The great mathematical problems
Ian Stewart
Profile Books, 2013, 39,95 €
ISBN 978-1846681998
Ian Stewart muss dem an der hier angesprochenen Thematik interessierten Leser wohl nicht besonders vorgestellt werden. Er wird oft mit Martin Gardner verglichen und das zu Recht: Zum einen ist er Verfasser bzw. Coautor von gleich einigen Dutzend Büchern, welche sich die Popularisierung von Fragestellungen und Problemen aus der Mathematik zum Ziel gesetzt haben, zum anderen ist er aber so wie jener auch bekannt als der Verfasser von regelmäßigen Kolumnen in mathemati- schen Fachzeitschriften wie etwa dem „Mathematical Intelligencer“.
Anders als in vielen seiner Bücher, wo die mathematischen Probleme doch meist sehr nach Stoffgebiet und Schwierigkeitsgrad bunt zusammengewürfelt sind (ein jüngst im Rowohlt-Verlag erschienenes Taschenbuch von Stewart trägt z.B. den sehr bezeichneten Titel „Mathematisches Sammelsurium“, der auch für viele andere seiner Bücher höchst zutreffend ist), hat das vorliegende Buch einen roten Faden, wie bereits der Titel besagt, indem es sich ausschließlich mit den – nach Meinung der meisten Mathematiker – herausragendsten mathematischen Problemen unserer Zeit beschäftigt. Viele auch in Nichtfachkreisen bekannte Probleme, wie etwa die Goldbachsche Vermutung, das Vierfarbenproblem oder die große Fermatsche Vermutung befinden sich darunter, aber auch nicht so bekannte wie die Keplersche Vermutung (betreffend dichteste Kugelpackungen), Mordells Vermutung (zu den rationalen Punkten auf elliptischen Kurven) oder das Dreikörperproblem. Keinesfalls fehlen durften natürlich auch sämtliche sieben sogenannte „Milleniumsprobleme“, die auch noch insofern eine Besonderheit darstellen, als für deren Lösung bekanntlich jeweils 1 Million Dollar ausgesetzt ist, und welche ja bisher, mit Ausnahme der Vermutung (oder sollte man vielleicht jetzt schon sagen: dem Satz) von Poincaré allen Anstrengungen, sie zu lösen, getrotzt haben. Den Abschluss bildet dann ein Kapitel über Probleme eine Größenordnung darunter, wie z.B. die Existenz oder Nichtexistenz von ungeraden vollkommenen Zahlen, die Collatz-Vermutung oder die Irrationalität der Eulerschen Konstanten.
Man konnte also nach der obigen Aufzählung durchaus gespannt sein, ob es Stewart gelingen würde, diese teils doch recht schwierige Kost seinen Lesern nahezubringen, zumal diese ja aus den meisten seiner Bücher gewohnt waren, dass immer auch sehr einfache Probleme miteingestreut waren und man schwierigeren daher auch leicht aus dem Wege gehen konnte, ohne den Faden zu verlieren, ganz einfach deshalb, weil es diesen gar nicht gab. Hier muss man sich aber als Leser doch immer „durchbeißen“, will man ein bißchen eine Ahnung davon bekommen, worum es eigentlich bei allen diesen „großen“ Problemen geht. Und ja, Stewart hat zweifellos ein großes Talent, schwierige Sachverhalte verständlich zu machen, auch wenn das manchmal durchaus nicht eben einfach ist: Für die Vermutung von Birch-Swinnerton-Dyer etwa, betreffend den Rang von gewissen elliptischen Kurven, braucht man doch einige Fachkenntnisse, um zu verstehen worum es dabei geht, auch wenn die Vorgeschichte dazu – das Problem mit den kongruenten Zahlen – noch sehr verständlich ist, was Stewart natürlich gekonnt ausnützt um damit die späteren Schwierigkeiten zu überspielen. Gerade dieses Kapitel zeigt aber auch eine gewisse Schwäche dieses Buches (oder sollte man sagen des Autors generell?) auf: Immer wenn es um ganz präzise Formulierungen oder um konkrete Beispielrechnungen geht, wie hier z.B. auf den Seiten 250/251, aber auch an manch anderen Stellen, finden sich doch einige kleine Fehler und Ungenauigkeiten, die sich bei etwas mehr Sorgfalt leicht hätten vermeiden lassen. (Und da das Buch in der Muttersprache des Autors geschrieben ist, hat hier ausnahmsweise auch kein Übersetzer die Schuld!) Wenn diese (vielleicht in der nächsten Auflage?) noch beseitigt werden, dann trübt aber absolut nichts mehr den positiven Gesamteindruck.
Fazit: Wer immer sich auch durch den Titel des Buches angesprochen fühlt, sollte beherzt zugreifen, er wird nicht enttäuscht sein. Stewart’s großartiges Talent, Mathematik spannend und dabei auch verständlich darzustellen, kommt auch hier wieder voll zum Tragen!
Quelle: Springer Verlag, Mathematische Semesterberichte, April 2014, Band 61, Heft 1
Mit freundlicher Genehmigung des Verlags
Rezension: Michael Drmota (TU Wien)