der fliegende Zirkus der Physik

Der fliegende Zirkus der Physik

Jearl Walker
Oldenbourg (2007), 346 Seiten, 24,80 €

ISBN: 978-3-486-58067-9

Die Physik, wie ich sie kenne, scheint aus dem heutigen Gymnasialunterricht verschwunden zu sein! Meine Kinder erlebten und erleben einen von Mathematik fast freien Unterricht und ich fühlte mich manchmal in eine deskriptive Physik des vor-galileischen Zeitalters versetzt. Ich finde das sehr schade, denn so hätte mir Physik keinen Spaß gemacht. Nun ist mir aber das großformatige Buch von Jearl Walker in die Hände gefallen und ich habe gelernt, dass auch deskriptive Physik Spaß machen kann, wenn man sie richtig macht. „Die Idee für den Fliegenden Zirkus der Physik entstand in einer dunklen, trostlosen Nacht, als ich Doktorand an der Universität von Maryland war.“, lässt uns der Autor im Vorwort wissen. An dem dieser Nacht vorangegangenen Tag hatte der Autor einen Physik-Test schreiben lassen und war an der verzweifelten Reaktion einer Studentin: „Und was hat das alles mit meinem Leben zu tun?“ auf den Gedanken gekommen, die Bedeutung der Physik für das tägliche Leben zu dokumentieren. Was muss man sich darunter vorstellen? Zum Beispiel: Sollten Sie bei Regen lieber schnell laufen oder langsam gehen? Wenn Sie einen Bleistift auf die Spitze stellen und dann loslassen, wohin bewegt sich die Spitze? Was lernen Sie aus diesem Experiment für das Bäumefällen? (Wichtig! Auf welcher Seite des Baumes sollten Sie stehen?). Warum erzeugt der Ablaufstrudel in Ihrer Badewanne manchmal Geräusche? Warum erzeugt kalte Milch in umgerührtem Kaffee eine Vertiefung der Kaffeeoberfläche, warme Milch aber nicht? Warum sind Gewitter im Winter seltener als im Sommer? Warum erscheint eine gerade Straße, wenn sie aus dem Flugzeug über die Tragflügelvorderkante betrachtet wird, gekrümmt? Und so weiter, und so weiter. In sieben Kapiteln findet der neugierige Leser interessante Dinge des täglichen Lebens launig erklärt, und zwar aus den Bereichen Dynamik, Aero- und Hydrodynamik, Akustik, Thermodynamik, Elektrodynamik, Optik und schließlich Optische Täuschungen. Zahlreiche schwarz/weiß-Abbildungen (kleine technische Zeichnungen, Skizzen oder Bilder) helfen beim Verständnis des jeweiligen Sachverhaltes ungemein. Außerdem ist auf (fast) jeder Seite als Maskottchen oder Begleiter ein kleines Gürteltier mit dabei.

Der Fliegende Zirkus ist inzwischen schon recht alt und mir liegt bereits die neunte deutsche Auflage vor. Wie der Autor im Vorwort schreibt, kam er auf die Idee zu dem Titel etwas bevor Monty Python ebenfalls auf die Idee kam, ihre Show so zu nennen. Kenner wissen jetzt, wie alt die Idee zum Physikzirkus damit tatsächlich ist. Die Idee ist aber auch jetzt noch geradezu modern! Walker erweitert seinen Zirkus ständig und unterhält eine eigene Internetseite www.flyingcircusofphysics.com mit weiteren Informationen, Quellenangaben, neuen Aufgaben und vielem mehr.

Ich kann nur hoffen, dass Walkers Physikzirkus noch weitere Verbreitung findet und insbesondere dazu beitragen möge, junge Menschen für die Physik zu begeistern und ihnen die Bedeutung dieser Wissenschaft für sie alle und ihr Leben klar vor Augen zu führen.

Rezension: Thomas Sonar, Braunschweig

Quelle: Springer Verlag, Mathematische Semesterberichte, September 2008, Band 55, Heft 2, S. 250
Mit freundlicher Genehmigung des Verlags