Mathematik und Gott und die Welt
Was haben Kunst, Musik oder Religion mit Mathematik am Hut?
Norbert Herrmann
Verlag: Springer Spektrum; Auflage: 2014 (30. November 2013), 14,99 €
ISBN-10: 3642378544
ISBN-13: 978-3642378546
„Mathematik und Gott und die Welt“ (in dieser Reihenfolge!!) ist wahrlich ein viel versprechender Titel. Nun ganz und gar wird wohl kein Buch diesen Anspruch erfüllen können – so muss sich auch dieses Buch ein wenig beschränken und ist doch durchaus lesenswert.
Der Autor Norbert Herrmann ist zudem kein Unbekannter. Er hat (neben Lehrbüchern für Ingenieure) bereits einige populärwissenschaftlicher Bücher verfasst, wie „Können Hunde rechnen?“ (Oldenbourg 2006), „Mathematik ist überall“ (Oldenbourg 2007) oder „Mathematik ist wirklich überall“ (Oldenbourg 2009), und darüber hinaus war und ist er auch in den Medien präsent (wie z. B. in der J. B. Kerner-Show).
Das Buch beginnt mit einem sehr interessanten Kapitel über „Mathematik in der Kunst“. Man erfährt z. B., dass Abrecht Dürer bereits in jungen Jahren die Elemente des Euklid studiert hat und seine Affinität zur Mathematik auch in seinem Werk Ausdruck findet. So hält in seinem Bild „MELENCOLIA I“ ein Engel einen Zirkel in der Hand. Weiter findet man auf diesem Bild u. a. ein Lineal, eine Kugel und einen Würfel. Am bemerkenswertesten ist jedoch ein ebenfalls auf diesem Bild dargestelltes magisches Quadrat (vier mal vier), das noch einige weitere Symmetrien enthält und mit dem man – wie hier ausgeführt wird – nicht uninteressante Zahlenmystik betreiben kann. Dürer hat übrigens das erste deutschsprachige Mathematikbuch verfasst: „Underweysung der Messung, mit dem Zirckel und Richtscheyt, in Linien, Ebenen unnd gantzen corporen“ (1525). Magische Quadrate kommen – wie man hier erfährt – auch indirekt in Goethes „Faust“ oder ganz direkt auf der Außenfassade von Gaudis „Sagrada Familia“ vor. Architekten haben offensichtlich ganz allgemein eine viel höhere Affinität zur Mathematik als allgemein angenommen. So war etwa Christopher Wren studierter Mathematiker (Oxford) und Gottfried Semper Schüler von Gauß.
Dass in der Musik auch Mathematik steckt, ist jetzt nicht unbedingt etwas Neues (wie z. B. ganzzahlige Frequenzverhältnisse in der reinen Stimmung vs. der wohltemperierten Stimmung). Was vielleicht nicht so allgemein bekannt ist, ist Mozarts „Würfelmusik“, wo man die einzelnen Takte (aus einem gewissen Vorrat) beliebig zusammenwürfeln kann und immer ein neuer – und durchaus harmonischer und hörbarer – Walzer entsteht. So wird Komponieren zum Kinderspiel!
Ein wenig zu kurz kommt vielleicht der göttliche Bezug. So wird zwar im vierten Kapitel die „Unendlichkeit“ in der Mathematik und die räumliche und zeitliche Dimension des physikalischen Universums durchaus ansprechend thematisiert, doch viel mehr als die Frage: „Wer hat die Naturgesetze gemacht?“ bleibt am Schluss nicht übrig.
Wie gesagt, erhebt der Titel des Buches einen recht großen Anspruch, der in einigen Teilen des Buches auch recht gut erfüllt wird. Es ist somit ein lesenswertes Buch. Man hätte allerdings aus dem Thema etwas mehr machen können.
Quelle: Springer Verlag, Mathematische Semesterberichte, Oktober 2014, Band 61, Heft 2
Mit freundlicher Genehmigung des Verlags
Rezension: Peter Drmota (TU Wien)