbst programmiert. Der Entwickler der Software studiert jetzt erfolgreich im Bereich Wirtschaft. Unsere Schüler*innen nutzen diese Software, um selbständig neue Lernimpulse in Mathematik zu bekommen und ihre Leistungen zu verbessern. Im Informatik-Unterricht arbeiten wir gemeinsam mit dem Entwickler dieser Software an der ständigen Erweiterung.
Besondere Freude bereitet mir meine Tätigkeit in der Mathematik – Begabtenförderung. Spielerisch, bastelnd, phantasievoll werden Zusatzthemen der Mathematik und andere Aufgabentypen in der Arbeitsgemeinschaft bearbeitet. Diese Schüler*innen sind oft besonders erfolgreich bei mathematischen Wettbewerben.
Ich nutze im Unterricht oft den Einsatz von musikalisch aufbereiteten Inhalten der Mathematik. Der Lerneffekt und der Spaß bei den Schüler*innen erhöhen sich deutlich.

(MR) Ich mag Diskussionen mit den Schüler*innen. Aber noch besser sind das Erleben von Aha-Momenten. Am schönsten sind jedoch die Momente der Freude. Wenn beispielsweise ein Jugendlicher eine Verbesserung bei seinen Leistungen erzielt und dies freudestrahlend realisiert.

 

Im Vorgespräch haben Sie mir von Ihrem persönlichen Stundenbeginn berichtet. Was machen Sie da Besonderes?

(BA) Ich liebe es, zu Beginn des Mathematikunterrichts Schätzaufgaben zu verschiedenen Themen zu stellen, zum Beispiel zur Wahrscheinlichkeit des Weihnachtstauwetters, zur Anzahl der 2022 in Wittenberg geborenen Babys, zum Geburtsjahr des Transistors und vieles mehr. An der Tafel stehen die Antworten im Multiple Choice Format: A, B oder C. Die Schüler*innen schätzen und schon sind wir auf Mathematik eingestimmt.
Übrigens haben meine Schüler*innen ausgerechnet, dass ich mit 80%iger Wahrscheinlichkeit C als richtige Antwort verwende.

(MR) Ich versuche, unterschiedliche Dinge zu machen. Abwechslung halte ich für wichtig!

 

(BA) sie universell und zeitlos ist.

Sie haben auch beide an „Mathe im Advent" teilgenommen. Können Sie kurz zusammenfassen, was das Angebot für Sie ausmacht und wie es mit ihren Schüler*innen gelaufen ist?

(BA) Meine Schüler *innen haben zahlreich und erfolgreich teilgenommen. Die kreative und liebevolle Gestaltung der Aufgaben im gewohnten Multiple Choice Format bereiten den Schüler*innen viel Freude. Sie können Denkstrukturen entwickeln, knobeln und haben nur die Lösung anzugeben.
Die weihnachtlich gestalteten Aufgaben stimmen in die Adventszeit ein. Gleichzeitig sind die Schüler*innen täglich meist und gerne mit der gesamten Familie im Bereich der Mathematik tätig. Eine tolle Idee!

(MR) Für mich war es eine weitere Möglichkeit, Schüler*innen für das Fach zu begeistern sowie eine Einstimmung mathematischer Art auf die Weihnachtszeit. Es ist zudem ein toller Pool mit spannenden Aufgaben. Die Schüler*innen waren sehr willensstark und haben bis zum Ende mitgemacht. Das finde ich sehr bewundernswert. Sie haben sich auch untereinander unterstützt, beraten und diskutiert. Daneben war es sehr überraschend, einen Preis zu gewinnen.

 

Planen Sie im Dezember 2023 wieder an „Mathe im Advent" teilzunehmen? Würden Sie im Ablauf/der Organisation mit den Schüler*innen etwas ändern?

Selbstverständlich werden wir, das Luther-Melanchthon-Gymnasium Wittenberg, im Jahr 2023 wieder an „Mathe im Advent“ teilnehmen. Unsere junge, dynamische Mathematik – Lehrerin Frau Herkt organisiert für alle Kolleg*innen die Anmeldung der Klassen bzw. Schüler*innen. Dazu bekommen die Schüler*innen vorab die Informationen und den Link für die entsprechende Klasse auch im Klassenspiel. Wir nutzen dabei auch die sehr gut vorbereiteten Materialien auf der Seite „Mathe im Advent“ und werden wieder die Schulflat in Anspruch nehmen. Weiter so und danke für das tolle Angebot!

(MR) Ja. Auf jeden Fall. Ich würde es stärker bewerben. Ich glaube, dass mehr Schüler*innen von dem Angebot profitieren sollten.

 

Ihre Schule, das Luther-Melanchthon-Gymnasium, wird auch Hundertwasserschule genannt. Warum? Woher kommt das?

(BA&MR) Unser Luther-Melanchthon-Gymnasium in Wittenberg besteht aus zwei Gebäuden, dem Haus Hundertwasser und dem Haus Melanchthon. Der Name Hundertwasserschule bezieht sich auf das Schulgebäude, welches von Friedensreich Hundertwasser umgestaltet wurde. Es wurde 1975 als einfacher Plattenbau vom Typ Erfurt II erbaut.

In der Wendezeit sollte das Schulgebäude abgerissen oder saniert werden. Es wurde entschieden, das Gebäude zu sanieren. Daraufhin startete eine Kunstlehrerin ein Projekt mit dem Titel „Meine Traumschule“. Die Arbeiten der Schüler*innen waren alle bunt, ideenreich und sehr vielfältig. Zudem wurden einige davon mit jenen von Hundertwasser assoziiert. Daraufhin schrieb,der Schulsprecher Hundertwasser an, ob er Interesse hätte, eine Schule zu gestalten. Er war nicht abgeneigt und so erfolgte ein Briefwechsel über ein paar Jahre hin und her. Irgendwann reichte es unserem damaligen Direktor und er fuhr nach Wien. Er war so überzeugend, dass er nach dem Termin mit dem Manager direkt von Hundertwasser persönlich empfangen wurde. Dieser war entsetzt und begeistert zugleich. Die Schülerarbeiten faszinierten ihn. Das Foto der damaligen Schule soll er jedoch quittiert haben mit den Worten „wie ein Hühnerstall“. Er sagte zu und versprach sogar seine Arbeit komplett kostenlos zu machen.

Seit dem 29. Mai 1999 steht nun der nach Plänen von Hundertwasser restaurierte Bau in Wittenberg und wird seither von zahlreichen Touristen aus der ganzen Welt bestaunt.