Mathematik in der Biologie
Erich Bohl
Springer-Verlag 2001, 16,95 €
ISBN: 3540206647
Waren bisher Bücher über Mathematik für Biologen betitelt mit "Mathematik für Biologen", so konnte man sicher sein, ein Mathematik-Lehrbuch auf mathematisch einfachem Niveau, gelegentlich gespickt mit Beispielen aus der Biologie vor sich zu haben. Sehr zum Verdruss der Biologie-Studenten. Nun heißt das neueste Buch auf dem Markt "Mathematik in der Biologie". "In" der Biologie. Die für die Biostudenten vorgesehene Mathematik ist flankiert von hervorragenden Beispielen, die ein Standardmathematiker oftmals nicht willens ist, sich vor Beginn seiner Veranstaltung selber herauszusuchen. Insofern ist das Buch eine unglaubliche Bereicherung auf dem Mathe-Biobuchmarkt. Beispiele werden zu Hilfe genommen, um endlich den Sinn verschiedener Methoden zu beleuchten. Beispielsweise werden Funktionen als "Modelle" eingeführt, der Begriff der Ableitung als "Veränderung". Wie lange musste man bisher in Lehrbüchern danach suchen? Ich freue mich jedenfalls, dass meine Studenten mit diesem Buch die Möglichkeit haben, diesem Erklärungszugang nicht nur in einer Vorlesung zu begegnen, sondern ihn auch in einem Springer-Lehrbuch nachlesen zu können. Insofern ist das Buch als Vorlesungsbegleitung gut geeignet und zu empfehlen. Allerdings nicht für diejenigen, die der Mathematik schon immer skeptisch gegenüberstanden oder sie gar aus einem Buch heraus verstehen wollen. Meine Studenten, die das Buch bewerten sollten, kamen zu ähnlich kritischen Urteilen wie über die anderen bekannten Bücher. Sie argumentierten, im Grunde handele es sich um ein Buch für Mathematiker mit Interesse an Anwendungen in der Biologie. Woran liegt das? Wenn der "Kunde" im Mittelpunkt stehen soll, muss sich ein Buch an den Bedürfnissen und Wünschen des Kunden orientieren. Betrachtet man die Angebotsseite, so erweitert das vorliegenden Buch die Bandbreite zwar zweifelsohne. Fragt man jedoch nach den Bedürfnissen der Studenten, dann nicht. Meiner Ansicht nach wollen und brauchen Biostudenten einen induktiven Zugang zur Mathematik. Sicher, dieser stellt alles in der Mathematik erst einmal grundsätzlich in Frage und damit auch den Mathedozenten. Fachlich kann das eine große Herausforderung sein. Wie kann nun solch ein Buch noch besser werden? Eine induktive, Fragen provozierende und zugegebenermaßen wesentlich längere, ausführlichere Darstellungsweise wäre ein aus mathematischer Sicht vollkommen untypischer Lehrbuchstil. Aber letztlich soll es ja ein Buch für BIOLOGEN sein. Vermutlich würde so eines weggehen "wie warme Semmeln". Heißen könnte es dann "Mathematik AUS der Biologie". Guten Appetit.
(Rezension: Harald Nusser)