algorithmische geometrie

Algorithmische Geometrie

M. Joswig, T. Theobald
Vieweg Verlag, 2008, 266 Seiten, 37,99 €

ISBN 978-3-8348-0281-1

Algorithmische Fragen in der Geometrie erhielten in den letzten Jahrzehnten vor allem durch Anwendungen in der Computergraphik oder bei Optimierungsprobleme eine große Aufmerksamkeit. Das vorliegende Lehrbuch von Joswig und Theobald möchte auf einem auch für Bachelor-Studiengänge geeigneten Niveau in dieses Gebiet einführen.

Das Buch gliedert sich in drei Teile. Der erste behandelt die lineare algorithmische Geometrie. Er beinhaltet zunächst eine kurze Einführung in die projektive Geometrie (die an vielen Stellen im Buch benutzt wird) und studiert dann ausführlicher Polytope und Polyeder. An algorithmischen Fragestellungen werden die lineare Optimierung mit dem Simplex-Algorithmus sowie die Berechnung von konvexen Hüllen, Voronoi-Diagrammen und Delone-Zerlegungen diskutiert.

Der zweite Teil beschäftigt sich mit der nichtlinearen algorithmischen Geometrie, was hier vor allem das Lösen polynomialer Gleichungssysteme mit Gröbnerbasen bedeutet. Dazu werden zunächst die benötigten Grundbegriffe aus kommutativer Algebra und algebraischer Geometrie eingeführt. Dann werden Gröbnerbasen und deren Berechnung mit dem Buchberger-Algorithmus diskutiert. Das Lösen erfolgt schließlich mit Hilfe von Eliminationsidealen (und vereinzelt auch Resultantenmethoden).

Im dritten Teil werden weiterführende Anwendungen angeschnitten. Hier wird als erstes das Problem der Kurvenrekonstruktion studiert. Dann werden einige Fragen zu Geradenkonfigurationen mit Hilfe von Plücker-Koordinaten behandelt. Den Abschluss bilden einige Anwendungen der nichtlinearen Geometrie, wie das direkte kinematische Problem bei Stewart-Plattformen oder das Global Positioning System (GPS).

Laut Klappentext ist das Buch für Studierende ab dem 4. Semester gedacht. Zumindest der erste Teil kann aber sicherlich auch schon im 3. Semester benutzt werden. Der zweite Teil setzt jedoch eine Einführungsvorlesung in Algebra voraus, wie sie typischerweise erst im 3. Semester gehört wird. Die Autoren geben sich große Mühe, alle Beweise auf einem dieser Studienphase angemessenen Niveau zu führen sowie alle Konstruktionen durch nachvollziehbare Anwendungen zu motivieren. Wie es sich für ein ordentliches Lehrbuch gehört, werden alle Kapitel durch Übungsaufgaben ergänzt sowie kurzen ”Anmerkungen“, in denen u. A. auf weiterführende Literatur oder verfügbare Software verwiesen wird. An vielen Stellen werden konkrete Berechnungen in Systemen wie POLYMAKE, SINGULAR oder MAPLE vorgeführt.

Kritisch lässt sich nur wenig anmerken. Wünschenswert wäre ein weiterer Anhang, in dem die verwendeten Konzepte aus der Topologie kurz eingeführt werden, da gerade bei Bachelor-Studierenden nicht unbedingt vorausgesetzt werden kann, dass sie eine Topologie-Vorlesung besucht haben. Da die Autoren verschiedentlich auf Komplexitätsfragen eingehen, verwundert es, dass nicht einmal in den Anmerkungen zum Buchberger-Algorithmus etwas über die praktische Komplexität des Algorithmus zu finden ist. An einigen wenigen Stellen haben sich auch kleine Fehler eingeschlichen, die sich aber leicht korrigieren lassen. Aufgrund eines Fehlers des Verlags ist übrigens der größte Teil der Auflage ohne Inhaltsverzeichnis erschienen; die Autoren stellen auf der Webseite www.mathematik.tu-darmstadt.de/˜joswig/algo/index.html einen Ersatz in Form einer PDF-Datei zur Verfügung.

Insgesamt handelt es sich aber um ein sehr gelungenes und gut lesbares Lehrbuch, das sich in Bachelor- Studiengängen vielfältig einsetzen lässt.

Rezension: Werner M. Seiler, Kassel aus Computeralgebra-Rundbrief, Nr. 45 - Oktober 2009