Michael Gralmann ist Student der Techno-Mathematik an der TU Berlin. Neben der Mathematik hat er noch eine besondere Leidenschaft: das Zeichnen! Eher zufällig stieß er zum Mathematik-Adventskalenderprojekt des DFG Forschungszentrums Matheon; inzwischen zeichnet er alle tollen Mathe-Adventskalender-Bilder, auch die der beiden Kalender für die Mittelstufe (Klasse 4 bis 6 und Klasse 7 bis 9), herausgegeben von der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. Stephanie Schiemann vom Netzwerkbüro Schule-Hochschule sprach mit Michael Gralmann.

 

Michael Gralmann 250

(Foto: privat)

Mathematik und Kunst sind schon lange Ihre Leidenschaften. Seit wann malen/zeichnen Sie? Können Sie sich noch erinnern, wie Ihre Liebe zur Mathematik entstanden ist?
Alte Aufzeichnungen helfen mir bei der Beantwortung des ersten Teils, denn bewusst erinnern kann ich mich nicht mehr. Einige erhaltene Bilder belegen dank Notiz auf der Rückseite aber, dass ich die ersten Buntstifte, wie viele Kinder schon mit ungefähr drei Jahren in die Hand genommen, sie seitdem aber auch nie mehr ganz weggelegt habe und höchstens mal zeitweilig gegen andere Malwerkzeuge eingetauscht habe.
Die Mathematik begegnete mir natürlich erst einige Zeit später. Vorerst war es auch nur eines von mehreren Schulfächern. Erst auf dem weiteren Schulweg entstand ein gewisses Faible, als ich mitbekommen habe, dass noch mehr dahinter steckt als pures Rechnen, Formeln und Probieren-bis-es-klappt. Es gab insofern auch keinen bestimmten Zeitpunkt; je mehr ich von der Mathematik gesehen habe, desto stärker stieg das Interesse.

Von der Bleistiftzeichnung hin zum Cartoon. Wie kam es dazu?
(lacht) Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was in meinem Fall zuerst da war. Ich erinnere mich noch dunkel, die ersten zusammenhängenden Bildchen, die so was wie einen Comic ergaben, habe ich schon in der 5. Klasse hervorgebracht, hauptsächlich aus Spaß, denn das war in Kooperation mit einem guten Freund - die Story wurde abwechselnd fortgesetzt.
Später waren kleine Cartoons, oft gut für einen Lacher - ich will an dieser Stelle nicht zum Nachahmen ermuntern, aber solche Sachen waren meist während des Unterrichts schnell auf einen kleinen Zettel gekritzelt und unbemerkt herumgereicht (um mich etwas zu entlasten: das waren meistens nur Schulfächer wie Deutsch, nie im Mathematik-Unterricht!). „Positives Feedback" verleitet dann dazu, diese Nebenbeschäftigung stetig fortzuführen.

Nun zeichnen Sie schon einige Zeit Bilder für die Mathematik-Adventskalender. Wir kam es dazu?
Ja, das vergesse ich nie. Die Frage, ob ich denn könnte, kam über drei Ecken an mich heran. Katja Biermann, die damals den MATHEON Mathematik-Adventskalender organisierte, hatte selbst auch ein Rätsel beigesteuert und brauchte dafür noch eine nette Grafik. Da ich die oben genannte Marotte wohl noch irgendwie mit ins Studium geschleift habe und eine Kommilitonin ausgerechnet studentische Hilfskraft beim MATHEON war, kam die entsprechende Anfrage glücklicherweise bis zu mir durch.
Zwei Jahre später fiel unverhofft die Grafikerin aus, die sonst immer die weihnachtlichen Bilder zum Kalender gezeichnet hatte. Ich schätze, dass ich schon einen halben Fuß in der Tür hatte, denn man kam darauf, mich zu fragen, ob ich diesmal nicht den gesamten Kalender illustrieren könnte. 2010 kam ich interessanterweise aus demselben Grund dazu, mich an der Gestaltung der beiden Adventskalender der DMV beteiligen zu können, da in diesem Bereich Verstärkung nötig war. Seitdem durfte ich jedes Jahr wieder vor der Adventszeit jede Menge Wichtel, Rentiere und Weihnachtsmänner malen. Es war also schon auch eine gehörige Portion Glück dabei.

... sie hinter den Kulissen so oft die Fäden in der Hand hat. Michael Gralmann


Beschreiben Sie doch bitte, worin für Sie die Herausforderung bei den Mathe-Cartoons besteht? Also allgemein und für den Mathekalender...

Allgemein besteht die Herausforderung darin, eine angemessene Qualität zu bieten. Malen und Zeichnen war nie mehr als nur ein Hobby (und ist es eigentlich immer noch), aber eben konstant und mit Spaß betrieben. Als ich dann gefragt wurde, ob ich denn Lust hätte, den Mathekalender zu bebildern, war da schon der Gedanke, ob ich erst mal qualitativ überzeugen kann, verglichen mit jemandem, der mit Zeichnen sein Geld verdient und den ganzen Tag nur malt. Im „wahren Leben" bin ich eben Mathematik-Student.
Speziell bei den Cartoons für den Mathekalender zieht sich von Anfang an wie ein roter Faden durch die Bilder, dass ich nicht einfach nur so einen grinsenden Weihnachtselfen, zwei Geschenke und eine Tanne dahin klatsche. Als Anspruch an mich selbst will ich immer einen Bezug zum jeweiligen Matherätsel nehmen (die Autoren und das Team vom Mathekalender leisten damit ihren Textvorlagen hervorragende Arbeit); kurz gesagt, ich will nach Möglichkeit immer auch Witz in die Sache bringen. Im Kontext der Rätsel sollen sie ruhig lustig sein, ich denke das macht die Sache auch interessanter für manchen Knobelfreund. Dabei wird mal die Story des Rätsels selbst aufs Korn genommen, mal Bezug auf den mathematischen Kontext genommen oder mal mit Anspielungen experimentiert.

Das Zeichnen ist nur Ihr Hobby, hauptberuflich studieren Sie Techno-Mathematik. Können Sie uns ein wenig davon erzählen? Was ist das Besondere an diesem wenig bekannten Studiengang?
Weit rumgesprochen hat sich der Studiengang wirklich noch nicht. Meistens weiß keiner was damit anzufangen, dem ich davon erzähle.
Dabei ist das, was dahinter steckt, nicht übertrieben spektakulär oder sonst wie befremdlich. Ich weiß noch ungefähr, wie das entsprechende Studienheft dem Leser damals gleich im Einleitungstext Technomathe schmackhaft machen wollte. „Interdisziplinär" und „schließt Lücken zwischen Mathematik und Ingenieurswissenschaften" waren die Formulierungen, wenn ich mich richtig erinnere.
Das haut auch alles ziemlich gut hin. Wer Technomathematik an der TU Berlin studiert, deckt quasi drei große Gebiete gleichermaßen ab - ein Drittel Mathematik, ein Drittel Informatik und ein Drittel stellt die technische Ausrichtung dar (beim letzten Drittel bieten sich gerade an der TU enorm viele Möglichkeiten). Wem ein reines Studium der Mathematik nicht zusagt, z.B. weil man ein anderes Interessengebiet im kleinen Nebenfach dieses Studiengangs nicht ausreichend verfolgen kann, oder die Lehramts-Variante auch nicht zusagt, findet mit Technomathe u.U. das, was er sucht. Ich z.B. habe Technomathe genau wegen des vergleichsweise größeren Schwerpunkts Informatik gewählt.
Ich habe auch schon das kritische Argument gehört, dass man mit diesem Studiengang halt viel Verschiedenes belegt und lernt, aber nichts davon so tiefgründig wie jemand, der das einzelne als Fach studiert.
Für den mathematischen Teil stimmt das nicht. Man wählt einen Hauptschwerpunkt unter den vielen mathematischen Gebieten, den ein Mathematikstudent gleichermaßen belegen würde. Die Abschlussarbeiten unterscheiden sich auch nicht unbedingt. Nur die informatischen und technischen Aspekte sind Fächer, die Bachelor und Masterstudenten aus diesen Studiengängen auf ihrem Weg zum Abschluss besuchen. Von dort nimmt man als Technomathestudent „nur" das Wissen mit, ohne gleich z.B. auf dem Stand eines M.Sc. der Elektrotechnik zu sein. Aber darum geht es auch nicht.
Hauptaugenmerk bleibt der mathematische Teil, kombiniert mit tieferen Kenntnissen der Informatik und einem Ingenieursfach.

www.mathekalender.de
Weitere Mathekalender-Bilder von Michael Gralmann finden Sie im Archiv der Mathematik-Adventskalender vom Matheon und von der DMV auf den jeweiligen Internetseiten.