Das Otto-von-Taube-Gymnasium (OvTG) südwestlich von München zeichnet sich durch die besondere Förderung hochbegabter Schülerinnen und Schüler in den MINT-Fächern aus. In speziellen Förderklassen werden sie bereits ab der 5. Klasse vertieft unterrichtet: Mit besonders schülerzentrierten Unterrichtsmethoden wird ein größerer inhaltlicher Umfang als üblich erarbeitet. Bis zu 15 Schülerinnen und Schüler eines Jahrgangs können außerdem am TUM-Kolleg - einem einmaligen mathematisch-naturwissenschaftlichen Projekt mit der TU München - teilnehmen. Bei der Abiturfeier am 31. Juni erhielten gleich 11 Schülerinnen und Schüler den Abiturpreis Mathematik der DMV, was Grund für diese Auszeichnung ist. Stephanie Schiemann vom Netzwerkbüro Schule-Hochschule spricht mit dem Mathematik-Fachbetreuer Heinz Schröpel.

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(Foto: oberste Reihe v.l.n.r.: Katrin Lison (Beauftragte für die Mathematikwettbewerbe, M/Ph), Stefan Kießling (M/Ph), Katharina Bufler (M/Ph), Stephan Haß (M/Ph), Heinz Schröpel (M/Ph), Julia Harthun (M/Psy); zweite Reihe v.l.n.r.: Jürgen Kaletta (stellv. Schulleiter, M/Ph),Stefan Appel, Johannes Braese, Lukas Schübel, Michael Schmied, Bennet Breier, Carlotta Rieble, Hannes Stumpf (Mitarbeiter in der Schulleitung, M/Ph); unterste Reihe v.l.n.r.: Rebecca Trimpe, Isabel Kalinke, Livia Daxenberger, Sophia Glas, Nina Gottschling/Ulrich Nürnberger)

Dieses Jahr liegt ihre Schule mit 11 Abiturpreisen Mathematik an der Spitze unserer Vergabeliste. Das ist fantastisch! Woher haben Sie so viele Kandidatinnen und Kandidaten für diesen Preis?

Wie bereits in den letzten Jahren haben wir auch dieses Jahr eine große Anzahl von Abiturientinnen und Abiturienten, die nicht nur sehr gute Noten in der Abiturprüfung, sondern auch kontinuierlich herausragende Leistungen im Fach Mathematik erzielt haben. Zu den 11 Preisträgerinnen und Preisträgern kommen 7 weitere Abiturientinnen und Abiturienten, die auf Grund ihrer sehr guten Leistungen in Mathematik von der Schule einen Buchpreis bekommen. Die Preise verteilen sich gleichmäßig auf Schülerinnen und Schüler aus Regelklassen sowie Förderklassen bzw. TUM-Kolleg. Durch die verschiedenen Mathematikwettbewerbe, aber auch durch die Teilung der Klassen in den Intensivierungsstunden ist eine individuelle Förderung des besonderen Interesses und Engagement für die Mathematik möglich. Dabei besteht kein geschlechtsspezifischer Unterschied. So sind von den Preisträgerinnen und Preisträgern 6 weiblich und 5 männlich.

Nun haben Sie in Bayern dieses Jahr kein Doppelabitur und müssen 10 der 11 Preise finanzieren. Das kostet sie insgesamt fast 460 €. Woher bekommen Sie das Geld?

Wir haben jedes Jahr ca. 400€ für kleine Preise in unseren diversen Mathematikwettbewerben in der Fachschaft zur Verfügung. Durch eine großzügige Spende des Fördervereins unserer Schule und einen externen Sponsor mussten wir diesen Betrag dieses Jahr nicht für die Wettbewerbe ausgeben und konnten dadurch so viele Abiturpreise vergeben. Wir hoffen natürlich, dass uns dies auch in den nächsten Jahren gelingt.

Stellen Sie doch bitte die Besonderheiten ihrer Schule heraus.

Besonders sind unsere Maßnahmen zur Hochbegabtenförderung: 1. die Förderklassen für Hochbegabte und 2. das TUM-Kolleg.

Seit zehn Jahren gibt es am OvTG für hochbegabte Schülerinnen und Schüler ab der 5. Jahrgangsstufe besondere Förderklassen. Durch die - im Vergleich mit dem normalen achtjährigen Gymnasium - beschleunigte Erarbeitung des Pflichtstoffs, bleibt Raum für vielfältige Vertiefungen, sowie ein umfassendes Wahl- und Plusprogramm. Hier garantieren wir durch vielseitige und schülerzentrierte Unterrichtsmethoden, eine besonders individuelle Förderung. Entsprechende Erfahrungen bereichern so auch den Unterricht der Regelklassen.

Das TUM-Kolleg ist ein bundesweit einmaliges Kooperationsprojekt zwischen der Technischen Universität München und dem OvTG. Pro Jahrgang erhalten hier bis zu 15 mathematisch-naturwissenschaftlich begabte und leistungsfähige Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit einer intensiven und individuellen Förderung. Ein voller Unterrichtstag pro Woche ist für die Arbeit an der TU München reserviert. In dieser Zeit arbeiten die beteiligten Schüler/-innen an interessanten Uni-Projekten, absolvieren naturwissenschaftliche Praktika in den Schüler- und Wissenschaftslabors oder nehmen an ausgewählten universitären Veranstaltungen teil. In der übrigen Zeit verbleiben die Schüler/-innen am OvTG. Sie werden als eigenständiger Oberstufenzug geführt, doch in einigen Fächern auch zusammen mit den anderen Oberstufenschülern unterrichtet und bleiben so fest in das soziale Gefüge ihre Jahrgangs integriert.

Wettbewerbe sind an ihrer Schule im Allgemeinen hoch aufgehängt. An welchen mathematischen Wettbewerben nehmen ihre Schülerinnen und Schüler teil? Gab es besondere Erfolge in den letzten Jahren?

Um die zentrale Bedeutung der Wettbewerbe im Schulprofil zu unterstreichen und eine perfekte Organisation zu gewährleisten, wurde von unserer Schulleiterin, Frau Wischnevsky, die Kollegin Frau Lison zur Beauftragten für die Mathematik-Wettbewerbe ernannt. Unter ihrer Leitung regen die Fachkollegen zahlreiche Schülerinnen und Schüler zur Teilnahme an den Mathematikwettbewerben an und bereiten sie auch gezielt darauf vor.

Großer Beliebtheit erfreute sich in diesem Schuljahr mit 63 Teilnehmern an unserer Schule die Mathematik-Olympiade. Dort nehmen die Hochbegabtenklassen der Jahrgangsstufen 5/6 geschlossen teil. In der 3. Stufe gab es diesmal 11 Preisträger, von denen 3 Schüler/innen noch an der zentralen Veranstaltung in Würzburg teilnehmen durften. Paula Löcherer aus der Klassenstufe 8 erreichte bei der Bundesrunde der 52. Mathematikolympiade in Hamburg http://bildungsserver.hamburg.de/mo2013/ sogar eine Bronzemedaille und konnte so als beste Schülerin ihres Jahrgangs zum Sieg Bayerns in der Länderwertung beitragen. In den letzten Jahren steigerte sich kontinuierlich die Anzahl unserer Preisträger im Landeswettbewerb Mathematik. Besonders gefragt ist auch jedes Jahr der „Tag der Mathematik" der TU München. Und last but not least nahmen 225 Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Känguru-Tag 2013 teil.

... weil sie unheimlich viel Spaß machen kann. Otto-von-Taube-Gymnasium


Gibt es noch weitere spezielle Angebote für mathematikbegeisterte Schülerinnen und Schüler an ihrer Schule, z.B. Exkursionen oder Mathefahrten?

Als krönenden Abschluss eines Schuljahres voll mathematischer Aktivitäten gibt es seit 10 Jahren eine Mathematikfreizeit in Unterammergau. Eingeladen werden die in den Wettbewerben besonders erfolgreichen Schülerinnen und Schüler. Übernachtet wird in einem Selbstversorgerhaus. Wir beschäftigen uns dort mit Denk-, Knobel- und Wettbewerbsaufgaben. Spezieller Schwerpunkt dabei ist das Erlernen und Üben einer angemessenen Darstellung von Lösungen. Dazu kommt eine abwechslungsreiche Freizeitgestaltung, sodass die drei gemeinsamen Tage immer ein tolles Erlebnis sind.

Wirklich positiv aufgefallen ist mir der Grundwissenskatalog auf der Webseite für die 5. bis 8. Klasse. Wozu wurde er erstellt?

Ein zentrales Anliegen des neuen Lehrplans ist die Sicherung des Grundwissens. Dazu muss jedes Fach den Kernbestand seiner Inhalte herausarbeiten und nachhaltig vermitteln. Dies geschieht einerseits auf unserer Webseite, aber auch inzwischen in den Lehrbüchern. Damit haben die Schülerinnen und Schüler und deren Eltern (z.B. beim Schulwechsel aus einem anderen Bundesland) die Möglichkeiten, das benötigte Wissen zu überprüfen und zu aktualisieren.

Nun hat sich im Stundenplan der bayerischen Schüler in den letzten Jahren Etliches geändert: Weniger Mathematik-Pflichtstunden, keine 6-stündigen Leistungskurse mehr, stattdessen Intensivierungsstunden. Profitieren die schwächeren und die besseren Schüler davon? Hat sich die fachliche Qualität der Abiturienten in Mathematik durch die Schulstrukturreform in Bayern (G8 u.a.) geändert?

Die Intensivierungsstunden stellen ein Kernstück der G8-Reform dar. Dabei können Klassen in bestimmten Fächern geteilt werden und die Gruppen getrennt unterrichtet und gefördert werden. So können die Lernfortschritte jeder einzelnen Schülerin/jedes einzelnen Schülers besser berücksichtigt werden (innere Differenzierung). Auch eventuelle geschlechtsspezifische Unterschiede in Begabungen und Sozialverhalten sowie im Leistungsbereich werden ausgeglichen. Speziell in der 8. und 10. Klasse, in denen in der neuen Stundentafel nur drei Wochenstunden ausgewiesen werden, werden an unserem Gymnasium die Intensivierungsstunden als Ausgleich genutzt.

Die Qualität der Abiturientinnen und Abiturienten in Mathematik ist, wie man an den vielen Preisträgern sieht, gleich geblieben. Aus unseren Erfahrungen hier an der Schule ist das G8 mit seinen Veränderungen für die normalen und interessierten Schüler machbar.

In der Oberstufe gibt es in Bayern P- und W-Seminare. Dies kennt man aus anderen Bundesländern nicht. Was versteht man darunter? Welche interessanten mathematischen Angebote machen sie dort?

Das P-Seminar ist ein praktisches, projektorientiertes Seminar und das W-Seminar ein wissenschaftspropädeutisches Seminar. P- und W-Seminare sind 2-stündige Pflichtfächer in der Oberstufe über 1 ½ Jahre. Ziel des P-Seminars ist es, den Schülerinnen und Schülern den Start in das Berufs- und Studienleben zu erleichtern: zum einen durch Hilfe bei der Berufs- und Studienorientierung und zum anderen durch Vertiefen der im Berufsleben wichtigen Fähigkeiten im Rahmen eines fachbezogenen Projekts. Das W-Seminar dient zur Förderung des selbständigen wissenschaftlichen Arbeitens. Dazu wird unter Betreuung einer Lehrkraft von den Schülerinnen und Schülern eine schriftliche Seminararbeit verfasst, die in einer Abschlusspräsentation vorgestellt wird. Angebotene mathematische Themenbereiche waren z.B. komplexe Zahlen, Mathematische Optimierung und Approximationen.

Eine Besonderheit stellt das TUM-Kolleg (s.o.) dar. Hier besteht die Möglichkeit, über den Zeitraum von ca. einem Jahr ein individuelles kleineres Forschungsprojekt an einem Lehrstuhl der TUM durchzuführen. Die Kollegiatinnen und Kollegiaten wählen nach ihrem Interesse ein eigenes Thema aus, z.B. „Nutzung heuristischer Lösungsbeispiele im Bereich mathematisches Argumentieren: Eine Eye-Tracking Studie" oder „Erzeugung von Tönen aus Physiksimulationen".