mathematisches Probleme lösen mit MapleDaniel Grieser

Springer Spektrum 2017, 2. Auflage, XIII + 321 Seiten
ISBN: 978-3658147648, 25,00 €
e-Book ISBN: 978-3-658-14765-5, 19,99 €

Das vorliegende Buch ist eine insbesondere im Aufgabenteil erweiterte Neuauflage des gleichnamigen Textes von 2013. Es ging aus einer 2011/2012 in Oldenburg gehaltenen Vorlesung hervor, die sich an Studierende in der Studieneingangsphase richtete. Dementsprechend werden keine Kenntnisse in Hochschulmathematik vorausgesetzt. Im Gegenteil, selbst typische Inhalte der Oberstufenmathematik spielen allenfalls in Randbemerkungen eine Rolle. Dafür sollten die Leser aktiv über die Mittelstufenmathematik verfügen können. Insbesondere sind der sichere Umgang mit algebraischen Termen und das Umstellen von Gleichungen Voraussetzung für eine gewinnbringende Lektüre. Das übergeordnete Ziel, das der Autor mit dem Buch verfolgt, ist es, die Leser in grundlegende mathematische Denkweisen einzuführen. Seine Strategie zur Aktivierung des Publikums ist es die Gedankengänge durch Probleme zu motivieren und im Rahmen der Lösungen dieser Probleme zu erläutern. Dabei führt er vorsichtig dosiert auch einige für Abiturienten in der Regel neue Begriffe ein, nicht ohne explizit auf die Bedeutung von Begriffsbildung für mathematisches Problemlösen und mathematische Theorie einzugehen.

Nach einem einführenden Kapitel sind die meisten der zehn weiteren Kapitel je einem Thema gewidmet, das man in einer 90-Minuten Vorlesung behandeln kann. Im Einzelnen sind dies:

  • Rekursion 
  • Induktion 
  • Graphen 
  • Abzählen 
  • Elementare Zahlentheorie 
  • Schubfachprinzip 
  • Extremalprinzip 
  • Invarianzprinzip

Die Kapitel zum Extremalprinzip und zum Invarianzprinzip fallen dabei etwas aus dem Rahmen, da diese Prinzipien, so wie der Autor sie einführt, weniger präzise gefasst sind als die anderen Themen. Mit Extremalprinzip ist hier gemeint, dass Lösungen eines mathematischen Problems, die in Bezug auf irgendeine Eigenschaft extremal sind, oft Zusatzstrukturen tragen, die das Auffinden dieser Lösungen erleichtern. Mit Invarianzprinzip ist gemeint, dass man versucht den relevanten mathematischen Objekten (wie zum Beispiel Konstellationen eines Brettspiels) Größen zuzuordnen, die sich unter einem vorgegeben Satz von Modifikationen (Spielzüge) nicht ändern, das heißt invariant bleiben. Nimmt so eine Invariante auf zwei Objekten unterschiedliche Werte an, können die Objekte nicht gemäss den Spielregeln ineinander übergeführt werden.

In der Mitte des Buches gibt es zwei Querschnittskapitel über Problemlösestrategien sowie über Logik und Beweise. Das Buch verwendet Mengenschreibweisen, die auch in einem Anhang zusammengestellt sind. Die Darstellung der einzelnen Themen wird jeweils durch ein oder mehrere Probleme motiviert und ist eher beispiel- als theorieorientiert. Es werden Lösungsansätze für die jeweilige Ausgangsfrage vorgestellt, auch solche, die sich im Laufe der weiteren Diskussion als problematisch herausstellen. Danach folgt eine Lösung, ein Resumé und eine Reihe von Übungsaufgaben (samt einer Einschätzung des Schwierigkeitsgrades). Das Buch enthält keine Musterlösungen, aber Lösungshinweise für ausgewählte Aufgaben.

Probleme, Strategien und Lösungen sind gut verständlich geschrieben, und wer dieses Buch durchgearbeitet hat, wird kein Problem mehr mit dem Umstand haben, dass im Mathematikstudium dem Beweis eine so prominente Rolle zugewiesen wird. Ich würde es interessierten Oberstufenschülern, die darüber nachdenken, Mathematik zu studieren, oder AG-Leitern, die ihren Schützlingen die Natur der Mathematik nahebringen möchten, nachdrücklich empfehlen.

Interessant fände ich auch einen vom üblichen Muster abweichenden Vorkurs (für zukünftige Studierende der Mathematik, auch für das Lehramt, nicht für Naturwissenschaftler oder Ingenieure), der diesem Buch folgt.

Für problematisch hielte ich dagegen den Einsatz des Buches in einem Anfängerkurs, der einen der Standardkurse Lineare Algebra oder Analysis ersetzt. Dafür bietet er zu wenig Anknüpfungspunkte an den Standardstoff, der ja (auch im Lehramtsstudium) nicht dadurch verzichtbar wird, dass die Kursteilnehmer besser mit gewissen grundlegenden mathematischen Denkweisen und Methoden vertraut sind.

Der Autor bietet auf auch Hinweise zur Durchführung von Lehrveranstaltungen mit desem Buch an.

Rezension: Joachim Hilgert (Uni Paderborn)

Quelle: Springer Verlag, Mathematische Semesterberichte, März 2020, Band 67, S. 97-98.
Mit freundlicher Genehmigung des Verlags