Achtung Denkfalle
Die erstaunlichsten Alltagsirrtümer und wie man sie durchschaut
Christian Hesse
C.H. Beck Verlag; (2011), 244 Seiten, 18,00 €
ISBN-10: 3406622046
ISBN-13: 978-3406622045
„Nehmen Sie an, Sie werfen eine Münze, die gleichmäßig auf die eine oder die andere Seite fällt. Nach acht Würfen beobachten Sie folgendes Ergebnis: Zahl-Zahl-Zahl-Kopf-Zahl-Kopf-Kopf-Kopf. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, ausgedrückt in Prozent, dass der nächste Wurf Zahl ist?“
In einer im Jahr 2009 durchgeführten Studie wurde diese Frage einer repräsentativen Stichprobe von knapp 1000 Personen vorgelegt. Wie wir aus dem vorliegenden Buch erfahren (Seite 147/148), nannten ca. 600 davon die richtige Antwort 50 Prozent, während die übrigen 400 eine falsche oder gar keine Antwort gaben.
Würden Sie zu den 400 gehören? Dann ist dieses Buch für Sie, denn Sie sind in eine Denkfalle getappt. Möglicherweise glauben Sie, wegen der letzten drei Kopf-Würfe wäre nach dem Gesetz der Serie als nächstes Kopf wahrscheinlicher als Zahl; möglicherweise glauben Sie aber, ebendeswegen wäre Zahl jetzt „dran“ und deshalb wahrscheinlicher. In diesem Buch erläutert Christian Hesse, Mathematikprofessor an der Universität Stuttgart, ausführlich und anschaulich, warum dies Fehlschlüsse sind (die Münze hat nämlich kein Gedächtnis), worauf sie basieren und wie sie zu vermeiden sind. Oder würden Sie zu den 600 gehören? Dann ist dieses Buch für Sie, denn der Autor deckt eine Fülle von Paradoxa auf, die nicht so leicht zu durchschauen sind und deswegen Ihr Interesse wecken werden.
In 10 Kapiteln werden bekannte und weniger bekannte logische Fehlschlüsse, Fehlinterpretationen von Daten und wahrscheinlichkeitstheoretische Falltüren vorgestellt, vom Ziegenproblem bis zum Simpson-Paradoxon. Viele dieser Dinge sind nicht nur akademischer Natur, sondern haben schon, wie das Simpson-Paradoxon, die Öffentlichkeit beschäftigt. (Es ging dabei um angebliche Benachteiligungen bei der Zulassung zum Studium an der UC Berkeley.) A propos Simpson: Auch ein anderer Simpson, der des Mordes an seiner Frau angeklagte ehemalige Footballstar O.J. Simpson, taucht auf. Sein Verteidiger hatte nämlich vorgerechnet, dass rein statistisch die Wahrscheinlichkeit für die Täterschaft seines Mandanten bei verschwindenden 0,1 Prozent liege. Allerdings war der Ansatz fehlerhaft – ob aus Unwissenheit oder mit Absicht, bleibe dahingestellt – und die korrekte Wahrscheinlichkeit beträgt satte 50 Prozent, wie auf Seite 174 erklärt.
Der flüssig geschriebene und leicht lesbare Text wird durch viele Cartoons aufgelockert. Ein lesenswertes Buch!
Rezension: Dirk Werner (FU Berlin)