zahlentheorie für Einsteiger

Zahlentheorie für Einsteiger
eine Einführung für Schüler, Lehrer, Studierende und andere Interessierte


A. Bartholome, J. Rung, H. Kern
Vieweg+Teubner Verlag, 7. Auflage 2010, 220 Seiten, 22,90 €

ISBN: 3-834-81213-7

 

Um es gleich vorwegzunehmen, Computeralgebra im engeren Sinne – etwa gar in einem heute weit verbreiteten Verständnis von ”Computeralgebra in der Schule“ als Unterweisung in der Nutzung eines der Systeme – kommt in diesem schönen Büchlein und auch auf der Webseite http://www. andreasbartholome.de mit Online-Materialien zum Buch nicht vor. Lassen wir zunächst die Autoren sprechen: ”Das Buch wurde für die Schulbank geschrieben, für Pluskurse oder freiwillige Arbeitsgemeinschaften in Mathematik und Informatik, als Anregung für Jugend-forscht-Arbeiten ...und möchte etwas von dem spielerischen und experimentellen Charakter der Zahlentheorie vermitteln. Es wird zeigen, wie man den Computer sinnvoll einsetzen kann – und es soll verdeutlichen, welche Grenzen diesem Rechenknecht gesetzt sind. ...Es ist ein Unterschied, ob man um des Rechnens willen rechnet, oder ob man rechnet, weil man einer aufregenden Entdeckung auf der Spur ist. ...Inhaltlich haben wir uns das Ziel gesteckt, einen wichtigen Primzahltest zu verstehen, wie er von fertigen Computerprogrammen zur Zahlentheorie verwendet wird. Dabei gehen wir nicht immer geradlinig auf unser Ziel zu, sondern verweilen gern am Wegrand, ja nehmen auch Umwege auf uns, wenn wir dort eine bunte Blume zu entdecken meinen.“

Damit ist der Bogen, welcher auf den 180 Seiten dieses Büchleins gespannt wird, auch schon gut umrissen – der Test, um dessen Verständnis es letztlich geht, ist der starke Pseudoprimzahltest von Rabin und Miller. Auch der Weg, den ein mathematisch interessierter Oberschüler bis zu diesem ersten Gipfel der Mathematik zu gehen hat, und an welchen Orten er dabei vorbeikommen muss, ist hinreichend bekannt. Für Hochschul- Mathematiker sind dies ausgetretene Wege, die hinein in die Hochgebirgslandschaft der modernen Mathematik führen mit ihren um Vieles attraktiveren Sechstausendern, so dass kaum einer von ihnen in der Lage sein wird, die Feinheiten dieses Wegabschnitts mit den Augen eines Oberschülers zu betrachten.

Die Autoren sind engagierte Lehrer an bayrischen Gymnasien und haben sich diesen Blick nicht nur bewahrt, sondern wissen aus eigener jahrzehntelanger Arbeit mit interessierten Schülern auch, wie die schwierige Balance zwischen Führen und freiem Suchen beim Erarbeiten einer solchen Thematik zu wahren ist. Und dass es nicht darum geht, den schnellsten und kürzesten Weg auf den Gipfel zu finden, sondern das Gespür für die Schönheit der (mathematischen) Landschaft zu vermitteln, für die Befriedigung und den auch ästhetischen Reiz, den eine selbst erdachte schlüssige mathematische Argumentation auszuströmen vermag, und für die Kraft wohl aufeinander gesetzter mathematischer Argumente, an deren Ende nicht ein Rechenrezept steht, sondern Einsicht und Verständnis für Zusammenhänge.

Das vorliegende, bereits in der 5. Auflage erschienene und immer wieder überarbeitete Buch ist deshalb kein Büchlein über Zahlentheorie, sondern über Mathematik am Beispiel eines zahlentheoretischen Themas. Der Weg ist mit über 300 Aufgaben ”gepflastert“, die selten nur den Charakter von Übungen zum besseren Verständnis des Texts haben, sondern weiterführende algorithmische Ideen, mathematische Konzepte oder einfach nur interessante Problemstellungen anstoßen und dem Leser Raum lassen, diesen Anregungen nachzugehen oder auch nicht.

Das Buch ist deshalb eine Fundgrube für alle Leser, die selbst noch Oberschüler sind, die mit mathematisch interessierten Oberschülern arbeiten, oder die sich – ob nun mathematischer Laie oder Profi – einfach die Freude und Neugier erhalten haben am Lösen mathematischer Probleme, die sich einfach aufschreiben lassen. Die Zahlentheorie hält solche bekanntlich zuhauf parat.

Kommen wir zur Computeralgebra zurück, deren Möglichkeiten für ihre eigenen Zwecke die Autoren – so mein Eindruck – doch unterschätzen. Computerunterstützung bei der Untersuchung von Problemstellungen, die komplizierte, aber klar strukturierbare Rechnungen erfordern, wird an vielen Stellen thematisiert; die Nähe der natürlichen Zahlen zu den Computerzahlen verleitet jedoch dazu, alles Algorithmische selbst und von der Pike auf zu programmieren. So sinnvoll eine lauffähige Implementierung, die wirklich das tut, was sie soll, für das grundlegende Verständnis wichtiger Algorithmen ist, so wenig ist dabei die Beschränkung auf selbst gebaute Bausteine nachzuvollziehen. Hier eröffnet der durchgehende propädeutische Einsatz eines Computeralgebrasystems Möglichkeiten des Experimentierens auch mit komplexeren mathematischen Konzepten, die sich nicht ohne größeren Aufwand selbst implementieren lassen, wie es Friedrich Schwarz in seinem Buch Einführung in die elementare Zahlentheorie (Verlag B. G. Teubner, Stuttgart, Leipzig 1998) für dieselbe Thematik beispielhaft vorgeführt hat.

Dieses ”Stehen auf den Schultern von Riesen“ als didaktisches Prinzip auch an dieser Stelle kommt mir (noch) zu kurz. Aber da dem Buch weitere Auflagen zu wünschen sind und sich sowohl die Verfügbarkeit entsprechender Systeme als auch die Präsenz von Computeralgebrasystemen in der Schule als Thema im Aufwind befinden, können wir gespannt auf Zukünftiges sein.

Rezension: Hans-Gert Gräbe (Leipzig) aus Computeralgebra-Rundbrief, Nr. 40 - März 2007