Wie man durch ein Postkarte steigt

Wie man durch eine Postkarte steigt
... und andere spannende mathematische Experimente

Albrecht Beutelspacher, Marcus Wagner
Herder Verlag, 2008, 160 Seiten, 14,90 €

ISBN: 3-451-29643-8

Es gibt wieder etwas Neues von Albrecht Beutelspacher zu lesen. Gerade für interessierte Mathematiklaien oder -liebhaber ist dies immer eine gute Nachricht. So waren bereits seine Bücher Das ist o.B.d.A. trivial, Pasta all'infinito. Meine italienische Reise in die Mathematik oder Einmal sechs Richtige große Erfolge. Jedes Mal ist es ihm gelungen, mathematische Themen auf allgemeinverständliche und vor allem faszinierende Art und Weise zu präsentieren.
Jetzt hat er gemeinsam mit seinem ehemaligen Mitarbeiter am Mathematikum in Gießen und jetzigen wissenschaftlichen und pädagogischen Leiter des Dynamikum Science Center in Pirmasens, Marcus Wagner, ein mathematisches Experimentierbuch herausgegeben.
Dies ist hauptsächlich für Kinder konzipiert, bereits Kinder im Vorschulalter werden sich an dem einen oder anderen Experiment begeistern können. Jedoch stellt es auch für Erwachsene einige spannende Experimente bereit.
Das es sich wirklich um Experimente und gerade um mathematische Experimente handelt, ist den Autoren wichtig. So schreiben sie bereits im Vorwort:
"Wenn man den Unterschied zwischen einem physikalischen und einem mathematischen Experiment scharf fasst, kann man sagen: Mit einem physikalischen Experiment wird ein Naturgesetz nachgewiesen, mathematische Experimente regen Gedanken an. In jedem Fall ist es so, dass mathematische Experimente immer das gleiche Ergebnis liefern."
Auch beschreiben sie die mathematischen Experimente dadurch, dass sie Anlass zu Fragen geben, warum das Experiment ein solches Ergebnis liefert. Außerdem regen sie Vorstellungen an und bergen in sich Hinweise zur gedanklichen Klärung. Guten Gewissens kann hier behauptet werden, dass dies tatsächlich so ist. Zwar mögen einige der Experimente simpel erscheinen, doch gibt es genügend andere, bei denen man aus dem Staunen kaum heraus kommt. Was jedoch vor allem lobenswert ist, ist die Tatsache, dass man sich fast zwangsläufig Gedanken darüber macht, wie solche "Phänomene" funktionieren. Ganz ohne Druck kommt es so zu einer Auseinandersetzung mit mathematischen Prozessen, welche einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf das allgemeine mathematische Verständnis haben kann.
Insgesamt sind die Experimente in folgende acht Kategorien eingeteilt:

  1. Figuren
  2. Kurven
  3. Es passt!
  4. Zwischen zweiter und dritter Dimension
  5. Würfel und Pyramiden
  6. Reflexionen
  7. Kleine und große Zahlen
  8. Geheimnisvolles

Wie diese Einteilung schon andeutet, findet man zu vielen verschiedenen Themen spannende Experimente.
Auch die Experimente zu Beginn, welche noch äußerst einfach sind, wie beispielsweise aus Rechtecken gleichseitige Dreiecke zu falten, fördern interessante, oft nicht bekannte Tatsachen zu Tage, da sie jeweils mit ausführlichen Erklärungen versehen sind. So lernt man dabei gleich noch etwas über Symmetrieeigenschaften, Wurzeln oder Eigenschaften von DIN-Maßen.
Sehr positiv ist auch, dass im überwiegenden Fall der Experimente keine besonderen Hilfsmittel benötigt werden. Es genügen fast immer Papier, Klebstoff und eine Schere. So lassen sich die Experimente auch spontan durchführen. Bei einigen wenigen werden noch gewisse Zusatzhilfsstoffe gebraucht, beipielsweise Spiegelkacheln, doch können alle diese benötigten Stoffe problemlos in Bastel- oder Handwerkermärkten besorgt werden.
Hat man diese Ausrüstung dann zusammen, so kann man Möbiusbänder zerschneiden und sich fragen, warum man nicht zwei Teile, sondern nur ein längeres erhält, man kann verklebte Papierringe zerschneiden und zur allgemeinen Verwunderung ein Quadrat erhalten oder man lernt etwas über Codierungstechniken, um sich geheime Nachrichten zukommen zu lassen. Natürlich erfährt man auch die im Titel angedeutete Methode, durch eine Postkarte zu steigen.
Alles in allem ein großer und aufgrund der Vielzahl der Experimente auch lang anhaltender Spass für Kinder und Erwachsene.

(Rezension: Joerg Beyer)