Emmy Noether Ihr steiniger Weg an die Weltspitze der MathematikLars Jaeger

Südverlag; 1. Edition (26. September 2022;); 256 Seiten; 22 €

ISBN-10: ‎3878001614
ISBN-13: ‎978-3878001614

Emmy Noether wurde am 23. März 1882 in Erlangen geboren, sie starb am 14. April 1935 in Bryn Mawr in den USA, wo sie auch begraben wurde. Das Werk und die Biographie Emmy Noethers blieben zwar stets ein lohnendes Thema zahlreicher Autoren, vor allem von Mathematikern, aber die Jahre 2021 und 2022 sind, was Biographien anbelangt, auffallend, da in diesen Jahren gleich 3 größere Biographien veröffentlicht wurden. Cordula Tollmien (*1951) wurde nach einem Mathematik- und Physikstudium Wissenschaftshistorikerin, Historikerin und Kinderbuchautorin. Seit 30 Jahren war Emmy Noether eines Ihrer Schwerpunktthemen, sie plant eine 30 Bände umfassende Biographie Emmy Noethers unter dem Generaltitel „Die Lebens- und Familiengeschichte der Mathematikerin Emmy Noether in Einzelaspekten“, von der 2021 die ersten zwei Bände erschienen. In demselben Jahr veröffentlichte auch David E. Rowe (*1950) seine Biographie „Emmy Noether – Mathematician Extraordinaire.“1 Der Autor ist Wissenschaftshistoriker mit den Schwerpunkten Mathematik- und Physikgeschichte im 20. Jahrhundert. Und nun, nur ein Jahr später, kann auch Lars Jaeger seine Noether-Biographie der Öffentlichkeit vorstellen.

Es lohnt sich, zunächst einen Blick auf den 1969 in Heidelberg geborenen Autor Lars Jaeger zu werfen. Er studierte Physik und Philosophie in Bonn und in Paris, promovierte 1997 in Dresden, wo er noch weitere acht Jahre als Postdoc am „Max Planck-Institut für Physik komplexer Systeme“ wirkte. Danach wanderte er in die Finanzwelt ab, wurde Unternehmer und ist in der Hedgefond-Industrie ein bekannter Autor. Seit 2014 veröffentlicht er auch Werke aus dem Bereich Wissenschaftsgeschichte; er selbst bezeichnet sich auf seiner Homepage als „Sachbuchautor, Wissenschaftsblogger, Unternehmer“.2 2022 erschien neben seiner Noether-Biographie auch sein Werk „Die Neuentdeckung der Welt – Wie Genies die Wissenschaften aus ihren tiefsten Krisen in die Moderne führten“. Er veröffentlicht, wie man so schön sagt, am laufenden Bande, darunter auch sehr viele Titel aus dem Bereich des Finanzwesens.

Jaegers Noether-Biographie beginnt ungewöhnlich, nämlich mit dem „Umsturz in der Mathematik“ (S. 10–35), wobei die Kapitelüberschriften hier lauten: „Cantors neue Unendlichkeit“, „Paradoxien zerstören die klassische Mathematik“, „Hilberts Hoffnung und Gödels Schneise der Verwüstung“ und „Vom Entscheidungsproblem zum Halteproblem“. Es ist damit klar, dass sich seine Biographie nicht an eine Leserschaft ohne Einblicke in die Mathematik richtet.

Erst jetzt folgt Noethers „steiniger Weg an die Weltspitze der Mathematik“ in Form von 9 weiteren Kapiteln. Dem Autor mangelt es in der Tat nicht an Sachkenntnis in Mathematik und Physik, seine Darstellung ist auf einem hohen Niveau gut und spannend geschrieben. Besonders ausführlich geht Jaeger auf „die Noether- Jungs [und Mädels]“ (S. 143–167) ein, ein besonderes Kapitel ist Grete Hermann gewidmet (S. 168–191). Im „Nachwort“ (S. 237–238) zieht der Autor die Bilanz: „Ihre tiefen, heute zentralen mathematischen Einsichten und ihr nicht weniger tiefes physikalisches Noether-Theorem machten Emmy Noether zu einem historisch raren Menschen [...]. Emmy Noether würde heute ohne Frage die beiden höchsten Auszeichnungen dieser Dispziplinen verdienen: den Physik-Nobelpreis und die Fields-Medaille.“ Einen Physik-Nobelpreis an Emmy Noether, das würde wohl viele Kenner der Physikgeschichte eher nicht überzeugen. Im Anhang folgt eine Zeittafel (S. 240), ein Kapitel „Expertenwissen“ für mathematisch besonders Interessierte (S. 241–248), Anmerkungen (S. 249–260) sowie eine Bibliographie. Hier zitierte der Autor u. a. drei Titel von Peter Roquette, die auch deutlich machen, dass Jaeger in seiner Noether-Biographie von Roquettes Ausführungen zu Emmy Noether sehr profitierte.

Die 5 Abbildungen bieten nichts Neues, hätten aber von besserer Qualität sein dürfen.

Die Noether-Biographie von Lars Jaeger wird jedem ein willkommener Lesestoff sein, der keine Berührungsängste mit der höheren Mathematik und der theoretischen Physik hat.

1 Springer-Verlag, Cham, 339 S.
2 Siehe Lars Jaeger Home/Lars Jaeger.


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Quelle: Springer Verlag, Mathematische Semesterberichte, 2023, Band 70, S. 89-91
Mit freundlicher Genehmigung des Verlags

Rezension: Karin Reich (Uni Hamburg)