computer algebra Handbook

Computer Algebra Handbook
Foundations Applications, Systems

J. Grabmeier, E. Kaltofen, V. Weispfenning
Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 2003, 638 Seiten, 74,85 €

ISBN 3-540-65466-6

 

Mit dieser kurzen Besprechung möchte ich auf ein eindrucksvolles Gemeinschaftswerk hinweisen, zu welchem ein wesentlicher Teil der internationalen Computer Algebra Community beigetragen hat und dessen Zustandebringen den Editoren einiges an (zum Glück nicht mehr ersichtlicher) Mühe abgefordert haben muss. Mit welchen mathematischen Objekten zu rechnen sei, war historisch stets der Gegenstand der Algebra; anhand deren Aufzählung ließe sich eine Geschichte der Mathematik schreiben. Mit welchen Hilfsmitteln zu rechnen sei: Auf diesem Gebiet ist nach vereinzelten Anfängen eigentlich erst etwas in Bewegung gekommen, seitdem sich die Mathematiker des Computers bemächtigt haben. Es ist damit zu rechnen, dass sowohl die Objekte wie die Methoden der Computer Algebra noch erstaunliche Ausweitungen erfahren werden. Es ist meines Erachtens auch abzusehen, dass deshalb in der Algebra einmal ein Paradigmenwechsel eintritt, ähnlich wie seinerzeit der Schritt hin zur axiomatisch-, strukturell-, mengentheoretischen modernen Algebra, nun weiterhin zur Computeralgebra. Und eines Tages wird man diese auch nur wieder einfach Algebra nennen: Die Lehre von dem, womit zu rechnen ist.

Das Ziel dieses Buches ist glücklicherweise weniger utopisch. Auf Seite 2 wird eine operable Definition des Gegenstandes der Computeralgebra vorgeschlagen, gemäß derer dann auch das Handbuch aufgebaut ist: Die exakte endliche Darstellung von konkreten und abstrakten mathematischen Objekten zwecks Lösung von mathematisch formulierten Problemen mit programmierbaren Algorithmen. Angesichts der ungeheuren Breite des mathematischen Objektbereiches mussten die Editoren gewisse Auswahlen treffen; erfreulicher Weise nicht vor allem durch Ausschlüsse von Gebieten, aber in einer Graduierung der Darstellung. Einige Gebiete, die bereits Eingang in die Lehrbuchliteratur gefunden haben, erhalten eine annotierte Übersicht mit aktuellen Verweisen auf Publikationen, URLs und Software. Andere Gebiete werden ausführlicher abgehandelt, z. T. durch die entsprechenden Pioniere. Der Verweisapparat (Seiten 485 - 637) ist demgemäß einer der hervorstechendsten Aspekte dieses Buches und ist geschickterweise auch in die CD integriert. Wenn alles nichts hilft, so sind da immer noch die e-mail-Adressen der rund 200 Autoren.

Besondere Aufmerksamkeit wird auch den pragmatischen Fragen der Computeralgebra zuteil: Vorhandensein und Qualität der Dokumentationen, Grenzen der Zuverlässigkeit von Algorithmen, Maßnahmen zur Hebung der Interoperabilität von Programmen etc. Diese Aspekte sind insbesondere im Zusammenhang mit zwei weiteren Themen des Handbuches relevant: mit dem immer wichtiger werdenden Einfluss von Computeralgebra in der Lehre auf allen Stufen und mit der inzwischen selbstverständlichen Integration der Methodologie in die natur- und ingenieurwissenschaftliche Forschung und Praxis. Beide Bereiche, die sowohl für Anwendungen wie für Forschungsanregungen bedeutungsvoll sind, treten hier mit durchaus repräsentativen und anschaulich beschriebenen Beispielen auf.

Die Computeralgebra, und dies wird in diesem Werk deutlich, ist nicht mehr nur eine Hilfs- oder Ergänzungsdisziplin zur ”eigentlichen“ Algebra, ihre Forschungsgegenstände, Darstellungsstil und Methodik haben Substanz. Es war mir persönlich eine große Genugtuung, so vielem und vielen (nicht allem und allen, wer wollte das verlangen) in so erfreulicher Weise wieder zu begegnen.

Rezension: Erwin Engeler (Zürich) aus Computeralgebra-Rundbrief, Nr. 32 - März 2003