Paul Jainta, Mathematiklehrer aus Schwabach, hat vor 26 Jahren die Fürther Mathematik-Olympiade ins Leben gerufen. Die Idee kam ihm als er damals die DDR-Schülerzeitschrift Alpha las. Sein Entschluss stand fest: „Auch in Bayern sollte es solch tolle Angebote geben!“ Stephanie Schiemann vom Netzwerkbüro Schule-Hochschule sprach mit ihm über seine erfolgreiche Initiative.

Paul Jainta

(Foto: privat)

Wie kam die FüMO zustande? Gab es ein Vorbild für ihre Olympiade?

Im Landkreis Fürth, am Gymnasium Stein, gab es in den Jahren 1990 bis 1994 einen hausinternen Mathematikwettbewerb. Monatlich wurde je eine Knobelaufgabe für die Klassen 5 bis 7 bzw. 8 bis 10 gestellt, die zu Hause bearbeitet werden durfte. Alle Probleme und Lösungen sind auf einer Litfaßsäule im Keller ausgehängt worden. Die erfolgreichsten Teilnehmer wurden am Ende des Schuljahres geehrt und mit kleinen Preisen bedacht. Bei der Suche nach weiteren Ideen stießen die damaligen Organisatoren bald auf andere Kollegen, die an ihrer Schule ähnliche Wettbewerbe durchführten oder mit neuen Formen der Begabten – bzw. Interessierten-Förderung experimentierten. So hatte die Steiner Gruppe Aufgaben auch mit mehreren Schulen des Großraums Nürnberg (z. B. am dortigen Hans-Sachs-Gymnasium) ausgetauscht. Daraus entwickelte sich die Grundidee, diese parallelen, individuellen Schulprojekte zu koordinieren. Es sollte ja nicht jedes Mal das Rad neu erfunden werden.

1992 haben Rudolf Großmann und ich den Entschluss gefasst, ihre Aufgaben auch anderen Schulen zur Verfügung zu stellen. Zu Beginn des Schuljahres 1992/93 sind probeweise die sechs Gymnasien des Landkreises und der Stadt Fürth angeschrieben und mit Aufgaben versorgt worden. Als Schirmherrin des neuen Wettbewerbs konnte die damalige Landrätin, Frau Dr. Gabriele Pauli, gewonnen werden. Die gesamte Organisation, also auch die Korrektur, erfolgte von Anfang an ehrenamtlich. An vielen Nachbar-Schulen rannten wir förmlich offene Türen ein. „Auf so einen Wettbewerb haben wir schon lange gewartet“, versicherten uns Mathematik-Kolleginnen und -Kollegen.

Den Ausschlag zur Gründung des Wettbewerbs gab aber, so paradox dies klingen mag, die ehemalige DDR. Ich war einer der Wenigen aus dem Westen, der die DDR-Zeitschrift für Schüler Alpha bezogen hat. Zwischen West und Ost herrschte zumeist (noch) Sprachlosigkeit, doch die Mathematikzeitschrift öffnete Grenzen. Ich las darin zum ersten Mal von Wettbewerben in den damaligen Ländern des Ostblocks, ergötzte mich an Aufgaben aus Übersee. Mathematik ohne Grenzen: Die russische Allunionsolympiade, die Leningrad Olympiade, der ungarische Kürschak-Wettbewerb, bulgarische und rumänische Wettbewerbe, der Stanford math contest auf Universitätslevel und natürlich die Olympiade Junger Mathematiker (OJM) in der DDR. Die Zeitschrift war ein Füllhorn an mathematischen Ideen.

Im Westen Deutschlands dagegen gab es nur den Bundeswettbewerb Mathematik für die Oberstufe. Für die Jüngeren existierte (noch) nichts Vergleichbares. Das wollte ich ändern: Die Fürther Mathematik Olympiade (FüMO) war geboren.

An wen richtet sich die Fürther Mathematik-Olympiade und was bietet sie? Gibt es sie nur in Fürth?

Der Wettbewerb richtet sich an Schülerinnen und Schüler an Realschulen und Gymnasien in Bayern. Ursprünglich umfasste FüMO die Jahrgangsstufen 5 bis 11. Nach Einführung des Landeswettbewerbs Mathematik Bayern (LWMB) im Jahr 1998 haben wir den Wettbewerb neu justiert, ihn abgespeckt und nur noch an den Jahrgangsstufen 5 bis 8 ausgerichtet. FüMO sollte keine Konkurrenz für den LWMB darstellen, der ja als Mittelstufenwettbewerb konzipiert worden ist. Zudem sollten Schüler die Möglichkeit haben, in der 8. Jahrgangsstufe ein doppeltes Training für weitere Teilnahmen an Mathematikkonkurrenzen zu haben.

Mittlerweile ist unser Wettbewerb FüMO der offizielle Einstiegswettbewerb in der bayerischen mathematischen Förderpyramide. Die Gründungsidee war der Wunsch, Schülerinnen und Schüler für technische und mathematisch-naturwissenschaftliche Fragen dauerhaft zu begeistern. Das sollte aber in einem sehr frühen Stadium beginnen, möglichst schon in der 5. Jgs. - nicht erst in der Mittelstufe, wo man viele Jugendliche nicht mehr oder nur noch schwer erreichen kann.

Seit November 2000 ist dem Wettbewerb ein gemeinnütziger Förderverein „FüMO e. V.“ an die Seite gestellt worden. Seit es den Verein gibt, sind die Teilnehmerzahlen sprunghaft gestiegen und haben die 2000er Marke weit überschritten. Dies verdanken wir maßgeblich der Hermann-Gutmann-Stiftung mit Sitz in Nürnberg, welche den Wettbewerb großzügig unterstützt. Ansonsten hätten wir alle weiteren Maßnahmen nicht stemmen können: FüMO-Tag an der Universität Erlangen-Nürnberg, Mathetag an der Universität Würzburg, Mathetage an den Unis Bayreuth und Passau, an den Fachhochschulen Regensburg und Aschaffenburg, Zusammenarbeit mit der Uni Augsburg (z. B. Vorträge), ein früherer Schülerzirkel an der Uni Erlangen, Professoren als Referenten anlässlich von Preisverleihungen uvm.

Der Wettbewerb FüMO ist zwar entstanden in der Metropolregion Nürnberg, wird von dort auch logistisch verwaltet, besitzt aber eine regional gegliederte Organisationsform, frei nach einem alten Werbeslogan: „Ich bin acht Wettbewerbe“. FüMO gibt es in mehreren bayerischen Abwandlungen: Mittelfranken, Unterfranken, Oberfranken, Schwaben, Niederbayern, Oberpfalz, Oberbayern und seit zehn Jahren auch in der Bundeshauptstadt als FüMO Berlin. Seit wenigen Jahren pflegen wir eine Kooperation mit Österreichs Kapitale Wien.

Diese Planungen haben alle ein übergeordnetes Ziel: Eine möglichst frühzeitige und lückenlose Förderung mathematisch interessierter und begabter Schülerinnen und Schüler ab der 5. Klasse bis hinauf zum Abitur zu gewährleisten. Eine mögliche Förderlinie könnte demnach so aussehen: FüMO - Landeswettbewerb und Mathematikolympiade (MO) - Bundeswettbewerb Mathematik. Diese Kette hat sich seit vielen Jahren bewährt, denn frühere FüMO-Preisträger haben sich auch in den genannten Wettbewerben gut geschlagen. Damit eignet sich der Einstiegswettbewerb FüMO besonders zur Identifizierung mathematischer Talente und zur Weiterempfehlung für zusätzliche Fördermaßnahmen wie JuMA. Bereits mehrere IMO-Preisträger haben bei FüMO frühzeitig zur Mathematik gefunden.

D.h., wenn ich Lust habe, kann ich FüMO auch in meiner Heimat ausrichten?

Wir würden es gerne sehen, wenn noch mehr Schulen aus Bayern am Wettbewerb teilnehmen wollen. Insbesondere möchten wir zum 25. Jubiläum von FüMO auch Schulen außerhalb Bayerns herzlich einladen, mitzumachen. Mathematik verbindet nicht nur über weltweite Grenzen hinweg sondern auch über Landesgrenzen. Wir wollen die Webseite zum Wettbewerb www.fuemo.de professionalisieren und sie ggf. zu einer Plattform mathematischer Begabtenförderung und Vernetzung sowie zum Gedankenaustausch ausbauen.

... man überall mit ihr rechnen muss.                   Paul Jainta


Woher kommen die vielen Aufgabenideen? Gibt es da ein Konzept?

Die Aufgaben stehen so in keinem der üblichen Schulbücher. Es sind überwiegend offene Fragestellungen, die zum Denken verführen sollen. Darin liegt der eigentliche Reiz von FüMO-Aufgaben: Auf den ersten Blick erschließt sich oft nicht, wo überhaupt Mathematik ‚drin‘ steckt. Ähnlich wie im Bereich des Modellierens, bieten die Fragen verschiedene Niveaus, auf denen Problemlösen stattfindet. Nicht immer steht ein unmittelbares Standardverfahren wie im Unterricht zur Verfügung, um eine schnelle Lösung aufzuschreiben. Es gibt zwar leichtere Lockvogel - bzw. Einstiegsaufgaben um erst einmal Interesse zu wecken. Vor allem in der 5. Klasse finden Knobelaufgaben viel Zuspruch. Diese gehören in die Rubrik Mathespielereien (Ken-Sudoku, FüMoku, Zahlenwurm oder die Augen des Fümopianers). Darin manifestiert sich auch der Spaß, den die Wettbewerbsmacher selbst haben, alte Aufgabenideen zu adaptieren und neu einzukleiden. Das spezielle Geheimnis von FüMO-Problemen ist ihre Verpackung. Die Idee, schwierigere Fragestellungen hinter knalligen oder plakativen Schlagworten zu verstecken, verkauft sich immer gut: Das Erbe des Sultans, Bamberger Hörnchen, Fümonische Vorfahren, Flohzirkus, Der Mathefloh oder Ferien in Geradien sind zugkräftige Verkäufer unserer Sache. Inzwischen besteht das Kernteam aus zehn Aufgabenmachern - darunter auch zwei Eltern früherer Preisträger - mit unterschiedlichen Vorlieben. Auf diese Weise ist Abwechslung vorprogrammiert. Wer sich davon überzeugen möchte, sollte einen Blick in unsere beiden Aufgabenbände werfen, die alle Probleme/Lösungen aus knapp 20 Jahren FüMO enthalten („FüMO - Das Buch“ und „Mathe ist mehr“).

Mein Vorrat an (weltweiten) Aufgabenideen rührt noch aus meiner früheren Tätigkeit als Betreuer mehrerer Aufgabenrubriken in der fortgeführten und später eingestellten alpha (Mathematik als Hobby, R. Becker Verlag) und im Newsletter der European Mathematical Society (Problem Ecke, Olympiade Ecke, Problem Corner). So hat sich der Alpha-Kreis geschlossen.

Mädchen und Jungen nehmen gleichermaßen bei FüMO teil. Wie schaffen Sie das? Haben Sie dafür eine Erklärung?

Eine nahe liegende Erklärung habe ich nicht. Es ist denkbar, dass der frühe Einstieg ab der 5. Klasse für diese Konstellation sorgen kann, denn mit dem Eintritt in das erste Jahr an einer Realschule oder einem Gymnasium sind die Jüngsten noch für Vieles zu haben, sie möchten eben Einiges ausprobieren. Wenn die Fragestellungen einen eher spielerischen Charakter versprechen, wird der Spieltrieb in der Mathematik angefeuert und damit Spaß und Freude mit Zahlen und Figuren mitgeliefert. Mädchen sind ja manchmal fleißiger, ausdauernder und kreativer als Jungs. Möglicherweise werden sie auch von den FüMO-Aufgaben hierzu besonders verleitet. Vermutlich liegt der Reiz unserer Aufgaben gerade in der neuen Art der offenen Fragestellung, die inzwischen Eingang auch in die Neuauflagen von Schulbüchern gefunden hat. Lange vor den Misserfolgen deutscher Schüler bei PISA oder der Einführung der G8, zusammen mit neuen Lehrplänen, hatte sich schon herumgesprochen, dass FüMO-Probleme Themen aus dem Schulunterricht findig transportieren bzw. gestalterisch anders beleuchten.
Die weibliche Note des Wettbewerbs bestätigt sich auch in der regionalen Betreuung des Wettbewerbs. Drei Filialen werden von Kolleginnen geführt. In Unterfranken von Christine Streib, Karlstadt, in Schwaben von Elvira Rendle, Günzburg, und in Berlin von Gudrun Tisch, Katholische Schule Liebfrauen. Frauen besitzen gleichwohl eine sehr intuitive Art, ihre weiblichen und männlichen Schützlinge zu motivieren.

Sicher haben Sie eine Lieblingsaufgabe?

Der Mathematiker Dr. Eieck veranstaltet eine Denkerparty. Dazu treibt er in jede Ecke seines dreieckigen Rasens einen Pflock und schlägt zusätzlich insgesamt n weitere Pflöcke am Rand oder im Inneren der Rasenfläche ein. Innerhalb des Rasens seien genau k Pflöcke (0 ≤ k ≤ n) eingesetzt, und von ihnen liegen keine drei auf einer gemeinsamen Geraden. Nun befestigt er möglichst viele, nicht unbedingt gleich lange Hängematten an den Pflöcken, die einander natürlich nicht überschneiden dürfen. Auf diese Weise wird das Rasendreieck in Teildreiecke zerlegt, in die er jeweils einen Stehtisch mit Papier, Schreibzeug und Getränken stellt.

a) Ermittle die Anzahl s der Stehtische und die Anzahl h der Hängematten für die folgenden beiden konkreten Fälle:

n = 3 und k = 0,1,2 oder 3 und n = 4 und k = 0. Hinweis: Dabei reicht es, jeweils einen solchen Fall zu betrachten, obwohl es verschiedene Möglichkeiten für die Platzierung der Pflöcke gibt.

b) Gib jeweils eine Formel für die Anzahl s(n;k) von Stehtischen und für die Anzahl h(n;k) von Hängematten in Abhängigkeit von n und k an.
Berechne s(33;22) und h(33;22).

c) Beweise die Richtigkeit der beiden Formeln.

Dieses Problem hat Christine Streib, die Regionalleiterin Unterfranken, mit ihren Töchtern im Urlaub für die 8. Klasse kreiert.

In der Bundesrunde der 47. Mathematikolympiade ist die Aufgabe als „Dr. Eiecks Denkerparty“ für die 8. Klasse erneut gestellt worden. Sie ist dann auch in die bunte Broschüre „Beispielaufgaben & Lösungen“ gelangt, die anlässlich des 50. Jahrgangs der MO erschienen ist und attraktive Aufgaben präsentiert.

Nach so vielen Jahren hat sich die Wettbewerbswelt stark verändert. In Bayern etablierte sich die Landes-Olympiade. Wie gliedert sich FüMo da ein?

Wie gesagt: Der Landeswettbewerb Mathematik ist dem Landeswettbewerb Baden-Württemberg nachempfunden, ist aber in gewisser Weise auch eine Blaupause der Fürther Mathematik Olympiade gewesen, den die beiden Gründer von FüMO in den ersten vier Jahren mit aufgebaut haben. FüMO besitzt eine natürliche Zubringerfunktion für den bayernweiten Wettbewerb und bietet für Schüler der 8. Klasse eine zusätzliche Trainingsmaßnahme für die Teilnahme am Mittelstufenwettbewerb. Beide Wettbewerbe sind nicht Konkurrenten, sondern Trainingspartner und gelegentlich auch Ideengeber. Bevor der Landeswettbewerb und auch der Bundeswettbewerb die Abgabe von Gruppenarbeiten zuließen, war dies lange schon bei der Fürther Mathematik Olympiade der Fall.

Doch ein Alleinstellungsmerkmal zeichnet den Wettbewerb auch nach 25 Jahren aus: Die Organisation erfolgt ausschließlich ehrenamtlich. Maßgeblich beteiligt am Erfolg dieser Maßnahme ist die Förderung des Wettbewerbs durch die Hermann-Gutmann-Stiftung Nürnberg. Seit Gründung des Fördervereins im November 2000 hat die Fürther Mathematik Olympiade die innerbayerischen Grenzen übersprungen, ist nach Berlin gegangen und hat Verbindungen mit Wien geknüpft. Jahr für Jahr machen seitdem weit über 2000 Jugendliche am Wettbewerb mit. Für diese Unterstützung möchten wir uns herzlich bedanken.