Gemeinsame Stellungname zur Entwicklung von Bachelor-Master-Studiengängen für das Berufsfeld Schule im Fach Mathematik

Die unterzeichnenden Gesellschaften unterstreichen – wie schon mehrfach in der Vergangenheit öffentlich angemahnt –, dass die Lehrerausbildung im Fach Mathematik für alle Schularten reformbedürftig ist, ohne ignorieren zu wollen, dass gerade in der Mathematik die Ausbildung vielerorts positive Aspekte hatte bzw. in den letzten Jahren weiterentwickelt wurde. Der Bologna-Prozess gibt nun einen aktuellen Anstoß, konkrete Schritte in Richtung einer weiteren Verbesserung der Professionalisierung zukünftiger Lehrerinnen und Lehrer auf den Weg zu bringen.

Mit Sorge müssen wir allerdings feststellen, dass die laufenden Schritte zum Aufbau von Lehramtsstudiengängen mit Bachelor-Master-Struktur die Gefahr in sich bergen, eine unübersehbare Modell-Vielfalt zwischen den Bundesländern und sogar innerhalb der einzelnen Bundesländer hervorzubringen. Wir wenden uns daher mit dieser Erklärung an alle an der Lehrerausbildung beteiligten Institutionen sowie die politischen Entscheidungsträger mit dem Ziel, für ein im Bildungskanon zentrales Unterrichtsfach die Effizienz und Qualität des Vermittlungsprozesses durch die folgenden Empfehlungen zu steigern und konkrete Schritte in Richtung einer weiteren Verbesserung der Professionalisierung zukünftiger Lehrender voranzubringen. Die aktuelle Diskussion eröffnet Chancen, die für den Lehrerberuf erforderlichen Kompetenzen im Fach, in der Fachdidaktik und in der theoriegeleiteten Praxis neu zu reflektieren und ihre wechselseitigen Verschränkungen stärker als bisher ins Blickfeld zu nehmen.

Mathematik ist auf Grund ihrer gesellschaftlichen Bedeutung ein zentrales Unterrichtsfach im Bildungskanon. Die Schule braucht Mathematiklehrerinnen und -lehrer, die vertiefte Einsichten in mathematische Strukturen auf wissenschaftlichem Niveau haben und gleichzeitig Fachleute für Lehren und Lernen sind. Deshalb bleibt auch bei der Reform der Studiengangsstrukturen (Bachelor-Master-Abschlüsse) die Lehrerausbildung eine wichtige Aufgabe der Universitäten.

Ziel der Ausbildung von Mathematiklehrerinnen und -lehrern ist der Erwerb solider fachwissenschaftlicher Kompetenzen unter Berücksichtigung der Erfordernisse der jeweiligen Schulstufe und Schulform. Dies ist zugleich Voraussetzung für die fachdidaktische Ausbildung, welche ihrerseits frühzeitig mit der fachwissenschaftlichen zu verzahnen ist. Die so erworbenen Fach- und Vermittlungskompetenzen ermöglichen auch Tätigkeiten in Berufsfeldern außerhalb der Schule.

Im Studium sollen die Studierenden eine forschende Grundhaltung aufbauen, um sich die Fähigkeit zu lebenslangem Lernen für einen sich wandelnden Mathematikunterricht anzueignen und um in stärkerem Maße als bisher die aktive Auseinandersetzung der Schülerinnen und Schüler mit Mathematik (entdeckendes Lernen, Problemlösen) zu fördern.

Für die (Bachelor-Master-)Studiengänge sind verbindliche Kerncurricula zu entwickeln. Im Hinblick auf die Erfordernisse der Schule sollen sie neben dem traditionellen Fächerkanon Grundzüge der Geometrie, der Stochastik und mathematischer Anwendungen verbindlich vorschreiben und den angemessenen Einsatz neuer Medien einbeziehen. Dabei soll den unterschiedlichen inhaltlichen Anforderungen des Unterrichts in den verschiedenen Schulstufen und -formen durch ein differenziertes Lehrangebot Rechnung getragen werden. Das bedeutet im Hinblick auf die Oberstufe des Gymnasiums auch die Befähigung zu wissenschaftlichem Arbeiten im Fach Mathematik.

Die Modularisierung der (Bachelor-Master-)Studiengänge bietet in Verbindung mit zu erstellenden Kerncurricula die Chance, die Zersplitterung in einzelne an der Lehrerbildung beteiligte Disziplinen (Fachwissenschaften, Fachdidaktiken, Erziehungswissenschaft, Psychologie) zugunsten einer interdisziplinären Vernetzung zu überwinden. Darüber hinaus bietet die Modularisierung die Möglichkeit, Veränderungen in den Anforderungen an Lehrerinnen und Lehrer zügig in die Ausbildung an der Universität einzubeziehen.

Praxisstudien sollen eine konkrete Auseinandersetzung mit Vermittlung von Mathematik ermöglichen und sowohl im Bachelor- als auch im Master-Studiengang mit wachsender Selbständigkeit und Tiefe der Reflexion integriert sein. Sie sollen von der Hochschule angemessen begleitet werden und institutionell verankert sein. Frühe Praxisorientierung unterstützt eine theoriegeleitete, reflektierte Berufswahlentscheidung.

Sowohl mit Blick auf die Berufsbiografie der Studierenden als auch auf die Entwicklung von Schule und Lehrerausbildung ist eine bessere Vernetzung der drei Phasen Ausbildung, Vorbereitungsdienst und Weiterbildung sinnvoll und erforderlich. Ein personelles Zusammenwirken von Hochschule, Seminar und Schule ist wünschenswert.