Wolfram Koepf ist Professor für Mathematik an der Universität Kassel, Schwerpunkt Computeralgebra. 2006 erschien z.B. sein Lehrbuch „Computeralgebra. Eine algorithmisch orientierte Einführung". Wolfram Koepf ist aber auch Präsidiumsmitglied der DMV. Als solches hat er das Internetportal www.mathematik.de mit großem Engagement weiterentwickelt. Aber auch die Hochschuldidaktik liegt Koepf am Herzen: Koepf ist an dem „Kompetenzzentrum Hochschuldidaktik Mathematik" beteiligt, welches von den Universitäten Kassel und Paderborn gemeinsam betrieben wird und das kürzlich feierlich eröffnet wurde. Mit Professor Koepf sprach Thomas Vogt (Medienbüro Mathematik):

Wolfram Koepf UniKassel2010 250

(Foto: privat)

Lieber Herr Professor Koepf, wie haben Sie als Jugendlicher zur Mathematik gefunden?
Ich war kein besonders guter Schüler, aber an Mathematik hatte ich immer viel Spaß. Daher fiel es mir später auch nicht schwer, mein Studienfach zu finden. Vielleicht hat mir mein Klassenlehrer der zweiten Grundschulklasse „geholfen", der gleichzeitig Rektor war und daher nach der ersten Pause oft lange nicht ins Klassenzimmer zurückkam. Ich habe in diesen Freistunden in wenigen Tagen das ganze Rechenbuch durchgearbeitet.

Was faszinierte Sie damals, was fasziniert Sie heute an der Mathematik?
Damals fand ich einfach das Rechnen spannend, weil es so logisch ist. Das Reizvollste an der Mathematik ist für mich die Allgemeingültigkeit ihrer Resultate. Der Satz des Pythagoras war vor 2.500 Jahren richtig, er ist es heute und wird es ewig bleiben. Etwas Derartiges gibt es sonst nirgends! Dies ist schon etwas ganz Besonderes! Trotz der Vielfalt der Mathematik, in der immer wieder neue Themen entstehen, arbeiten alle Mathematiker weltweit mit denselben einheitlichen Methoden.

Mit welchen Argumenten würden Sie heute einer Abiturientin/einem Abiturienten die/der gerade Abi im Fach Mathematik macht, zu einem Studium in Mathematik raten?
In einer Untersuchung des amerikanischen Jobvermittlungs-unternehmens careercast landeten die drei Berufe Mathematiker, Versicherungsmathematiker und Statistiker auf den ersten 3 Plätzen der Beliebtheitsskala, wie wir in Mathematik.de berichten konnten, also: Mathematiker sind sehr gefragt, verdienen gut, haben einen interessanten und ungefährlichen Arbeitsplatz, und auch das Anfangsgehalt kann sich sehen lassen. Wer sich für Mathematik begeistern kann und bereit ist, sich auf ein schwieriges aber interessantes Studium einzulassen, der sollte unbedingt Mathematik studieren.

Was motiviert Sie zum Ausbau des Internetportals Mathematik.de, welche Ziele verfolgen Sie/die DMV mit diesem Portal?´
Mathematik.de ist das Internetportal zum Thema Mathematik und wird von der DMV betrieben. Es ist ausdrücklich für alle an Mathematik Interessierten konzipiert: Journalisten, Schüler, Studenten, Mathematiker im Berufsleben, Vertreter von Berufsgruppen, die mit Mathematik zu tun haben und sonstige interessierte Menschen. Mathematik ist eine der wichtigsten Schlüsseltechnologien, für welche wir ein Forum bereitstellen. Auf insgesamt über 1000 Seiten findet man bei Mathematik.de viele Links, Rezensionen, Pressestimmen und immer auch aktuelle Neuigkeiten aus der Welt der Mathematik.

Welche Änderungen haben Sie konkret auf Mathematik.de vorgenommen? Welche Ideen haben Sie noch für die Zukunft?
Im Jahr der Mathematik 2008 haben wir die Seite durch einen täglich wechselnden Header und die Verwendung von Bildern visuell ansprechender gestaltet, wir haben die Rubrik „Buch des Tages" eingeführt und stellen häufiger Neuigkeiten ein. Wir wollen auf Mathematik.de in Zukunft verstärkt zeigen, was ein Mathematiker im Beruf überhaupt so macht. Es gibt ja kein einheitliches Berufbild des Mathematikers, sondern Mathematiker arbeiten in sehr vielfältigen und unterschiedlichen Aufgabenfeldern.

Sie sind Spezialist für Computeralgebra, leiten auch die gleichnamige Fachgruppe innerhalb der DMV. Was motiviert Sie, sich auch noch im Bereich Hochschuldidaktik Mathematik zu engagieren?
Die politischen Rahmenvorgaben führen zu einem heterogeneren Niveau der Studierenden, und zwar vor allem bei den Lehramt- und Ingenieurstudiengängen. Dies ist ein bundesweit zu beobachtender Trend. Wird die Studierendenquote erhöht und die Schulzeit verkürzt, ist dies auch kein Wunder. Zum Ausgleich der Defizite führen wir für unsere Studienanfänger differenzierte Mathematik-Vorkurse durch, die mit multimedialen Materialien ausgestattet wurden. Ein interessanter Effekt ist, dass die Teilnehmer eines reinen E-Learning-Kurses mit geringer Anwesenheit dabei eher besser abschneiden als die Teilnehmer der Präsenzkurse.

Was bietet das neue Kompetenzzentrum Hochschuldidaktik der Mathematik (khdm)? An welche Zielgruppe richtet es sich? Was wollen Sie und Ihre Kollegen mit dem khdm erreichen?
Das Kompetenzzentrum wird von Prof. Dr. Reinhard Hochmuth (Universität Kassel) und Prof. Dr. Rolf Biehler (Universität Paderborn) geleitet, mit denen ich bereits seit vielen Jahren das oben angesprochene multimediale Vorkursprojekt durchführe. Das Kompetenzzentrum setzt an der angesprochenen Problematik des Übergangs Schule-Hochschule an, baut auf den - vorwiegend für den Schulbereich vorliegenden - Forschungsergebnissen der Mathematikdidaktik und ihrer Bezugsdisziplinen auf und beabsichtigt, einen institutionellen Kristallisationspunkt einer neu zu entwickelnden wissenschaftlichen Domäne zu bilden, die sich durch Interdisziplinarität und einen engen Bezug zu den Lehrenden in den verschiedenen mathematikhaltigen Studiengängen auszeichnet.

Lieber Herr Koepf,  vielen Dank für das Gespräch!