Nullen machen Einsen groß
Mathe-Tricks für alle Lebenslagen
Holger Dambeck
KiWi-Taschenbuch (20. Juni 2013), 8,99 €
ISBN-10: 3462045113
ISBN-13: 978-3462045116
„Mathe-Tricks für alle Lebenslagen“ verheißt der Untertitel des Taschenbuchs von Holger Dambeck. Der Text auf dem rückseitigen Buchdeckel verstärkt das noch: „praktische Mathe-Tipps und -Tricks, die uns im Alltag verblüffend hilfreich sein können“. Ob sich die durch solche Versprechungen geweckten Erwartungen beim Käufer des Buches erfüllen?
Nein, das tun sie nicht. Diese Ankündigungen sollen sicher den Kaufanreiz stärken, enttäuschen aber nach der Lektüre in dieser Hinsicht. Trotzdem sind mehrere Teile des Buches sehr reizvoll.
Mit dem Binden von Schleifen an Schuhen beginnt ein Kapitel (und hier wird in der Tat der einzige hilfreiche Trick verraten, mit dem solche Schleifen besser gebunden werden können), das ein wenig über die Mathematik der Knoten vermittelt und schließlich die 85 möglichen Knotenarten beim Binden einer Krawatte vorstellt.
Zahlenspielereien, die wie Zauberei erscheinen, sind sicher für viele beeindruckend: das Ziehen dritter Wurzeln, das Rechnen mit Kalenderdaten und zugehörigen Wochentagen, das Vorhersagen des Ergebnisses bei langen Rechnungen mit unbekannter Startzahl und Tricks mit der Quersumme verblüffen jeden, der die dahinter steckende Mathematik nicht kennt.
Ebenso finden Zaubertricks, die auf mathematischen Grundlagen beruhen, mit Sicherheit bei vielen großes Interesse: Würfel, Dominosteine und Spielkarten werden dabei benutzt.
Wenn die genannten Themen auch nicht gerade „im Alltag verblüffend hilfreich“ sind, bringen sie dem Leser doch Amüsantes und Überraschendes.
Für die anderen Teile des Buches gilt das meiner Ansicht nach aber nicht unbedingt, die dürften eher etwas für Freunde spezieller Rechentechniken sein.
Drei Kapitel befassen sich damit, wie man Additionen und vor allem Multiplikationen von ein- und mehrstelligen Zahlen abkürzen und häufig das Ergebnis schnell aufschreiben kann. Insbesondere wird ein spezielles Verfahren, die sogenannte Trachtenberg-Methode, auf 30 Seiten vorgestellt und an vielen Beispielen vorgerechnet. Der Verfasser des Buches glaubt, „das Trachtenberg-System ist in erster Linie etwas für Liebhaber“. Meiner Ansicht nach trifft das für alle drei Kapitel zu, die sich mit Methoden beschäftigen, die die traditionell in der Schule gelehrten schriftlichen Rechenverfahren abkürzen. Während letztere allgemeingültig sind, gelten die hier vorgestellten jeweils nur unter bestimmten Voraussetzungen, die man – will man sie spontan anwenden – alle im Gedächtnis haben muss. Entscheidender aber: Wer hat daran noch ein Interesse im Zeitalter moderner und nahezu überall zugänglicher technischer Hilfen für das Rechnen? Doch wohl wirklich nur spezielle Mathe-Liebhaber oder Rechen-Freaks.
Vielleicht sind das Trachtenberg-System und die anderen Rechen-Tricks geeignet zur Untersuchung durch Studenten der Grundschulmathematik. Einerseits könnten sie den Hintergrund dieser Tricks mathematisch begründen, andererseits könnten sie solche Kenntnisse im differenzierenden Unterricht interessierten Schülern beibringen.
Erfreulich sind die fünf Aufgaben, mit denen jedes Kapitel schließt und zu denen die ausführliche Lösung im Anhang abgedruckt ist. Ein Verzeichnis mit den einzelnen Kapiteln zugeordneten Quellen – viele davon als Internetadressen – ist sehr hilfreich für jeden, der weiter in die Themen eindringen will.
Rezension: Hartmut Weber (Uni Kassel)