Spiele, Rätsel, Zahlen
Faszinierendes zu Lasker-Mühle, Sudoku-Varianten, Havannah, EinStein würfelt nicht, Yavalath, 3-Hirn-Schach,...
Ingo Althöfer und Roland Voigt
Verlag: Springer Spektrum; Auflage: 2014 (23. August 2014),14,99 €
ISBN-10: 3642553001
ISBN-13: 978-3642553004
Es folgen die Rezensionen von: Harald Löwe und Hartmut Weber
So richtig warm bin ich mit dem vorliegenden Buch nicht geworden. Das mag durchaus an einer falschen Erwartungshaltung meinerseits gelegen haben – ich hatte mir mehr Mathematik erhofft als dann wirklich zum Vorschein kam. Allerdings wurde weder im Klappentext noch an anderer Stelle eine mathematische Abhandlung über Spiele versprochen, so dass ich den Autoren keinen Vorwurf machen kann. Einen Verriss aber verdient das Buch wahrlich auch nicht!
Doch worum geht es überhaupt? Das handliche Taschenbuch ist in vier Teile gegliedert, die jeweils eine Facette der Welt der Denkspiele beleuchten. Zuerst stehen Strategiespiele für zwei Spieler auf dem Programm, wobei ein kurzer Abschnitt über Mühle und einigen Varianten wie zum Beispiel Lasker–Mühle den Reigen eröffnet. Bereits hier zeigt sich eine ausgesprochene Begeisterung der Autoren für Computerprogramme, die gerade beim Mühlespiel dem Menschen überlegen sind – bereits in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts hatte der Schweizer Ralph Gasser eine Dankenbank mit allen nur denkbaren Stellungen (rund 9 Milliarden) berechnen lassen. Im Anschluss werden drei weitere, mir bis dahin unbekannte Spiele – Havannah, Clobber und „EinStein würfelt nicht“ – samt einigen Strategien vorgestellt. Auch bei Havannah zeigt sich die Computer–Affinitiät des Textes deutlich: Man erfährt einiges über die ersten Wettkämpfe zwischen Mensch und Maschine, aber wieder nur wenig über den Aufbau solcher Programme. Interessanter wird es dann beim Spiel „Yavalath“, dessen Regeln durch das Programm „Ludi“ des Australiers Cameron Browne entworfen wurden. Über „Ludi“ gibt es nur spärliche Informationen; dafür kann der Leser sich anhand einer kommentierten Partie Yavalath einen ersten Eindruck über mögliche Strategien verschaffen.
Mit reichlich 120 Seiten ist der zweite Teil, der sich dem Thema der logischen Rätsel verschrieben hat, der weitaus längste des Buches. Sudokus, Lateinische Quadrate und Färbungen von Graphen geben Anlass zu ein wenig Mathematik (hauptsächlich Kombinatorik), um etwa die Anzahl der wesentlich verschiedenen Sudokus abschätzen oder sogar berechnen zu können. Etliche weitere logische Rätsel mitsamt dem Versuch einer Klassifikation sowie ein Abschnitt über das kooperative Rätsellösen bei Rätselmeisterschaften (die den Leser bereits seit Beginn des zweiten Teils begleitet haben) bilden den Abschluss.
Der dritte Teil, der sich mit Computern beim Schachspielen beschäftigt, berichtet über computergestützte Betrugsversuche bei Meisterschaften sowie über die Geschichte des „3-Hirns“, einer Erfindung des ersten der beiden Autoren. Für ein „3-Hirn“ benötigen Sie gleich zwei unterschiedliche Schachprogramme, die Ihnen jeweils einen Zug vorschlagen. Sie wählen einen der beiden Züge aus und führen ihn durch. Offenbar erhält man so einen „Spieler“, der um etliches besser ist als die beiden eingesetzten Schachprogramme – vermutlich aber nur, wenn der menschliche Part nicht durch einen Nicht–Schachspieler wie mir besetzt wird.
„Mathematik mit Zahlenexperimenten“ lautet der Titel des vierten und damit letzten Teils. Neben einem Problem aus dem Bereich der Optimierung wird auch eine algebraische Aufgabe geschildert, die mich nun doch in den Bann ziehen konnte: Ein komplexes Polynom p(z) vom Grad n besitzt nach dem Fundamentalsatz der Algebra genau n Nullstellen, die wie mit
Um ehrlich zu bleiben: Ich habe mich bei der Lektüre des Buches eigentlich ganz gut unterhalten; die vielen Geschichten und Geschichtchen über Wettkämpfe zwischen Computer und Mensch, die Beschreibungen der logischen Rätsel mitsamt den zugehörigen Wettkämpfen sowie die mathematischen Probleme des letzten Teils sind nett und zum großen Teil auch kurzweilig geschrieben. Trotzdem werde ich das Buch wohl kaum ein zweites Mal zur Hand nehmen, denn mit Ausnahme der oben geschilderten Fragestellung über komplexe Polynome konnte mich doch nichts so richtig fesseln. Das mag begeisterten Schachspielern oder Teilnehmern an Rätselwettkämpfen natürlich anders gehen. Für mich bleibt es beim Fazit: Nett, aber einmal lesen reicht.
Quelle: Springer Verlag, Mathematische Semesterberichte, April 2015, Band 62, Heft 1
Mit freundlicher Genehmigung des Verlags
Rezension: Harald Löwe (Braunschweig)
Dieses Buch wendet sich an drei unterschiedliche Adressaten: zum einen an diejenigen, die durch die Begriffe Spiele und Rätsel angesprochen sind, zum zweiten an die Freunde des Schachspiels mit besonderem Schwerpunkt des Computerschachs und schließlich an Interessierte von reiner Mathematik.
Beide Autoren sind Spielbegeisterte, zugleich Mathematiker – das wird beim Lesen deutlich! Die beschriebenen Spiele und Rätsel lassen sich durchweg mit logischen Analysen untersuchen und lösen.
Von Althöfer werden fünf Zwei-Personen-Spiele vorgestellt, es handelt sich mit Ausnahme von Mühle um relativ unbekannte, erst in neuerer Zeit erfundene Spiele (Havannah – 1978, Clobber – 2001, EinStein würfelt nicht – 2005 und Yavalath – 2008). Er beschreibt die Entstehungsgeschichte der Spiele und die zugrundeliegende Logik. Bis auf eines enthalten alle diese Spiele keine Zufallsentscheidungen, sie „lassen sich deshalb … vollständig durchrechnen“ und und es gibt für sie „stets einen optimalen Zug“. Zu den Spielen existieren auch Computerprogramme; unterhaltsam sind die Berichte über Mensch-Computer-Wettkämpfe. Ausführlicher sind die Spiele beschrieben auf http://de.chessbase.com/post/spiele-zahlen-raetsel.
Das Kapitel über Rätsel hat Voigt verfasst. Es geht durchweg um rein logische Aufgaben. Allen voran steht das inzwischen sehr bekannte Sudoku, das – wie man hier beiläufig erfährt – nicht etwa eine alte japanische Tradition hat, sondern in den 1970iger Jahren von einem Amerikaner erstmals in einer amerikanischen Rätselzeitschrift veröffentlicht wurde. Allerdings wurde diese Rätselart später in Japan übernommen, erhielt dort den Namen „Sudoku“ und erreichte ab 2005 internationale Bekanntheit. Die anderen beschriebenen Rätseltypen sind weniger bekannt – mir zum größeren Teil völlig neu. Viele davon haben dem ersten Eindruck nach einen großen Reiz! Und einen großen Vorzug: sie lassen sich häufig ebenfalls mit Papier und Bleistift bearbeiten.
Der zweite Schwerpunkt des Buches (ca. 50 Seiten) richtet sich vor allem an Schachspieler. Althöfer beschreibt Aspekte aus der Geschichte des Computerschachs, an der er selbst mitgewirkt hat. Eingestreute Anekdoten über Betrugsversuche von Schachspielern sind amüsant zu lesen.
Im dritten Teil (ca. 30 Seiten) wird die Spiel- und Rätsel-Thematik verlassen, zwei rein innermathematische Themen werden behandelt. Ausgehend von klassischen Ergebnissen zum einen von Gauß und Lucas, zum andern von Lagrange, werden neueste Forschungen von Mitarbeitern Althöfers zu diesem Thema vorgestellt.
Es erschließt sich mir nicht, warum man den letzten Teil mit in dieses Buch gepackt hat. Wer das Buch der Spiele und Rätsel wegen gekauft hat, wird sich vermutlich über die anderen Teile ärgern. Oder haben Autoren und Verlag die Hoffnung, Leser dadurch für diese Themen zu begeistern?
Rezension: Hartmut Weber (Uni Kassel)