theorem des TodesHartmut W. Mayer, Moritz Edermann

Noack & Block (21. November 2024); Taschenbuch; 230 Seiten, 20 €

ISBN-10: 386813199X
ISBN-13: ‎978-3868131994

Der erste Autor Hartmut W. Mayer hat Mathematik, Physik und Philosophie studiert und das Buch „Von der Grundlagenkrise der Mathematik zu den Gödelschen Unvollständigkeitssätzen“ verfasst. Der zweite, Moritz Edermann, ist Berufspilot und Experte für Risikomanagement und Flugsicherheit. Da kann man sich denken, wer von den beiden für welche Teile des Buches verantwortlich ist.

Worum geht es? In der Nähe von Frankfurt stoßen zwei Flugzeuge zusammen, die Passagiermaschinen stürzen ab, es gibt keine Überlebenden, rund 600 Tote. Das eine Flugzeug gehört einer deutschen Fluggesellschaft, das andere einer afrikanischen. Sind Wetterbedingungen, Materialermüdung, Softwarefehler, menschliches Versagen oder gar ein terroristischer Angriff dafür verantwortlich? Schnell sollen die dafür zuständigen Institutionen, darunter die Bundesstelle für Fluguntersuchungen, die Ursachen des Unglücks klären. Da sämtliche Beweismittel wie Flugzeugtrümmer, Flugpläne, Handbücher und sämtliche technische Dokumentationen und die Gespräche der Fluglotsen vorhanden und nur noch die verschiedenen Flugschreiber (die sogenannten Blackboxes) mit den hoffentlich lesbaren Daten zu analysieren sind, steht einer baldigen Auswertung eigentlich nichts im Wege. (Die hier verwendeten Fachtermini verraten den zweiten Autor.)

Dann aber kommt die Politik ins Spiel. In Berlin ist eine Koalition aus den Sozialdemokraten, die den Bundeskanzler stellen, und einer rechtsstehenden Partei an der Regierung. In Kürze sind Neuwahlen, in der die rechte Partei mit ihrem derzeitigen Justizminister gute Aussichten hat zu gewinnen. Der will mit seinem Wahlkampfteam den Unfall ausnutzen und bei den Wählern mit krassen rassistischen Argumenten punkten. Er macht das afrikanische Flugzeug, gesteuert von afrikanischen Piloten, für den Unfall verantwortlich, obwohl er dafür keine Beweise vorlegen kann. Um die Aufklärung der Ursachen bis nach den Wahlen zu verzögern, hat er deshalb den Leiter der Bundesanwaltschaft angewiesen, dass dieser die Untersuchung an sich zieht und als neuer hauptverantwortlicher Beamter weitere Nachforschungen vorerst verzögert oder gar unterbindet. Diese Abschnitte erinnern sehr an die aktuelle (Januar 2025) politische Situation in manchen Teilen der Welt.

Die IT-Firma, die das Steuerungsprogramm für das deutsche Flugzeug entwickelt hat, untersucht nach dem Unfall noch einmal ihre Software, ob diese womöglich doch einen bisher übersehenen Fehler enthält. In diesem Zusammenhang spielt ein erstes Mal das Thema „Wissenschaft“ eine – allerdings nur kleine – Rolle. Denn die Mathematikerin der Firma setzt durch, dass diese erneute Evaluation mit einer klaren „Falsifikationsstrategie gemäß dem Wissenschaftstheoretiker Karl Popper“ durchgeführt wird.

Dann aber wird von einem Spaziergänger am Unfallort zufällig ein „Quick Access Recorder“ gefunden, der in die richtigen Hände gelangt und schließlich nach einigen weiteren Ereignissen zur Aufklärung führt. Die Manipulationen des Justizministers kommen ans Licht und schließlich verliert seine Partei auch die Wahl und er muss von allen Ämtern zurücktreten.

Endlich liegt auch der Abschlussbericht über den Unfall vor. Es ist fast alles eindeutig geklärt. Das deutsche Flugzeug ist abgestürzt und hat das andere mitgerissen. Es liegt kein menschliches Versagen vor. Obwohl die Steuerungssoftware alle Tests einwandfrei bestanden hat, wurde der Absturz von ihr verursacht. Zwei Parameter wurden in dem Programm vertauscht und führten zu dem fatalen Fehler. Die Ursache dafür ist unerklärlich, denn „selbst millionenfache Simulationen hatten dieses Fehlverhalten nicht zu reproduzieren vermocht“. Und wieder kommt die schon oben erwähnte Mathematikerin zu Wort. Kurt Gödel wird von ihr mit seinen Forschungen zur Widerspruchsfreiheit der Mathematik in die Diskussion eingebracht. Sie sagt „Somit drängt sich die Frage auf, ob die Gödelsche Unvollständigkeit ein Erklärung liefern könnte. Die Frage muss unbeantwortet bleiben, sie ist reine Spekulation.“

Der „Vollständigkeit“ halber endet das Buch dann versöhnlich. Alle Beteiligten erhalten ihren gerechten Lohn – die „Bösen“ werden enttarnt, verlieren ihre Posten oder werden verhaftet, die „Guten“ lösen ihre privaten und geschäftlichen Beziehungen bestens.

Ich hatte mir beim Lesen des Titels und der Kennzeichnung des Buches als „Wissenschaftsbuch“ noch etwas mehr aus diesem Bereich erwartet. Aber so liest sich der Roman flüssig und ist recht unterhaltsam.

Rezension: Hartmut Weber (Kassel)