mathematische kriminalgeschichten

Unberechenbar
Mathematische Kriminalgeschichten

Kristine Al Zoukra, Rudolf Kellermann, Forschungszentrum Matheon (Hrsg.)

Westkreuz-Verlag; Auflage: 1. (11. Dezember 2014), Taschenbuch, 14,90 €

ISBN-10: 3944836189
ISBN-13: 978-3944836188

Mathematische Kriminalgeschichten? Was kann man sich darunter vorstellen? Wohl wird in Krimis – man denke etwa an die über Sherlock Holmes (Arthur Conan Doyle) oder Hercule Poirot (Agatha Christie) – oft die Logik gebraucht, ja manchmal gar arg strapaziert. Und Logik ist selbstverständlich auch grundlegend für die Mathematik – aber Mathematik in solchen Geschichten? Können mathematische Überlegungen kriminalistischen Spürsinn beflügeln?

Dieses Buch enthält Ergebnisse eines Wettbewerbs, den das bekannte Institut Matheon in Berlin im Jahre 2013 anlässlich des Berliner „Krimi-Marathon“ (eine Lesereihe) ausgeschrieben hat. Neben der Forschungsförderung ist eines der Ziele des Matheon, das Image der Mathematik in Schule und Öffentlichkeit zu verbessern. Dazu hat es schon eine Reihe vielbeachteter Aktivitäten entfaltet, z. B. die Schülerwettbewerbe zur Adventszeit (über die auch Bücher veröffentlicht wurden). Hier in diesem Wettbewerb wurden Autoren gesucht, die Kurz-Krimis (maximal 10.000 Zeichen) einreichen sollten, die Mathematisches enthalten mussten! Der Erfolg: 136 Geschichten gingen ein, die besten 29 sind in diesem Buch veröffentlicht, darunter die der drei Preisträger.

Einige Beispiele sollen die Vielfalt der Einfälle zeigen. Von den drei preisgekrönten gefällt mir am besten die von Dieter Creutzburg, einem ehemaligen Mathematiklehrer. Es geht in der Geschichte um die Goldbachsche Vermutung (die bekanntlich bis heute unbewiesen ist): Ein vom berühmten EULER aufgeschriebener Beweis landet schließlich bei der Verfolgung des Diebs in der Spree und ist damit für immer verloren. Die allerkürzeste Geschichte erzielt auf der zweiten Seite ihren witzigen Knalleffekt beim Dividieren durch Null.

In einer anderen hat ein Mathematik-Professor seinen Assistenten bestohlen, der das Milleniumproblem der Navier-Stokes-Gleichungen gelöst hat. Er wird durch das Entziffern einer geheimen Nachricht enttarnt, leider wird das aber nur am Rande zum Thema gemacht, so hat der Autor die Chance einer spannenden Beschreibung der Dechiffrierung verschenkt.

Eine schöne Idee steckt in dem Thema, dass ein Schriftsteller einen Krimi schreiben will, in dem die Mathematik im Mittelpunkt stehen soll. Da werden die Mathematiker-Streits von Leibniz/Newton und Einstein/Hilbert sowie der Russe Perelman erwähnt. Die Idee finde ich originell und sie wird von dem Autorenteam witzig umgesetzt, Mathematik aber kommt nicht weiter darin vor.

Auch einige andere Krimis sind durchaus pfiffig. Da tauchen u. a. Primzahlen, Fibonacci-Zahlen, Wahrscheinlichkeitsrechnung, das Ziegenproblem und logische Rätsel auf. Eine Geschichte („Integralkrimi“) enthält sogar mathematische Herleitungen – aber eine gute Kriminalgeschichte ist da herum nicht entstanden. Bei anderen wiederum ist der Fall besser geschrieben – es wird richtig Spannung aufgebaut -, dafür ist der mathematische Gehalt denn recht marginal. So beschränkt sich dieser bei einigen Stories im wesentlichen darauf, dass ein Mathematiker – als Verbrecher oder Opfer – die Hauptrolle spielt.

Übrigens haben ein Drittel der Autoren Mathematik studiert, mehr als die Hälfte ist schon mit anderen literarischen Veröffentlichungen aufgetreten.

Rezension: Hartmut Weber (Kassel)