5 minuten mathematik

Fünf Minuten Mathematik
100 Beiträge der Mathematik-Kolumne der Zeitung DIE WELT

E. Behrends
Vieweg, 2006, 3. Aufl., 256 Seiten, 22,90 €

ISBN:3-834-80082-1

Es folgen die Rezensionen von: Jörg Bewersdorff und Michael Drmota

Dem Buch liegt eine wöchentlich erschienene Kolumne in der Tageszeitung DIE WELT zugrunde. An 100 Erscheinungstagen gab der Autor Erhard Behrends jeweils einen kurzen, allgemein verständlichen Überblick über ein einzelnes mathematisches Thema. So wurden, erschließbar jeweils mit mit einem Leseaufwand von etwa "fünf Minuten", Themen behandelt wie z.B. die Kreiszahl Pi, die Legende von den Reiskörnern auf einem Schachbrett, kryptographische Verfahren mit öffentlichen Schlüsseln, Tonleitern, Wahrscheinlichkeiten im Lotto, das Vierfarbenproblem, die Theorie der Knoten, die Preisbildung von Optionen, das Benfordsche Gesetz und vieles mehr.
Die Beiträge, die alle über das kostenlose Web-Archiv der Zeitung DIE WELT zugänglich sind, wurden für die Buchausgabe nicht nur schön illustriert, sondern vor allem auch durch z.T. mathematisch detaillierte Ausblicke erheblich erweitert, was der Untertitel des Buches leider nur ungenügend deutlich macht. So ist ein Buch entstanden, das der Mathematiker – per Definition sei mit der maskulinen Form auch der Fall der Mathematikerin eingeschlossen – bedenkenlos in seiner Familie verschenken kann – etwa zur Beantwortung der Frage "Was macht eigentlich Papa?". Am Wochenende kann er dann in einzelnen Ausblicken bestimmt selbst noch Unbekanntes entdecken.
Durch seine Aufteilung in 2×100 Abschnitte eignet sich das Buch hervorragend dazu, etwa auf einer Reise stückweise gelesen zu werden. Auch Lehrer finden ganz bestimmt einige Ideen, um den Unterricht anregender zu machen: Wer hätte etwa gedacht, dass es sich bei der Grundlage des Google-Rankings eigentlich um eine – in den Augen von manchen Schülern "öde" – Wahrscheinlichkeit handelt?
Anders als im englischsprachigen Raum, wo der Begriff Popular Science im Gegensatz zum deutschsprachigen Pendant populärwissenschaftlich keine Abwertung beinhaltet, sind populäre deutschsprachige Mathematikbücher leider noch immer Exoten. Es ist zu hoffen, dass Erhard Behrends mit seinen Aktivitäten, aus denen zusammen mit Martin Aigner zuvor schon das ebenfalls sehr empfehlenswerte Buch Alles Mathematik hervorgegangen ist, Nachahmer findet. Denn so, wie Spitzensport nur aus Breitensport erwachsen kann, werden die mathematischen Forscher von morgen auch nur aus einem genügend großen Reservoir von frühzeitg mit Mathematik "infizierten" Schülern erwachsen.

(Rezension: Jörg Bewersdorff)



Nach den ersten beiden Auflagen in den Jahren 2006 und 2008 ist jetzt die dritte (und aktualisierte) Auflage dieses kleinen Klassikers von Ehrhard Behrends erschienen, in dem seine 100 „Fünf Minuten Mathematik“-Kolumnenbeiträge der Montagausgaben der „WELT“ aus den Jahren 2003 und 2004 in revidierter Form nachgedruckt sind. (Neben der ursprünglichen deutschen Ausgabe sind bereits Übersetzungen ins Japanische, Englische und Französische erschienen und weitere Übersetzungen sind in Vorbereitung.) Das Zielpublikum sind hier nicht vorrangig (professionelle) Mathematikerinnen und Mathematiker, sondern die interessierte Öffentlichkeit, was wahrlich kein einfaches Unterfangen ist – und es ist trotz dieser Schwierigkeit virtuos gelungen.

Ehrhard Behrends schreibt in der Einleitung: „Es gibt drei Aspekte, die mir beim Schreiben der Kolumne wichtig waren: Mathematik ist nützlich. Es sollte klar gemacht werden, warum unsere gegenwärtige technisch-naturwissenschaftliche Welt ohne Mathematik nicht funktionieren würde. Das Gütesiegel mathematics inside könnte auf immer mehr Produkten stehen. Mathematik ist faszinierend. Neben der Nützlichkeit bietet die Mathematik auch eine ganz besondere intellektuelle Faszination. Der unstillbare Drang, ein vorgelegtes Problem lösen zu wollen, kann ungeahnte Energien frei setzen. Ohne Mathematik kann die Welt nicht verstanden werden. Nach Galilei ist ,Das Buch der Natur in der Sprache der Mathematik geschrieben‘. Zu seiner Zeit war es nicht viel mehr als eine Vision. Heute weiß man, dass Mathematik die Brücke ist, die uns in Bereiche führt, die weit jenseits der menschlichen Vorstellungskraft liegen. Ohne Mathematik hat heute niemand mehr die Möglichkeit, ,zu erkennen, was die Welt im Innersten zusammenhält‘.“

Gemäß dieses Dreifachmottos greife ich pars pro toto drei Beiträge heraus. So wird etwa im 90. Beitrag „Mathematik macht Organe sichtbar“ die Computertomographie beschrieben, wo aus der Absorptionverteilung aus verschiedenen Richtungen auf die Struktur des durchleuchteten Körpers rückgeschlossen wird. Behrends bezeichnet sie treffend als „High-Tech“ und „High-Math“.

Ein weiterer Leckerbissen ist der 19. Beitrag „Der fünfdimensionale Kuchen“, wo der Dimensionsbegriff auf sehr elegante Weise erläutert wird.

Schließlich möchte ich den 93. Beitrag „Hat die Welt ein Loch?“ erwähnen, wo ausgehend von der Lösung der Poincareschen Vermutung eine Brücke zur Einsteinschen Relativitätstheorie und der Beschreibung des Weltalls geschlagen wird.

Die Beiträge sind sehr abwechslungsreich und umfassen auch Themen wie „Ich hasse Mathematik, weil ...“, „Fly me to the moon“, „Erdbeereis kann tödlich sein“ oder „Mit Mathematik zum Millionär“. Es ist also für jeden etwas dabei.

Dieses Buch sollte in keiner Bibliothek eines/r Mathematik-Interessierten fehlen.

Quelle: Springer Verlag, Mathematische Semesterberichte, Oktober 2013, Band 60, Heft 2
Mit freundlicher Genehmigung des Verlags

Rezension: Michael Drmota (Wien)