opt artRobert Bosch

Verlag: Princeton University Press (12. November 2019), X + 188 Seiten
Hardcover: 26,99 €, Kindle: 20,24
ISBN: 978-0-691-16406-9

Wenn man ein Schwarz-Weiß-Bild mit einer vorgegebenen Pixelzahl ausdrucken möchte und dafür schwarze und weiße Pixel zur Verfügung hat, könnte man die Helligkeit des dem jeweiligen Pixel entsprechenden Bildausschnitts messen und dann ein weißes Pixel setzen, wenn die Helligkeit über einem gewählten Schwellenwert liegt (andernfalls ein schwarzes). Das ist eine der Grundideen, die Robert Bosch benutzt, um seine aus vorgegebenen Bildelementen zusammengesetzten Drucke von Bildern herzustellen. Realistischer wird das gepixelte Abbild, wenn man zwischen Scharz und Weiß noch verschiedene (vorzugsweise äquidistante) Graustufen zulässt. Dann wählt man die Graustufe, die dem gemessenen Helligkeitswert am ehesten entspricht. So erhält man ein sehr einfaches Optimierungsproblem. Will man jetzt die einzelnen Pixel nicht zu klein wählen und gleichzeitig statt uniformer Graustufen gemusterte Fliesen einsetzen um einen künstlerischen Effekt zu erzielen, werden die Optimierungsprobleme komplizierter. Erstens werden die Helligkeitsstufen der Fliesen nicht mehr äquidistant sein, zweitens kann es für den visuellen Eindruck einen großen Unterschied machen, welche von mehreren gleich hellen Fliesen man einsetzt. Je nach Zielsetzung lassen sich unterschiedliche Nebenbedingungen definieren, deren Berücksichtigung die gewünschten Effekte liefert. Beispiele für solche Nebenbedingungen sind Bedingungen daran, welche Seite eines Fliesentyps mit welcher Seite eines anderen Fliesentyps benachbart sein kann.

Der Hauptteil des Buches beginnt mit Kapitel 2, in dem der Autor am Beispiel sogenannter Truchet-Fliesen die oben angedeuteten Ideen erläutert und illustriert. Das dritte Kapitel ist mit Linear Optimization and the lego Problem überschrieben, hat einen mehr mathematischen Schwerpunkt und dient dem Zweck, auch Randbedingungen an die Ressourcen (zum Beispiel die Anzahl der Fliesen einer Bauart) berücksichtigen zu können. Insbesondere wird der Simplex-Algorithmus an Beispielen erklärt und die branch-and-bound Strategie erläutert, die ein diskretes (lineares) Optimierungsproblem in ein gewöhnliches lineares Optimierungsproblem überführt. Die nächsten beiden Kapitel illustrieren und erweitern die Optimierungstechniken anhand weiterer Fliesentypen (Cartoons und Dominosteine).

Die Kapitel 6 bis 9 sind dem Einsatz von Linearer Optimierung für die Lösung des traveling salesman problem (TSP) sowie der Anwendung dieser Methoden für die Erstellung von Graphiken aus geschlossenen Linien gewidmet. Dazu gehören durch Färbung gekennzeichnete Aufteilungen von Flächen in das Innere und das Äussere eines geschlossenen Kantenzugs ebenso wie die Konstruktion von Labyrinthen unter diversen Randbedingungen.

Kapitel 10 thematisiert Randbedingungen wie man sie aus der Einfärbung von Landkarten (Vier-Farben-Problem) kennt. Kapitel 11 ist den Mustern gewidmet, die man aus J. H. Conways Game of Life gewinnen kann.

Robert Bosch versteht es etliche Grundideen und Techniken der Linearen Optimierung mit nicht viel mehr als Systemen linearer Ungleichungen und einigen Graphiken zu erläutern und durch seine visuellen Spiele zu illustrieren. Das Buch ist angenehm zu lesen, auch wenn man die Begeisterung des Autors für aus Dominosteinen zusammengesetzte Reproduktionen von Schwarz-Weiß-Fotographien nicht hundert-prozentig teilt. Ich habe – als Laie in Sachen Diskrete Optimierung – auch mathematisch etwas bei der Lektüre gelernt, insbesondere über Möglichkeiten der Modellierung mithilfe von Randbedingungen. Außerdem hat mich das Buch für die Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung einfacher Ideen sensibilisiert. Vom ästhetischen Standpunkt aus haben mich am meisten die gefärbten Flächen aus Kapitel 7 angesprochen.

Rezension: Joachim Hilgert (Uni Paderborn)

Quelle: Springer Verlag, Mathematische Semesterberichte, März 2020, Band 67, S. 123-124.
Mit freundlicher Genehmigung des Verlags