die entstehung der knotentheorie

Die Entstehung der Knotentheorie
Kontexte und Konstruktionen einer modernen mathematischen Theorie

Moritz Epple
Vieweg Verlag, 1999, 449 Seiten, 52,00 €

ISBN 3-528-06787-X

Knotenpraxis kennen wir alle vom Schuhebinden, einige vom Segeln oder Bergsteigen. Angesichts der Vielfachheit der Knoten als "verknotete oder verschlungene Raumkurven" ist es nicht erstaunlich, dass sich die Beschäftigung mit ihnen ab dem Ende des 18. Jahrhunderts zu einer eigenen mathematischen Theorie "verknotete", die dann im 20. Jahrhundert als Knotentheorie etablierte Teildisziplin der Topologie wurde.

Dieses Buch zeichnet diese Geschichte nach. Sie beginnt bei der Leibnizschen Idee einer von der Größe unabhängigen "Analysis situs" (oder "Geometria situs"), der ersten Mathematisierung von Verkettungen und Knoten durch Gauß und führt über Kelvins auf Knoten basierenden Atomtheorie und Maxwells Klassifikationssystem schließlich zur Re-Mathematisierung der Knoten in der Mathematik des 20. und 21. Jahrhunderts. Dabei ist etwa die Hälfte des Buches der modernen Mathematik gewidmet, so dass man wohl behaupten kann, dieses Buch erfüllt auch seinen zweiten Anspruch, nämlich die Konstruktion dieser Theorie, was sie heute ist, mitzuerleben.

Der Umfang (und Anspruch) des Buches lässt es schließlich auch zu, dass zu diesem Zweck die Entstehung der Topologie als eigenständige Disziplin entwickelt wird. In den letzten beiden Jahrhunderten treten dann diejenigen Namen auf, die man entweder eineindeutig anderen Disziplinen zuordnet oder gänzlich unbekannt sind: Poincaré, Dehn, Heegard, Wirtinger, Tietze, Reidemeister, Alexander. Es gibt also einiges zur Ehre dieser neuen alten Disziplin nachzuholen. Wer diese Einladung annimmt, wird auch am Literaturverzeichnis seine Frende haben.

Mit diesem Buch sollten also alle eingefangen sein, die ein allgemeines Interesse an der Geschichte der Mathematik haben, ohne auf die dahinter- oder besser darinsteckende Mathematik verzichten zu wollen. Deshalb ist es auch nur symbolisch zu verstehen, dass Epple diejenigen Passagen, die höhere Mathematik voraussetzen, mit einem ª gekennzeichnet hat - denn selbst wer diese wenigen Passagen übergeht, wird einen reichen Fundus an Mathematik mit nach Hause nehmen können. Man kann also sagen: Dieses Buch ist Knotentheorie mit allem was dazugehört.

(Rezension: Mark Krüger)