Prof. Dr. Mark David Groves, 1968 in Großbritannien geboren, studierte Mathematik am Jesus College der University of Oxford und schloss dort sein Studium 1993 mit der Promotion ab. Im Jahr 2001 habilitierte er an der Universität Stuttgart mit einer Arbeit über die Theorie der Oberflächenwellen. 2007 wurde er dann zum Professor der Universität des Saarlandes ernannt, wo er heute Dekan der Fakultät für Mathematik und Informatik ist. Als erfahrener Organisator bot er nun seine Universität zur Ausrichtung der DMV-Jahrestagung an und realisiert die Planung jetzt mit Bravur. Stephanie Schiemann vom DMV-Netzwerkbüro Schule-Hochschule sprach mit Professor Groves.

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(Foto: privat)

Auch ein Mathematikprofessor hat irgendwann mal angefangen. Können Sie sich noch an die Ursprünge Ihrer Leidenschaft erinnern? Gab es in Ihrer Kindheit/Jugend ein Ereignis oder eine Person, die Sie auf den Mathematik-Pfad gebracht hat?
Es hat mit einer Reihe Enzyklopädien über Naturwissenschaften begonnen, die ich als Weihnachtsgeschenk erhielt. Ich fand den Inhalt faszinierend und las immer mehr Bücher darüber. Im Laufe der Zeit wurde klar, dass die mathematischen Aspekte mich besonders reizten. Parallel dazu mochte ich Teile der Kultur wie Gemälde und Mythologie, und als ich mehr über die Geschichte der Mathematik und ihre wichtige kulturelle Rolle erfuhr, entschied ich mich für ein Studium in Mathematik.

Nun sind Sie schon einige Jahre in Deutschland. Wie unterscheidet sich ein Mathematik-Studium in Deutschland im Vergleich zu Ihrer Heimat?
Trotz gegenteiliger Behauptungen ist ein Mathematik-Studium in Deutschland umfangreicher und weniger verschult als in Großbritannien. Gewisse Aspekte wie beispielsweise die klassische Vorlesung-Übung-Struktur des Studiums sind in den beiden Ländern identisch, aber in Deutschland sind die Studierenden definitiv eigenständiger. Es ist auch sehr schön zu sehen, wie Studierende sich in kleinen Gruppen organisieren und Aufgaben gemeinsam besprechen. Mathematik ist ja eine Sprache, und Sprachen muss man sprechen!

Unter Ihrer Federführung hat sich die Universität des Saarlandes für die Ausrichtung der DMV-Jahrestagung 2012 beworben. Dies hat viel mit ehrenamtlichem Engagement zu tun. Worin lag Ihre Motivation?
Es war eher ein Zufall. In Nostalgie versunken hat ein emeritierter Kollege von der DMV-Jahrestagung im Jahre 1970 in Saarbrücken erzählt. Es sei eine sehr schöne Veranstaltung in unseren damals neuen Gebäuden gewesen. Da eine umfassende Renovierung der Gebäude unmittelbar bevorstand, erschien es mir romantisch, die Jahrestagung noch einmal als Einweihungsfest für die neu renovierten Gebäude zu veranstalten. Als die Kollegen von den zwei großen Tagungen erfuhren, die ich in Großbritannien schon organisiert hatte, war mein Schicksal besiegelt!

... sie nicht nur Grundlage unserer Technologie sondern auch Teil unserer Kultur ist. Mark D. Groves


Jetzt beginnt der Endspurt bei den Vorbereitungen. Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen? Haben Sie schon genügend Anmeldungen oder möchten Sie hier noch ein paar Worte an die DMV-Mitglieder richten?

Bisher ist alles reibungslos gelaufen. Interessant war jedoch, wie zwei Drittel der Abstracts in der letzten Woche vor Einreichschluss eintrafen... Und natürlich möchte ich alle DMV-Mitglieder zur Teilnahme an der Tagung aufrufen!

Gibt es dieses Jahr Besonderheiten/Unterschiede/Neues im Vergleich zu vergangenen DMV-Jahrestagungen? Wenn ja, schildern Sie diese bitte kurz.
Wir wollen den Teilnehmern natürlich auch ein wenig vom Saarland zeigen. Auf der einen Seite finden die Emmy-Noether-Vorlesung, Mitgliederversammlung und Springer Happy-Hour am Cloef-Atrium im Kurort Orscholz statt. Dieses moderne Tagungszentrum liegt zehn Gehminuten vom Aussichtspunkt Cloef entfernt, dem berühmten Blick auf die Saarschleife, das Wahrzeichen des Saarlandes. Auf der anderen Seite findet das Tagungsabendessen in den Ausstellungsräumen der Völklinger Hütte, einer von derzeit 36 Welterbestätten der UNESCO in Deutschland, statt. Ich würde auch die erstmalige Einladung der DMV-Abiturpreisträger als schöne Neuigkeit einstufen.

Abiturpreisträger*innen fragten mich, ob die Vorträge alle auf Englisch gehalten werden und ob sie eine Chance hätten als Laien, etwas zu verstehen. Können Sie hierauf eine Antwort geben?
Auch wenn man nicht alle Details versteht, bekommt man von den Vorträgen an einer solchen Tagung ein Gefühl dafür, welche die aktuellen Forschungsthemen in der Mathematik sind. Vor allem die Hauptvorträge wurden zu diesem Zweck sehr sorgfältig ausgewählt. Es stimmt schon, dass die meisten Vorträge in englischer Sprache sind. Wenn man aber Mathematik - oder jede andere Naturwissenschaft - studieren will, wird man sehr früh mit Englisch konfrontiert. Nur ein Bruchteil der guten Lehrbücher sind in deutscher Sprache, und fast alle Forschungsartikel, die man spätestens beim ersten Seminar liest, sind auf Englisch. Es gilt also: Je früher man mit Mathematik auf Englisch anfängt, desto besser!

Es gibt auf der DMV-Tagung auch eine Studierendenkonferenz, einen Lehrertag und einen öffentlichen Vortrag. Können Sie kurz sagen, was die Teilnehmer*innen bzw. Gäste dort erwartet?
Die Studierendenkonferenz gibt Absolventen die Möglichkeit, über ihre Abschlussarbeiten vorzutragen. Preise werden für besonders gute Abschlussarbeiten und Vorträge vergeben. Bisher haben sich mehr als 40 Absolventen angemeldet. Als Lehrertag ist der zweijährliche Tag des Mathematikunterrichts im Saarland in der DMV-Jahrestagung integriert. Mit dem Thema "Medien in Mathematikunterricht" sind zwei Hauptvorträge und zwanzig Workshops geplant und etwa 200 Lehrer und Anwärter aller Schulformen werden erwartet. Der öffentliche Vortrag richtet sich an Schüler, Lehrer und alle Anderen, die sich für Mathematik interessieren. In einem Vortrag mit dem Titel "Das ist doch keine Kunst - zehn Bilder aus der Mathematik" wird Prof. Günter M. Ziegler aus der Freien Universität Berlin mindestens zehn Bilder zeigen und mehr als tausend Worte dazu sagen.

Herzlichen Dank für das Interview!