the shape of content

The Shape of Content

Steven C. Davis, M.W. Senechal, J. Zwicky
AK Peters, (2008) 216 Seiten, 33,99 €

ISBN-10: 9781568814445
ISBN-13: 978-1568814445

Bei dem Buch handelt es sich um eine Sammlung von Gedichten, Abhandlungen, Kurzgeschichten und Auszügen aus Schauspielen, die einen mehr oder minder ausgeprägten Bezug zur Mathematik oder zu den Naturwissenschaften haben. Allerdings führt der Untertitel „Creative Writing in Mathematics and Science“ auf die falsche Fährte: So ergibt das bloße Erwähnen von Newtons alchemistischen Neigungen, zusammengerührt mit den Stichworten Quantenchemie, Riemann-Hilbert-Probleme und Nonstandard-Analysis in „On the Quantum Theoretic Implications of Newton’s Alchemie“ von Alex Kasman nicht eine kreative mathematische Kurzgeschichte, sondern eben eine gut geschriebene Kurzgeschichte mit allerdings enttäuschend offensichtlichem Ende. Überhaupt ist von wissenschaftlichen Inhalten und deren Erläuterungen kaum die Rede; der einzige Text mit wissenschaftlichem Anspruch („The Birth of Celestial Mechanics“ von Florin Diacu) ist vollständig aus der Sekundärliteratur zu diesem Thema zusammengestellt. Dagegen setzen sich zumindest einige der vorgestellen Werke mit der Welt der Wissenschaftler auseinander; als Beispiel hierfür mag die lesenswerte Geschichte „The Tolman Trick“ von Manil Suri dienen, in der ein Mathematiker während einer Tagung in Oberwolfach einen fatalen Fehler in seinem bereits publizierten Hauptergebnis findet. Eine sehr interessante Idee über die (fiktive) Gedankenwelt von Galois und dessen Treffen mit dem Poe-Detektiv Auguste Dupin schildert Marco Abate in „Évariste und Héloïse“ – man darf gespannt sein, ob die angekündigte Comic-Umsetzung den geweckten Erwartungen gerecht wird. Ebenfalls gelungen ist der Streit der mathematisch vorbelasteten Richter in „Robbins v. New York“, die mit ihrem fast schon surreal anmutenden Streit um die richtige Metrik zur Bestimmung des Abstandes eines Drogendeals zur nächsten Schule sehr zum Lesevergnügen beitragen. Nebenbei bemerkt trägt die Anwältin (die offenbar vom Gerede der Richter nichts versteht) ausgerechnet den Namen Hausdorff. Aber auch dieser von Colin Adams verfasste Beitrag zählt lediglich einige Metriken ohne jede Erläuterung auf und verfällt dann in eine Diskussion, ob nun die Strecke nach Schwalbenflug oder Maulwurfsgraberei gemessen werden soll. Hoffentlich möchte der Autor mit dieser Geschichte nicht die Wirkung von Mathematikern auf ihre Umwelt darstellen ...

Soweit die Auflistung meiner persönlichen Highlights. Unter den restlichen Beiträgen sind einige ebenfalls lesenswert; andere dagegen fand ich bemüht bis schlecht. Was ich wirklich vermisse sind Versuche, wissenschaftliche (besonders mathematische) Inhalte oder Konzepte in eine Geschichte oder ein Gedicht zu verpacken. Insgesamt hinterlässt die Anthologie daher bei mir einen recht gemischten Eindruck – man muss dieses Buch beileibe nicht wegwerfen, aber auch nicht unbedingt im Bücherschrank stehen haben.

Rezension: Harald Löwe, Braunschweig

Quelle: Springer Verlag, Mathematische Semesterberichte, April 2010, Band 57, Heft 1, S. 145
Mit freundlicher Genehmigung des Verlags