Elke Warmuth engagiert sich seit über 10 Jahren für den mathematischen Nachwuchs an Berliner Gymnasien. Mit der promovierten Mathematikerin sprach Thomas Vogt vom Medienbüro Mathematik der DMV:

warmuth

(Foto: privat)

Liebe Frau Warmuth, was war ihr erstes mathematisches Erlebnis?
Das ist vielleicht jetzt kein mathematisches Erlebnis, aber es hat etwas mit Mathematik zu tun. Als ich in der 10. Klasse war, absolvierte unser Mathelehrer ein Zusatzstudium und erzählte uns, dass er Mathematikbücher lesen müsse und manchmal mehrere Tage brauche, um wenige Seiten zu verstehen. Da ich ihn für einen guten Lehrer hielt, war das für mich unfassbar. Rückblickend sagt es etwas darüber aus, welch einseitiges Bild von Mathematik der Unterricht womöglich vermittelt.
 
Sagen Sie bitte in wenigen Worten, worin für Sie heute die Faszination der Mathematik besteht?
Faszinierend finde ich einerseits die der Mathematik innewohnende Logik und Sicherheit und andererseits die Tatsache, dass es möglich ist, auch zufällige Phänomene mit mathematischen Modellen zu beschreiben.
 
Sie engagieren sich seit über 10 Jahren für den mathematischen Nachwuchs an Berliner Gymnasien. Was war, was ist Ihre Motivation dafür?
Die Motivation war und ist immer dieselbe: Schülerinnen und Schüler mit Interesse für Mathematik sollen im Unterricht und darüber hinaus gefordert und gefördert werden und der Übergang von der Schule zur Universität soll möglichst kontinuierlich sein. Das heißt, dass Mathematikunterricht die Mathematik exemplarisch in ihrer Vielfalt, Vernetzung und Offenheit zeigen muss und Schülerinnen und Schülern Gelegenheit und Zeit für vielfältige typisch mathematische Tätigkeiten geben muss.

... ohne Mathematik (fast) nichts geht.                Dr. Elke Warmuth


Was hat es mit dem „Berliner Netzwerk mathematisch-naturwissenschaftlich profilierter Schulen" auf sich?

Es ist ein Netzwerk aus vier Berliner Gymnasien, das zum Zwecke der Förderung des mathematischen Nachwuchses eng mit dem Institut für Mathematik der Humboldt-Universität zu Berlin zusammenarbeitet. Wichtige Elemente der Kooperation sind: Unterricht nach modifizierten Rahmenlehrplänen, die Anerkennung von besonderen Schulleistungen als Studienleistungen, die Abordnung von Mathematiklehrern an die Universität, die Sommerschulen „Lust auf Mathematik".
 
Was verbirgt sich hinter der Sommerschule „Lust auf Mathematik"?
In den Sommerschulen arbeiten Schülerinnen und Schüler der Netzwerkschulen in Gruppen von 6 bis 7 Personen unter Anleitung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität eine Woche lang an je einem mathematischen Thema, das Bezug zum Schulstoff hat, aber darüber deutlich hinausweist. Sie müssen Inhalte selbstständig erarbeiten, miteinander kommunizieren, einen Vortrag vor dem Plenum halten und über die Arbeit in einem mathematischen Text berichten, also eine ganze Reihe wissenschaftlicher Arbeitsweisen anwenden. Sie verbringen aber auch gemeinsam die Freizeit in einer wunderbaren Umgebung. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind die ganze Woche vor Ort und stehen als Gesprächspartner zur Verfügung, ebenso wie Lehrerinnen und Lehrer der Netzwerkschulen, die den Teilnehmerkreis vervollständigen und damit eine weitere Brücke zwischen Schule und Hochschule schlagen helfen.
 
Was war ihr schönstes Erlebnis im Verlauf Ihrer langjährigen Tätigkeit für die Berliner Schülerinnen und Schüler?
Es fällt mit schwer, ein einzelnes Erlebnis aus den vielen schönen herauszugreifen. Ich möchte eine Gruppe von Erlebnissen nennen. Besonders schön ist es für mich immer, wenn sich Schülerinnen und Schüler im Laufe der Zeit von guten Rechnern zu guten Denkern entwickeln, die bereit sind, sich auf Probleme einzulassen, mathematisch zu argumentieren, zu begründen und zu beweisen, auch zu rechnen, und sich bis zu einer Lösung durchzuarbeiten, die am Anfang weit weg schien. Ich denke, dass Mathematiklehrerinnen und -lehrer Schülerinnen und Schülern in dieser Beziehung mehr zutrauen sollten.