mit geogebra mehr mathematik verstehen

Mit GeoGebra mehr Mathematik verstehen
Beispiele für die Förderung eines tieferen Mathematikverständnisses aus dem GeoGebra Institut Köln/Bonn

Rainer Kaenders, Reinhard Schmidt
Springer Spektrum; Auflage: 2., erw. Aufl. 2014 (6. Mai 2014), 24,99 €

ISBN-10: 3658042214
ISBN-13: 978-3658042219

Es folgen die Rezensionen von: H. Weber und H. Stoppel


Die frei zugängliche Software Geogebra hat eine äußerst erfolgreiche Entwicklung hinter sich. Im Jahre 2005 erstmals ins Internet gestellt, gibt es sie inzwischen in über 50 Sprachen auf der ganzen Erde. Zu den Modulen der dynamischen Geometrie (in der Ebene), dem Funktionenplotter und der (numerischen) Algebra ist mit der Zeit noch eine Tabellenkalkulation und schließlich eine (symbolische) Computeralgebra (CAS) hinzugekommen. Zur Zeit laufen die Arbeiten an einer Implementation der Geometrie im Raum, die in der Version 5 veröffentlicht werden soll.

An den mathematischen Instituten dreier deutscher Universitäten gibt es inzwischen sogenannte Geogebra-Institute, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, den sinnvollen Einsatz der Software GeoGebra im Unterricht zu fördern und zu optimieren. Das Kölner Institut ist für die Herausgabe dieses Buches verantwortlich. Von dessen Internetseite können alle im Buch besprochenen Applets heruntergeladen werden.

Als Einstiegskurs für den Geogebra-Anfänger ist dieses Buch nicht geeignet. (Wer dafür Hilfe sucht, kann im Internet viele Materialien finden, z. B. http://www.geogebra.org/book/intro-de.pdf). Hier hingegen soll – wie dem Untertitel zu entnehmen ist – ein „tieferes Mathematikverständnis“ gefördert werden. So werden denn auch in den zehn Kapiteln Beispiele vorgestellt, die nicht zum Standardinhalt des Mathematikunterrichts gehören.

Drei Kapitel sind der Geometrie bzw. Algebra der Mittelstufe zuzuordnen, drei weitere der Analysis und eines der Stochastik der Oberstufe. In einem weiteren wird ein Optimierungsproblem aus der Wirtschaftsmathematik („In welche Aktien soll ich investieren?“) behandelt – spannend, aber für den „normalen“ Unterricht in der Regel außerhalb des Zeitbudgets. Dasselbe gilt für die faszinierende Thematik von fraktaler Geometrie und Chaostheorie (Feigenbaum-Diagramm): Die vor 20 Jahren erschienenen Bücher von Peitgen u. a. (heute nur noch antiquarisch zu bekommen) sind die Grundlage für diesen Artikel mit vielen Materialien und Geogebra-Applets. Der letzte Abschnitt über Darstellung von Funktionen durch Nomogramme und Höhenlinien dürfte am weitesten von der Unterrichtspraxis entfernt sein. Ein wenig mehr über den Inhalt einiger Kapitel kann man in der Rezension der 1. Auflage dieses Buches nachlesen.

Das „tiefere Mathematikverständnis“ von schulmathematischen Inhalten ist für Studenten (insbesondere für das Lehramt) sehr zu empfehlen. Auch Lehrer finden hier interessante Varianten zu herkömmlichen Unterrichtsthemen. Für den alltäglichen Unterricht allerdings, der oft doch unter Zeitmangel leidet und zudem durch zentrale Abiturprüfungen ein Abweichen von den kanonisierten Inhalten nur schwer zulässt, dürften die meisten Vorschläge jedoch nicht unterrichtsrelevant werden.

Rezension: Hartmut Weber (Uni Kassel)


 

Der Buchtitel des von Rainer Kaenders und Reinhard Schmidt herausgegebenen Buches stellt hohe Erwartungen an das Buch. Wie auf Seite 9 erwähnt, werden in „diesem Buch [...] Wege gesucht, die [...] neuen Möglichkeiten an ausgewählten Beispielen vorzuzeigen“.

Das Buch enthält Beispiele für den möglichen Einsatz von GeoGebra im Mathematikunterricht der Sekundarstufen I und II. Dabei liegen in einzelnen Fällen sogar Beschreibungen von Unterrichtseinheiten inklusive Arbeitsblättern vor. Die Inhalte der Kapitel sind unterschiedlich nah an der Schulmathematik. Zu allen Kapiteln können die dort eingesetzten GeoGebra-Dateien von der Internetseite der GeoGebra-Instituts Köln/Bonn heruntergeladen werden, wodurch sich die einzelnen Kapitel gut durcharbeiten lassen, so dass die Inhalte sinnvoll im Unterricht eingesetzt werden können.

Auf Seite 1 des ersten Kapitels wird erwähnt, dass „das Programm zur Vertiefung des Mathematikverständnisses von Schülerinnen, Schülern oder anderen Mathematiklernenden einzusetzen“ ist. Anschließend wird anhand eines Beispiels erklärt, wie sich die mathematischen Verständnisse mit GeoGebra vertiefen lassen. Dabei wird insbesondere deutlich, dass gemeint ist, mit Hilfe von GeoGebra mehr Mathematik verstehen zu können, wobei der Einsatz von GeoGebra nicht zu umfangreich sein sollte. Denn nach einer Beobachtung auf Seite 6 handelt es sich bei „diesem Schülerergebnis [...] um alles andere als eine mathematische Gewissheit, aber es legt [...]“ eine „Vermutung nahe“. Dieses Konzept wird zu einem großen Teil umgesetzt, wie es hier an einigen Beispielen beschrieben wird.

In Kapitel 2 wird sehr praxisnah beschrieben, wie GeoGebra in Verbindung mit Konstruktionen sinnvoll verwendet werden kann. Hier ist die hohe praktische Erfahrung des Autors erkennbar, der in Abschnitt 2.3 deutlich macht, dass sich Fertigkeiten wie das Zeichnen nicht durch den Einsatz von Dynamischer Geometrie Software (DGS) ersetzen lassen. In Kapitel 4 werden mit GeoGebra Nullstellen quadratischer Funktionen aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet. Neben den schon sehr bekannten Weisen wird mit Hilfe von GeoGebra die Geometrie der quadratischen Ergänzung untersucht, was sich bei der Behandlung von Polynomen zweiten Grades und quadratischer Funktionen in der Sekundarstufe I anwenden lässt. Mit der Methode von Lill wird eine weitere Anwendungsmöglichkeit von GeoGebra in der Sekundarstufe II beschrieben, bei der neben ganzrationalen Funktionen auch die Trigonometrie ihre Anwendung findet.

Auf Polynome wird auch in Kapitel 5 eingegangen. Hier befindet sich eine interessante Kombination aus Analysis und Wahrscheinlichkeitsrechnung, bei der Zufallspunkte in Verbindung mit quadratischen Funktionen gebracht werden. Am Ende des Kapitels (in Abschnitt 5.3) befindet sich ein Ausblick, der sich nicht zuletzt an Studentinnen und Studenten sowie Lehrerinnen und Lehrer wendet, die ihr Hintergrundwissen vertiefen möchten. Hierbei wird neben GeoGebra eine weitere Software eingesetzt, um dreidimensionale Zeichnungen machen zu können. (Mit der Beta-Version von GeoGebra 5 lassen sich auch 3-d-Graphen zeichnen. Sie ist jedoch noch nicht in einer Endfassung.)

Kapitel 6 zeigt eine Anwendung von GeoGebra in der Stochastik. Zu der hier beschriebenen Unterrichtsreihe sind in einem Anhang auch Aufgaben enthalten, in denen sich Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II mit Tests und Schätzungen beschäftigen sollen.

Verschiedene Ableitungsregeln werden in Kapitel 7 mit Hilfe von GeoGebra behandelt, wobei man sich nicht auf ganzrationale Funktionen beschränkt hat, sondern beispielsweise auch die Exponentialfunktion untersucht wird. Hier wird das Verständnis wie in Kapitel 1 und oben beschrieben durch Unterstützung durch GeoGebra erreicht. Neben den hier beschriebenen Kapiteln gibt es weitere zu den Themen des Einsatzes von GeoGebra beim Aufstellen von Vermutungen und Lösen geometrischer Probleme, zur Eulerschen Zahl, zur Iteration und zu alternativen Bildern zu Funktionen mit Hilfe von Nomogrammen und Höhenlinien.

Insgesamt lässt sich das Buch sinnvoll von Lehrerinnen und Lehrern der Mathematik nutzen, um Ideen und teilweise auch Material für den Einsatz von GeoGebra im Mathematikunterricht der Sekundarstufen I und II zu haben. Es lässt sich auch zur Erweiterung eigener Kenntnisse und Anwendungen von DGS in der Lehre verwenden und kann daher auch von Studentinnen und Studenten der Mathematik des Lehramts sinnvoll genutzt werden.

Rezension: Hannes Stoppel (Bochum) aus Computeralgebra-Rundbrief, Nr. 50 - März 2012