bilder der mathematik

Bilder der Mathematik

Georg Glaeser, Konrad Polthier
Verlag: Springer Spektrum; Auflage: 2. Aufl. 2010. Nachdruck 2014 (27. August 2014), 24,99 €

ISBN-10: 3662434164
ISBN-13: 978-3662434161

Es folgen die Rezensionen von Mark Krüger, Thomas Sonar und Hans Havlicek


„Ein Bild ist kein Beweis“. Dieser aus Anfängervorlesungen bekannte Satz ist tief im mathematischen Denken verankert. Dabei ist Mathematik mehr als nur Beweis, und das Bild mehr als nur Abbildung. Das Bild ist vor allem aber Veranschaulichung.
Dieses Buch steht in der noch jungen Tradition für die vielen erfolgreichen Ansätze von Mathematikern, Mathematik in die Öffentlichkeit zu vermitteln. Bilder sind dafür unverzichtbares Hilfsmittel. Ein Blick auf das Portal des DFG Forschungszentrums MATHEON (www.matheon.de) lohnt sich daher immer.

Mit mehr als 1000 Bildern auf über 300 Seiten in 15 Kapiteln und aus einigen Dutzend mathematischer Disziplinen ist dieses Buch ausgestattet mit allem, was man braucht, um einen starken optischen Eindruck auch bei Nichtmathematikern zu hinterlassen. Es finden sich neue alte Veranschaulichungen bekannter Themen wie Polyeder, Kegelschnitte, natürlich Möbiusbänder (dem neuen Logo der DMV!), algebraische Flächen (wie in der Kopfzeile von www.mathematik.de) aber auch Borromäische Ringe (drei ineinanderverschlungene Ringe), dem Logo der International Mathematical Union (www.mathunion.org). Dabei stellen vermeintlich bekannte Visualisierungen oft unerwartete Verbindungen her etwa wie das Pascalsche Dreieck zum Sierpinski-Dreieck. Die Veranschaulichung von Problemen und Lösungen eigentlich bildferner Gebiete ausserhalb der klassischen Gebiete wie Geometrie, Topologie oder Graphentheorie ist ein besonderes Verdienst dieses Buches.
Darüber hinaus eröffnet es einen grossen neuen Zugang zu vielen aktuellen Problemen aus speziellen Disziplinen, die auch dem Mathematiker ausserhalb seines eigenen Spezialgebietes verborgen geblieben sind.

Und doch bleibt dieses Buch nicht bei dem Bild stehen. Jede Doppelseite enthält weitgehende Quellen in Form von Links, Buch- und Artikelverweisen zur weiteren Vertiefung. Eine eigene Homepage findet sich auf www.math-image.de.
Die Materialfülle sollte jedem Leser neue Horizonte erschliessen. Entweder, weil er über unbekannte Fragen vorher noch nicht nachgedacht hat (Hört man Trommeln ihren Klang an? - Gibt es einen optimalen raumpackenden Schaum? - Kann man einen 4-dimensionalen Würfel konstruieren? - Gibt es ein konvexes Stehaufmännchen ohne Gewichte und wie sieht es aus?). Oder, weil er sich bekannte Fragen auf diese Weise noch nicht gestellt hat (Wie sieht ein Algorithmus für minimalspannende Bäume aus? - Gibt es Irrfahrten, die ans Ziel kommen? - Wie sehen formstabile Wellen aus?).

Die Verwendung des Buches sehe ich in (nahezu) allen Lebensbereichen: Von der frühen Beschäftigung mit Bildern bei Kindern, Heranführung an die Mathematik und erste komplizierte Fragen in der Schule, Erweiterung des mathematischen Horizonts im Studium, und nicht zuletzt für den interessanten Zeitvertreib (will sagen für Bus und Bahn oder den Nachttisch).

Das Buch weist gleichermassen den Weg in Richtung auf ein modernes Bildlexikon der Mathematik wie man es heute in gedruckter Form und mit aktuellen Inhalten leider noch vermisst. Ein aussichtsreicher Kandidat dafür hat sich mit diesem Buch aber heute schon gefunden.

Die Frage „Büchlein, Büchlein in der Hand, was ist das schönste Bild im ganzen Band?“ muss wohl jeder Einzelne für sich entscheiden – man wird viel Freude bei der Suche nach einer Antwort haben.

Rezension: Mark Krüger


 
Was geschieht, wenn zwei an Kunst interessierte Mathematiker zusammenkommen? Ein wunderbares Buch über Mathematik als Kunst oder Kunst in der Mathematik entsteht! Seit ihrem Bestehen ist die Computergraphik eine von der Mathematik durchdrungene Wissenschaft, die durch die rasante Entwicklung der Rechner und ihrer Graphikkarten in Bereiche unglaublicher Komplexität vorgedrungen ist. Für die Anwendungen der Computergraphik in der Mathematik ist dabei nicht nur eine ästhetische Komponente von Bedeutung, sondern Bilder können auch echte „Aha!“-Erlebnisse auslösen und zum Verständnis erheblich beitragen. Die Autoren zitieren daher auch in ihrer Einleitung die altbekannte, aber nichtsdestoweniger richtige Schulweisheit: „Von der Lösung keine Spur, dann zeichne eine Hilfsfigur“. Der vorliegende Band ist voll von solchen „Hilfsfiguren“, und zwar aus Bereichen, die kreuz und quer im Reich der Mathematik verteilt sind. Die Themen, die auch die 15 Kapitel des Buches bestimmen, sind Polyedrische Modelle, Geometrie in der Ebene, Alte und neue Probleme, Formeln und Zahlen, Funktionen und Grenzwerte, Kurven und Knoten, Geometrie und Topologie von Flächen, Minimalflächen und Seifenblasen, Parkette und Packungen, Raumformen und Dimensionen, Graphen und Inzidenzen, Bewegliche Formen, Fraktale Mengen, Landkarten und Abbildungen, sowie Formen und Verfahren in Natur und Technik. Die Darstellungsformen reichen von einfachen Graphen (im Kapitel über Funktionen und Grenzwerte) bis hin zu komplexen 3-D-Darstellungen wie etwa bei der Raumkollineation im Kapitel über Landkarten und Abbildungen und selbst die Doppelseite „Verrückte Formeln der Kreiszahl π“ ist nicht bildfrei. Die erläuternden Texte sind knapp aber stets sehr verständlich. Jeder Beitrag wird von Referenzen auf Literatur oder Internetquellen begleitet, so dass man das Buch auf (mindestens) zwei verschiedene Arten lesen kann: Entweder als entspannende Lektüre im „Stöbermodus“, oder aber als Startpunkt für einen Ausflug in Teilbereiche der Mathematik, die man schon immer mal kennenlernen wollte.

Das Buch macht mir, der ich im bourbakistischen Geiste des sich kein Bild machen Dürfens erzogen wurde, wieder einmal klar, dass die Mathematik eine sehr „visuelle“ Wissenschaft ist und wieviel an Einsicht man schon gewinnen kann, wenn man „genau hinschaut“. Selbst mein verehrter, inzwischen verstorbener blinder Lehrer Helmut Epheser verwendete die Frage: „Sehen Sie das, meine Damen und Herren?“, selbst wenn er als Blinder unter Sehenden der Einzige schien, der wirklich ein klares Bild „vor Augen“ hatte. Von solchen klaren Bildern zeigt das vorliegende Buch eine große Fülle. Der Verlag hat das Buch mit festem Glanzpapier ausgestattet, auf dem die Bilder hervorragend zur Geltung kommen, aber leider die Bilder der vorhergehenden Seite teilweise ganz leicht durchscheinen. Das fast quadratische Format des Buches gibt auf jeder Seite viel Raum für die Bilder. Das Buch ist sowohl dazu geeignet, Jugendliche für Mathematik zu begeistern, als auch den Mathematik-Profis ein paar neue Einblicke zu geben. Für Lehrerinnen und Lehrer sollte das Buch ein Füllhorn sein und ab und zu gibt es auch durchaus Ideen für Aufgaben. Es ist einfach ein wundervolles Buch das keine Wünsche offen läßt, zumal die zahlreiche Literaturhinweise zum Weitermachen animieren.

Rezension: Thomas Sonar, Braunschweig

Quelle: Springer Verlag, Mathematische Semesterberichte, April 2010, Band 57, Heft 1, S. 152
Mit freundlicher Genehmigung des Verlags


 
Das vorliegende Werk wurde 2008 erstmals publiziert. Schon im Jahre 2010 erschien auf Grund der günstigen Aufnahme eine erweiterte zweite Auflage. Diese liegt nunmehr in Form einer vollständig durchgesehenen und korrigierten Softcover-Ausgabe vor.

Die erste Auflage des Buches hat Herr Sonar in dieser Zeitschrift ausführlich besprochen und gewürdigt; vgl. dazu Heft 57 (2010), 152–153. Die Unterschiede zur aktuellen Ausgabe sind nicht allzu groß. Nach wie vor ist der Text in 15 Kapitel gegliedert: Polyedrische Modelle, Geometrie in der Ebene, Alte und neue Probleme, Formeln und Zahlen, Funktionen und Grenzwerte, Kurven und Knoten, Geometrie und Topologie von Flächen, Minimalflächen und Seifenblasen, Parkette und Packungen, Raumformen und Dimensionen, Graphen und Inzidenzen, Bewegliche Formen, Fraktale Mengen, Landkarten und Abbildungen, Formen und Verfahren in Natur und Technik. An manchen Stellen wurden kleine Umgruppierungen vorgenommen. Es wurden auch Illustrationen der früheren Auflage durch neues Bildmaterial ersetzt, wie etwa auf Seite 290 (Gebietseinfärbungen), wo nun allerdings eine für den Geschmack des Referenten eher schrille Farbgebung auf das nach wie vor erstklassige, sorgfältig und geschmackvoll erstellte Gesamt-Layout trifft. Auf insgesamt 17 Seiten finden sich eine Reihe von neu hinzugekommenen Themen. Einige davon seien im Folgenden genannt: Bézierkurven und Splines, Die Laterne von Schwarz, Verwobene Flächen und verbundene Löcher, Gruppentafeln und besondere Untergruppen, Indiras Perlen, Das Behälterproblem.

Die Autoren zitierend richtet sich das Werk an „alle Freunde der Mathematik, die nicht nur trockenen Text und endlose Formeln sehen wollen. Vom Schüler bis zum Lehrer, vom Studenten bis zum Professor.“ In der Tat! Hier liegt ein Buch für alle jene vor, denen die Begeisterung für und das Verständnis von Mathematik am Herzen liegen. Wie das Buch eindrucksvoll zeigt, können dabei zielgerichtet erstellte Illustrationen wie eine Art Katalysator wirken. Sicherlich vermag das Buch mathematische Laien anzusprechen, und es leistet so einen wichtigen Beitrag zur Propagierung unseres Faches. Es wäre aber völlig falsch, das Werk alleine als ein populärwissenschaftliches „Bilderbuch der Mathematik“ anzusehen. Denn die vielen eindrucksvollen Bilder kommen immer gepaart mit kurzen, aber prägnanten Erklärungen und sorgfältig recherchierten Literaturhinweisen, welche zu weiterem Studium und vertiefter Behandlung der vorgestellten Themen einladen. An vielen Stellen finden sich auch nützliche Querverweise auf Ressourcen im Internet. Insgesamt untermauert dieses schöne Buch die Gültigkeit einer uns allen vertrauten Redensart: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte!

Quelle: Springer Verlag, Mathematische Semesterberichte, April 2015, Band 62, Heft 1
Mit freundlicher Genehmigung des Verlags

Rezension: Hans Havlicek (Wien)