Ein Esel lese nie
Mathematik der Palindrome
Karl Günter Kröber
Rowohlt Tb, 2003, 348 Seiten, 9,90 €
ISBN: 3499615762
Ein Palindrom ist etwas, das man vorwärts wie rückwärts lesen kann, z.B. Otto oder der Titel dieses Buchs. Hier geht es dem Autor aber nicht um Wörter, sondern um Zahlen. Sein Anliegen ist es, Zahlen, die keine Palindrome sind, gewissen Rechenoperationen zu unterwerfen, um sie möglicherweise dazu zu machen. Zum Beispiel so: Nimm eine Zahl (etwa 69), spiegele die Ziffern (96) und addiere die beiden (165). Nun wiederhole die Prozedur: 165+561=726, 726+627=1453, 1453+3541=4994; aha, ein Palindrom. Hier muss man nicht stehen bleiben: 4994+4994=9988, 9988+8899=... ad libitum.
Ein solches Verfahren kann beliebig variiert werden: Man kann statt zu addieren die kleinere Zahl von der größeren Zahl subtrahieren oder Mischformen bilden, etwa in den ersten drei Schritten addieren und im vierten subtrahieren (dann werden aus der 69 via 165, 726 und 1453 als Nächstes 3541-1453=2088 usw.), man kann statt im Zehnersystem bezüglich anderer Basen rechnen, und man kann natürlich alle möglichen Startwerte durchprobieren.
All das hat der Autor über mehrere Jahre getan und in den sich entwickelnden Zahlenfolgen verschiedene Strukturen erkennen können, die er in farbigen Grafiken darstellt. Diese Beobachtungen machen 80 Prozent des Buches aus, es folgen noch ein paar Spekulationen über Beziehungen zur Molekularbiologie; schließlich findet man Spiegelsymmetrie auch in der DNS.
Vermutlich steckt hinter den hier vorgestellten empirischen Befunden interessante Mathematik; nur ist sie in diesem Buch leider nicht zu finden, da fast nichts erklärt wird. Freunde der dynamischen Systeme, übernehmen Sie!
(Rezension: Dirk Werner)