Die 29-jährige Diplom-Mathematikerin Carla Cederbaum promoviert derzeit am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut, AEI). Sie beschäftigt sich schon länger mit vielfältigen Beziehungen zwischen Mensch und Mathematik und trägt dazu bei, dass mehr Menschen die unglaublichen Möglichkeiten der Mathematik kennen- und schätzen lernen. Im Juni 2009 hat sie gemeinsam mit Dr. Elke Müller (AEI) mit dem mathematisch-physikalischen Messestand „Von Newton zu Einstein - eine Reise durch Raum und Zeit" den Publikumspreis „Wissenschaft interaktiv" gewonnen. Das Presigeld von 10.000 Euro setzt sie jetzt mit ihrem Team ein, um ein Mathe-Lernspiel für 5.- und 6.-Klässler zu entwickeln. Im Oktober bietet sie zur Ausgestaltung dieses Spiels in Berlin eine Fortbildung an, zu der sie, rund um die Schule, alle einlädt. Bis zum 15.9.2010 können Sie noch anmelden (s.u.). Stephanie Schiemann vom DMV-Netzwerkbüro sprach mit ihr über ihre vielfältigen mathematischen Aktivitäten.

 

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(Foto: Ilja Hendel für Wissenschaft im Dialog)

Liebe Frau Cederbaum, welches war Ihr erstes mathematisches Erlebnis?
Als ich zwei oder drei Jahre alt war, bekam ich eine Dose mit Löchern im Deckel geschenkt. Ein Loch war rund, eines quadratisch und eines länglich. Dazu gab es Bauklötze in entsprechender Form, die man durch die Löcher stecken sollte. Das hab ich immer wieder hingebungsvoll getan - am Anfang mit viel Ausprobieren, später mit System. Erst als ich das Prinzip vollkommen verstanden hatte, fand ich die Dose langweilig und schenkte sie meiner kleinen Schwester.

Sagen Sie bitte in wenigen Worten, warum Sie sich seit langem so sehr für die Mathematik engagieren?
Weil mir Mathematik viel Spaß macht und ich es traurig finde, dass so viele Menschen keinen Zugang zu ihr finden. Das möchte ich ändern.

Sie haben bereits ein populäres Mathematik-Buch geschrieben und einen Sammelband herausgegeben. Erzählen Sie uns bitte kurz, worum es in Ihren Büchern geht?
Das Buch, das ich herausgegeben habe, heißt „Ein Moment für Mensch & Mathematik". Es ist ein Sammelband mit historischen, philosophischen, literaturwissenschafltichen und anderen Perspektiven auf die Mathematik. Außerdem enthält das Buch Interviews mit bekannten Persönlichkeiten und die schönsten Aufsätze aus dem Schreibwettbewerb „Mein schönstes Erlebnis mit Mathematik".
Das andere Buch heißt „Wie man einen Schokoladendieb entlarvt... und andere mathematische Zaubertricks". Darin werden altbekannte und neu entwickelte mathematische Zaubertricks ausführlich erklärt und die Leserinnen und Leser zum Mitdenken eingeladen.

... sie vorurteilsfreies Denken lehrt und dabei wunderbare neue Perspektiven eröffnet. Carla Cederbaum


Als junge Studentin haben Sie sich bereits für eine Erneuerung des Mathematikstudiums eingesetzt. Dabei lag ihr Interesse insbesondere darauf, den Frauen den Einstieg in das Mathematikstudium zu erleichtern. Nehmen Sie bitte kurz dazu Stellung.

Viele Schülerinnen und Studentinnen trauen sich in puncto Mathematik sehr wenig zu, obwohl sie einiges können. Hier helfen meiner Meinung nach weibliche Vorbilder, z.B. in Form von Mentorinnen. Diese zeigen dann am lebendigen Beispiel, dass auch Frauen Mathematik können und es sich lohnt, ein Mathestudium auszuprobieren.

Heute halten Sie mathematische Vorträge und leiten Workshops zu verschiedenen Themen. Worum geht es dabei?
Um verschiedene aktuelle und zeitlose Themen aus der Mathematik, zum Beispiel um Prüfziffern bei ISBN-Codes, die berühmte Poincaré-Vermutung oder um mein Promotionsthema, die Allgemeine Relativitätstheorie. Am liebsten lasse ich die 'Zuhörer' aber aktiv werden und selbst zaubern, knobeln und nachdenken.

Ihr aktuelles Projekt befindet sich gerade in der heißen Phase. Worum geht es?
Gemeinsam mit mehreren Kolleginnen entwerfe ich ein Mathematik-Lernspiel für Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klasse. Das Spiel kann im Schulunterricht oder zu Hause gespielt werden und soll kostenlos im Internet zum Download bereit gestellt werden. Zu diesem Spiel bieten wir auch ein Seminar an, das als Lehrerfortbildung anerkannt ist. Teilnehmen werden auch Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 und 6, Lehramtsstudentinnen und -studenten, Referendarinnen und Referendare. Anmeldungen werden bis zum 15.9.2010 entgegengenommen.

Was war ihr schönstes „mathematisches Erlebnis" mit Schülerinnen und Schülern?
Vor ein paar Monaten habe ich beim Girl's Day eine Gruppe Schülerinnen ein mathematisches Experiment durchführen lassen. Ein 16-jähriges Mädchen war sehr skeptisch, ob das Experiment Spaß machen könnte, hat sich dann aber doch zum Mitmachen überreden lassen. Nach dem Experimentieren sagte sie:
„Ich bin froh, mitgemacht zu haben. Mathe ist ja richtig spannend und man kann so viel selbst nachdenken! Wo finde ich mehr solche tollen Mathe-Experimente?" Sie hatte Feuer gefangen.