der untergang der Mathemagika

Der Untergang von Mathemagika
Ein Roman über eine Welt jenseits unserer Vorstellung

Karl Kuhlemann

Springer Spektrum; Auflage: 2015 (22. Mai 2015), Taschenbuch, 180 Seiten, 12,99 €

ISBN-10: 3662459787
ISBN-13: 978-3662459782

Schmunzeln musste ich schon auf den ersten Seiten über das mathematische Kneipengespräch, das ein „ewiger“ Mathematikstudent namens „Prof“ mit seinem Freund, dem Kneipenwirt und abgebrochenen Philosophiestudenten „Dio“, und einem intelligenten Gast über den Dimensionsbegriff und die vierte Dimension führt. Ob das auch in den nächsten Kapiteln so bleiben wird?

Und es bleibt in der Tat eine witzige, geistreiche Erzählung, in der es die beiden Freunde in das merkwürdige Mathemagika, eine Welt der Ideen, eine Welt der Mengen, verschlagen hat. In dieser Welt sind die verstorbenen großen Mathematiker zu Hause. Das Grundgesetz dieser Welt ist das Axiomensystem von Zermelo-Fraenkel und in dieser Welt ist alles möglich, was „logisch möglich ist“.

Mit Cantor diskutieren sie bei ihrem ersten Erlebnis über die Unendlichkeit, und dieser erzählt vom Hilbert'schen Hotel und den von ihm entdeckten Diagonalverfahren für abzählbare Mengen und den Nachweis der Mächtigkeit des Kontinuums. Und von ihm erfahren sie auch von der Entführung Gödels und dem Krisenstab, der diesen Fall lösen soll. An dieser Lösung arbeiten König Aleph, Kanzler Hilbert und die Minister Cantor und Zermelo, während Kronecker über deren Vorschläge nörgelt und stänkert.

Auch Prof und Dio werden in die Kriminalhandlung verwickelt. Sie lernen Euklid kennen, mit dem sie über klassische und moderne Auffassungen von Geometrie streiten.

Damit sind für den Leser die mathematischen Voraussetzungen geschaffen, um sich in einem Exkurs über „Das Volk der Ausdehnungslosen“ mit dem Banach-Tarski Paradoxon vertraut zu machen.*  So erstaunlich anschaulich der Autor hier den abstrakten Beweis vorführt, so erfordert dieser doch hohe Konzentration und scharfes Mitdenken. Wer will, kann – wie ich – diese 25 Seiten Exkurs erst einmal quer lesen, für die Fortsetzung der Entführungsgeschichte und das Ende der Reise durch Mathemagika sind sie im Detail nicht notwendig.

In den nächsten Abschnitten des Buches treten dann neben Gödel und Fermat höchst phantasievoll die beiden Schwestern, eine Schlange und eine Prinzessin auf, die schließlich mit den beiden Protagonisten zusammen den Entführungsfall auflösen, bevor der Antilogos den Untergang von Mathemagika herbeiführt, Prof und Dio aber in letzter Sekunde noch in ihre Kneipe zurückkehren können.

In den phantastischen Verwandlungen in diesem Teil wird der mathematische Hintergrund des Paradoxons immer wieder spielerisch aufgegriffen und sehr witzig beschrieben. Das Buch bietet Vergnügen bis zur letzten Seite!


* Wikipedia: [Nach dem Satz von Banach-Tarski] kann man z. B. eine Kugel in drei oder mehr Dimensionen derart zerlegen, dass sich ihre Teile wieder zu zwei lückenlosen Kugeln zusammenfügen lassen, von denen jede denselben Durchmesser hat wie die ursprüngliche. Das Volumen verdoppelt sich, ohne dass anschaulich ersichtlich ist, wie durch diesen Vorgang Volumen aus dem Nichts entstehen können sollte.

Auf You Tube findet man unter dem Stichwort „Banach-Tarski Paradox“ dazu wunderbare Videos.

Rezension: Hartmut Weber (Kassel)