reimer

Der Klang als Formel
Ein mathematisch-musikalischer Streifzug

Manfred Reimer
Oldenbourg Verlag (2. verbesserte Auflage 2011), X, 192 Seiten., broschiert, 29,80 €

ISBN: 78-3-486-70542-3

Der Ton macht die Musik. Das gilt auch für die Mathematik. Denn wie die Musik aus Tönen ist die Mathematik aus Zahlen aufgebaut. So ist die Tonhöhe (zum Beispiel bei einem Saiteninstrument ausgehend von der Saitenlänge) ein Verhältnis von Zahlen, also ein Bruch: Für die Oktave gilt ein Verhältnis von 2:1 zwischen dem höheren und dem tieferen Ton. Ohne etwas über Frequenzen zu wissen, kann man so ganze Tonsysteme aufbauen.

Das Buch eröffnet zwei mathematische Zugänge zur Musik: der erste erfolgt über das Kapitel „Geometrie der Töne“ (Geometrie, weil die Saitenlänge hier den Ausgangspunkt für die Tonhöhe bildet) zu den Tonsystemen des griechischen Altertums und der Renaissance über die wohltemperierte Stimmung bis zum 12-Ton-System des 20. Jahrhunderts. Vorherrschendes Handwerkszeug sind hier Algebra und Zahlentheorie.

Der zweite Zugang erfolgt im Kapitel „Natur der Töne“ über Schwingungen. Genauer: Transversalschwingungen bei Saiteninstrumenten und Longitudinalschwingungen bei Blasinstrumenten. Handwerkszeug ist hier die Analysis und Differentialgleichungen (vor allem der Besselschen). Danach wird man beim Paukenschlag nicht mehr an eine Kesselpauke denken, sondern daran, dass „Bessel“-Pauke viel passender wäre.

Das Buch animiert zur Querbeziehung mit Musik. So lässt sich die Division mit Rest (modulo) am Beispiel der Oktavfolgen {..., c, c’, ...} verdeutlichen und der Chinesische Restesatz als Aussage über den Quintenzirkel interpretieren. Es regt an, bei Musikinstrumenten über deren spezielle Randbedingungen und Anfangswerte bei der Klangerzeugung nachzudenken, die sich aus der jeweiligen Geometrie des Instruments ergeben.

Wie wir wissen, ist Musik mehr als (nur) Mathematik. Aber dieses Buch stellt der Musik einen Begleiter an die Seite, mit dem es Spaß macht, hinter (oder besser: in) die Musik mit mathematischen Augen zu sehen. Damit könnte der Leser dann nach der Lektüre die Welt vielleicht auch mit mathematischen Ohren hören.

Rezension: Mark Krüger