Suchergebnisse

Alexander Wilhelm von Brill
20.09.1842 - 08.06.1935 | Mathematik, Physik

Portrait Alexander Wilhelm von BrillAlexander Wilhelm von Brill wurde am 20.9.1842 in Darmstadt geboren und war der Sohn des Buchdruckerei-Besitzers Heinrich Konrad Brill und dessen Ehefrau Julie Henriette geb. Wiener. Es folgte nach dem Darmstädter Gymnasium ein Studium ab 1860 zur Architektur und Mathematik an der TH Karlsruhe bei Alfred Clebsch. An dieser Universität war sein Onkel Christian Wiener Professor für darstellende Geometrie. 1863 schloss er dies in Architektur und das Lehramtsexamen in Mathematik ab und folgte Clebsch an die Universität Gießen, wo er sich durch Hilfslehrertätigkeiten und Privatstunden finanzierte. Er promoviert 1864 und habilitierte drei Jahre später, wobei er 1865/6 in Berlin bei Karl Weierstraß, Ernst Eduard Kummer und Leopold Kronecker studierte. Zunächst wurde er Privatdozent in Gießen und ein Jahr nachdem Clebsch nach Göttingen ging, wechselte Brill zum Professor 1869 an die TH Darmstadt. Sechs Jahre später wurde Brill Professor an der TH München, wo auch für fünf Jahre sein Kollege Felix Klein war. Beide waren engagierter Lehrer, die einen hohen Wert auf Anschaulichkeit legten. Als gelernter Architekt entwarf Brill mathematische Modelle, welche er auch selbst baute. Zu ihren Studenten zählten in München Adolf Hurwitz, Walther von Dyck, Carl Runge, Max Planck, Karl Rohn, Luigi Bianchi, Gregorio Ricci-Curbastro. Brill beschäftigte sich mit algebraischer Geometrie und untersuchte 1874 mit Max Noether die Funktionenkörper algebraischer Kurven, wobei darin u.a. der Satz von Riemann-Roch mit algebraischen Methoden bewiesen wurde. 1894 wurde auch ihre gemeinsame große Übersichtsarbeit im Jahresbericht des Deutschen Mathematiker Vereinigung bekannt, welche über die Geschichte der Theorie algebraischer Kurven handelte. In dieser Zeit hatte Brill 1875 Anna Schleiermacher geheiratet und hatte später drei Söhne und eine Tochter mit ihr, welche dann der spätere Präsident des Reichsausgleichsamtes Alexander Brill, Prof. Eduard Brill und der Fabrikant August Brill wurden. Alexander Wilhelm von Brill wurde 1884 ordentlicher Professor an der Universität Tübingen und war dort für zwei Jahre ab 1996 sogar Rektor. In dieser Zeit beschäftigte er sich mit algebraischen Korrespondenzen (Cayley-Brill Korrespondenzprinzip) und algebraischen Raumkurven. Da er sich auch stark mit der mathematischen Physik auseinandersetzte, entstand das zweitälteste Lehrbuch über die Relativitätstheorie (nach einem Buch von Max von Laue 1911) im Jahr 1912. Die Geschichte der Mathematik interessiert ihn ebenfalls sehr und so beschäftigte er sich mit den Werken von Johannes Kepler. Brill wurde 1897 mit dem Ehrenkreuz des Ordens der Württembergischen Krone ausgezeichnet wodurch er seinen persönlichen Adelstitel erhielt. Ab 1920 war er für fünf Jahre Vorsitzender der Württembergischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften. Brill war u.a. Mitglied der Accademia dei Lincei, der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, der Leopoldina (Halle), der Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften und 1907 Vorsitzender des Deutschen Mathematiker Vereinigung (DMV) und 1927 Ehrenmitglied. Am 8.6.1935 verstarb Brill in Tübingen.

Ruth Ellen Gentry
22.02.1862 - 18.10.1917 | Projektive Geometrie, Quaternionen

Portrait Ruth Ellen GentryRuth Ellen Gentry wurde am 22.02.1862 als die jüngste Tochter eines Farmers und Händlers geboren. Sie wuchs auf einer Farm in Stilesville in Indiana auf. Gentrys Hochschulausbildung war an der State Normal School in Terre Haute, auch später bekannt als die Indiana State University. An dieser lehrerausbildenden Schule wurde erst 1870 Unterricht, wobei der Bachelor erst ab 1908 vergeben wurde. Nun hatte Gentry sich 1880 als Lehrerin qualifiziert und lehrte für zehn Jahre an privaten Vorbereitungsschulen. Nachdem die Universität von Michigan 1870 das erste College wurde, welches weibliche Studenten annahm, entschied sich Gentry 1885 ihren Bachelor in Mathematik nachzuholen. Jedoch lehrte Sie nach einem Jahr an der Schule in Florida und schloss erst danach 1890 ihren Bachelor of Philosophy ab. Gentry wollte mehr und ist an das seit 1885 geöffnete Bryn Mawr College in Pennsylvania gewechselt, welches die erste Institution in den USA war, wo Frauen promovieren konnten. Neben dieser Tatsache hatte die Mathematik an dieser Universität einen exzellenten Ruf. Zu dieser Zeit besaßen nur ein paar Frauen in den USA einen Doktor der Philosophie in Mathematik. Unter anderem war dies Charlotte Scott, welche am Bryn Mawr College den Stuhl für Mathematik innehatte. Sie kam durch die Betreuung von Arthur Cayley von der Cambridge Universität in England zu jener Position. Scott beaufsichtigte Gentrys Studien und bereits nach einem Jahr erhielt Gentry den „Association of College Alumnae European Fellowship“, welches ihr Europastudium finanzieren sollte. Gentry war die zweite Trägerin dieses Preises. 1891 reiste sie direkt nach Berlin, um zum einen die deutschen mathematischen Methoden zu erlernen. Leider stieß sie in Deutschland auf großes Missverständnis und harte Ablehnung. Die Mathematikprofessoren Lazarus Fuchs, Ludwig Schlesinger und Felix Klein hatten für damalige Verhältnisse kein Verständnis dafür, was eine Frau mit Mathematik anfangen könnte. Im Endeffekt durfte Gentry für ein Semester in Berlin den Vorlesungen beiwohnen, also frei von Bewertung. Nach dem Semester war es ihr sogar verboten worden weiterhin teilzunehmen. Erst später erhielt sie die Information, dass ihr das Verbot von Prof. Fuchs und dem Rektor Foerster ausgesprochen wurde. Daraufhin studierte sie ein weiteres Semester an der Sorbonne Universität in Paris und kehrte an das Bryn Mawr College zurück. Sie erhielt 1892-94 ein Stipendium für Mathematik und wurde 1894 Mitglied der „New York Mathematical Society“ der späteren „American Mathematical Society“. Ihre Promotion wurde von Charlotte Scott beaufsichtigt mit der These: "On the Forms of Plane Quartic Curves”einer. Gentry fertigte zwar im Juni 1894 ihre Arbeit aus, allerdings nahm das Drucken der Arbeit zwei Jahre in Anspruch, wodurch ihre Arbeit erst 1896 offiziell gemacht werden konnte. In dieser Zeit wurde ihr eine Stelle am Vassar College in New York angeboten, welche Sie 1896 annahm. Das Vassar College war ein Frauen-College, wo Frauen ein den Männern gleichgestelltes Studium absolvieren konnten. Gentry war das erste Fakultätsmitglied, welches einen Doktortitel innehatte und wurde als Leiterin der Mathematik eingestellt. Als Professorin unterrichtete sie für 2 Jahre und bot währenddessen auch Fortgeschrittenenkurse für projektive Geometrie, moderne Methoden der Analytik und anderen Themen an. 1902 verließ Gentry das Vassar College, um eine Stelle als "Associate Principal“ der „Miss Gleim's Private School“ in Pennsylvania anzunehmen, da ihr Brustkrebsleiden sie stark einschränkte. 1904 wurde sie Leiterin der Mathematikabteilung, musste allerdings 1905 auch hier zurücktreten. Sie kehrte nach Stilesville zurück und reiste zwischendurch für ein paar Jahre nach Europa. Letztendlich verstarb Gentry an 18.10.1917 in ihrer Heimatstadt Stilesville.

Adolf Hurwitz
26.03.1859 - 18.11.1919 | Algebra, Analysis, Geometrie

Portrait Adolf HurwitzAdolf Hurwitz hat das Glück, dass sein Mathematiklehrer am städtischen Realgymnasium Andreanum in Hildesheim, Dr. Hermann Schubert, schon früh die mathematische Begabung seines Schülers erkennt und ihn in besonderer Weise fördert: Sonntags darf Adolf seinen Lehrer zu Hause besuchen und lernt dabei mathematische Gebiete kennen, die im Lehrplan nicht vorgesehen sind. Im Jahr 1876 – Hurwitz ist gerade 17 Jahre alt – erscheint ein gemeinsamer Aufsatz von Lehrer und Schüler in den Mathematischen Annalen über ein Zählverfahren der algebraischen Geometrie, in dem es um die Frage geht, wie viele Kurven oder Flächen im Raum bestimmte Eigenschaften erfüllen. Als Hurwitz seine Schulzeit erfolgreich beendet hat, kann Schubert seinen Vater überreden, den Sohn Mathematik studieren zu lassen. Als einfacher Handwerker ist dieser jedoch nicht in der Lage, die notwendigen finanziellen Mittel für das Studium aufzubringen. Mit Unterstützung durch einen Freund des Vaters und einem dringenden Empfehlungsschreiben von Schubert an Felix Klein beginnt Hurwitz sein Mathematikstudium an der Technischen Hochschule in München. Nach brillanter Promotion habilitiert Hurwitz sich in Göttingen. Wegen seiner jüdischen Abstammung hat er jedoch nur geringe Chancen, eine feste Stelle zu finden. Daher folgt er 1884 – Hurwitz ist gerade einmal 25 Jahre alt – gerne einer Einladung, in Königsberg eine Stelle als außerordentlicher Professor anzunehmen. 1892 nimmt Hurwitz einen Ruf des Eidgenössischen Polytechnikums (heute ETH) in Zürich an. Zusammen mit seiner Frau und den drei Kindern zieht er für die verbleibenden 27 Lebensjahre in die Schweiz. Während seiner Studienzeit in München hatte sich Hurwitz an Typhus infiziert, 1886 ein weiteres Mal; mit zunehmendem Alter leidet er an den Folgen der Infektion, die sich u. a. in Form von Migräne-Attacken zeigen. Hinzu kommen starke Funktionsstörungen seiner Nieren. Nach dem Verlust einer Niere im Jahr 1905 sind seine Arbeitsmöglichkeiten erheblich einschränkt. Im Laufe seines Lebens veröffentlicht Hurwitz insgesamt 96 umfangreiche wissenschaftliche Arbeiten, insbesondere zur Analysis komplexwertiger Funktionen und der Theorie Riemann’scher Flächen. Große Anerkennung finden auch seine zahlreichen Beiträge zur Zahlentheorie, zu algebraischen Strukturen und zur Geometrie.

Felix Klein
25.04.1849 - 22.06.1925 | Analysis, Geometrie

Portrait Felix KleinSchon sein Geburtsdatum hatte mit Mathematik zu tun - gerne verwies Felix Klein, der in Düsseldorf geborene Sohn eines preußischen Verwaltungsbeamten, darauf, dass sich das Datum aus lauter Quadratzahlen zusammensetzt (5², 2², 43²). Nach erfolgreichem Schulbesuch nimmt Felix Klein mit 16 Jahren ein Studium der Mathematik und Experimentalphysik in Bonn auf, promoviert mit 19 Jahren über ein Thema aus der 'Liniengeometrie' seines Lehrers Julius Plücker, forscht und publiziert weiter über Fragen der Geometrie, wie etwa zur Weiterentwicklung des Koordinatenbegriffs und der Dimension des Raums. Seine Schrift “Vergleichende Betrachtungen über neuere geometrische Forschungen” geht als Kleins Erlanger Programm in die Wissenschaftsgeschichte ein. Seit der Entdeckung nicht-Euklidischer Geometrien zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch Nikolai Iwanowitsch Lobatschewski und Janos Bolyai beschäftigt die Fachwissenschaft die Frage 'Gibt es eine Geometrie oder viele?'. Klein zeigt nun mithilfe der Gruppentheorie, dass sich alle diese Geometrien als Spezialfälle der Projektiven Geometrie einordnen lassen. 1882 entdeckt er ein geometrisches Objekt, bei dem man innen und außen nicht unterscheiden kann; es wird heute als Klein’sche Flasche bezeichnet (möglicherweise wegen eines Übersetzungsfehlers ins Englische – Verwechslung der Wörter Flasche und Fläche). Ein besonderes Anliegen sind für ihn die Ausbildung der Mathematiklehrer und die Gestaltung des Mathematikunterrichts an Schulen. Er verfasst das dreibändige Werk ‘Elementarmathematik vom höheren Standpunkte aus’, um den Lehrern zu helfen, die Diskrepanz zwischen den an der Hochschule gelehrten Inhalten und den in den Schulen üblichen Unterrichtsthemen zu bewältigen und diese einzuordnen. Nach seiner Emeritierung im Jahr 1913 setzt sich Felix Klein, der in einer Würdigung respektvoll als ‘Papst und Außenminister der Mathematik’ bezeichnet wird, nicht zur Ruhe. Dank seiner weitreichenden Beziehungen gewinnt er namhafte Autoren für die ‘Encyclopädie der mathematischen Wissenschaften mit Einschluß ihrer Anwendungen’. Auch arbeitet er seine Vorlesungen aus, darunter ‘Über die Entwicklung der Mathematik im 19. Jahrhundert’.

Marius Sophus Lie
17.12.1842 - 18.02.1899 | Geometrie, Algebra

Portrait Marius Sophus LieDer Norweger Marius Sophus Lie wurde im Jahre 1842 in Nordfjordeide, einem kleinen Ort in zwischen Bergen und Åesund als jüngstes von sechs Kindern eines protestantischen Pastors geboren. Von 1857 an besuchte er eine lateinische Schule in Christiania (heute Oslo). Ursprünglich wollte er eine militärische Karriere einschlagen, die ihm aber aufgrund seiner schlechten Sehfähigkeit verwehrt blieb. Im Jahre 1860, mit 17 Jahren besuchte Lie die Universität von Christiania, wo er unter anderem bei Sylow die Theorien von Galois zur Symmetrie von Lösungen algebraischer Gleichungen lernte, was für seine spätere Arbeit von entscheidener Bedeutung sein sollte. Zunächst strebte er jedoch keine mathematische Karriere an- nach seinem Abschluss 1865 begann er zunächst, als Privatlehrer zu arbeiten. Da diese Tätigkeit ihm keine Befriedigung verschaffte, entschied er sich doch für eine akademische Laufbahn, konnte sich allerdings nicht zwischen Astronomie, Physik, Botanik und Zoologie entscheiden. Am Ende blieb er dann doch bei der Mathematik und veröffentlichte ab 1869 erste mathematische Abhandlungen. Diese wurden von ihm selbst finanziert, da die Universität von Christiania ihm Forschungsgelder versagte- seine Ideen, Lösungen von Differentialgleichungen mit den Methoden aus der Geometrie, insbesondere mit Symmetriegruppen zu beschreiben und zu klassifizieren, galten als zu revolutionär. Einen Freund und Förderer fand er hingegen in Felix Klein, den er 1869 in Berlin traf. Gemeinsam reisten sie 1870 nach Paris wo sie auf Darboux, Chasles und Jordan trafen. Insbesondere letzterer, einer der Väter der Gruppentheorie konnte sich für die Arbeiten Lies begeistern. Wegen des Deutsch-Französischen Krieges, der 1870 ausgebrochen ist, musste Klein als preußischer Staatsbürger aus Frankreich flüchten. Lie, der als Norweger einem neutralen Staat angehörte, sah sich zunächst in Sicherheit. Seine mathematischen Aufzeichnungen, die einige Fachbegriffe in deutscher Sprache enthielten wurden allerdings für verschlüsselte Botschaften gehalten, und so sah er sich dem Vorwurf der Spionage konfrontiert, wurde jedoch nach einem Monat Haft wieder freigelassen. Nach Zwischenstationen in Berlin und Chrisitiania nahm er 1880 eine Stelle in Leipzig als Nachfolger von Klein, der nach Göttingen ging, an. Seine Vorlesungen erfreuten sich großer Beliebtheit: während seiner zwölfjährigen Tätigkeit in Leipzig hatte er 26 Doktorranden. Seit 1890 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand, ein paar Jahre später kehrte er nach Christiania zurück, unter anderem auch, weil er die weiten, wilden Landschaften seiner Heimat vermisste. 1889 Starb er an einer perniziösen Anämie, die vermutlich durch einen B12-Mangel verursacht wurde.

Lies wichtigste mathematische Leistungen sind die Einführung und Untersuchung der Lie-Gruppen und Lie-Algebren, die die mathematischen Gebiete Differentialgeometrie und Algebra miteinander verbinden.

August Ferdinand Möbius
17.11.1790 - 26.06.1868 | Analysis, Astronomie, Geometrie

Portrait August Ferdinand MöbiusAugust Ferdinand Möbius wächst als einziges Kind eines Tanzlehrers der fürstlichen Landesschule in Schulpforta (nahe Naumburg) auf. Nach dem frühen Tod des Vaters kümmert sich die Mutter selbst um die schulische Ausbildung. 1809 nimmt er auf Wunsch der Familie ein Jura-Studium an der Universität zu Leipzig auf, wechselt aber bald zu Mathematik, Astronomie und Physik. Bereits 1816 wird er zum außerordentlichen Professor für Astronomie und Mechanik in Leipzig ernannt; gleichzeitig ist er als „Observator“ verantwortlich für den Neubau der Sternenwarte. Bei seinen Vorlesungen tut er sich anfangs allerdings schwer, sodass er Schwierigkeiten hat, genügend zahlende Studenten zu finden. Erst als 1844 die Universität Jena versucht, ihn abzuwerben, erhält er endlich die angestrebte ordentliche Professur der höheren Mechanik und Astronomie in Leipzig. Von 1840 an beschäftigt er sich mit topologischen Fragen; in die Literatur eingegangen sind das von ihm gestellte Fünf-Prinzen-Problem, ein Vorläufer des Vier-Farben-Problems, und das nach ihm benannte Möbius-Band. 1827 erscheint Möbius' bedeutendste mathematische Arbeit „Der barycentrische Calcul“. In ihr entwickelt er die „Theorie geometrischer Verwandtschaften von Figuren“, die später von Felix Klein zur Klassifikation der verschiedenen geometrischen Ansätze (Erlanger Programm) verwendet wird. Möbius wird vor allem in seinen letzten Lebensjahren, in Anerkennung seiner herausragenden wissenschaftlichen Leistungen, von mehreren Akademien als korrespondierendes Mitglied aufgenommen. Seine Tätigkeiten als Hochschullehrer und Leiter der Sternwarte nimmt er bis zu seinem Tod wahr.

Ernst Zermelo
27.07.1871 - 21.05.1953 | Logik, Mengenlehre, Analysis

Portrait Ernst ZermeloScharfzüngig, intelligent, standhaft: Der Mathematiker und Logiker Ernst Zermelo war einer der bemerkenswertesten Figuren der jüngeren Mathematikgeschichte. Auf ihn geht die sog. Zermelo-Mengenlehre zurück, ein Axiomensystem, welche den naiv-intuitiven Begriff der Menge auf ein strenges logisches Fundament setzt. Später wurde sie zur Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre und weiter zur Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre mit Auswahlaxiom (ZFC, C steht für ‘Axiom of Choice’) erweitert; sie bildet heute die Grundlage der gesamten Mathematik: Jede mathematische Aussage kann im Wesentlichen aus ZFC gefolgert werden!

Der Sohn eines Gymnasiallehrers wurde 1871 in Berlin geboren, wo er 1889 sein Abitur ablegte. Er studierte Mathematik, Physik und Philosophie in Halle, Freiburg und Berlin, wo er 1894 promovierte. 1897 ging er nach Göttingen, damals das Weltzentrum der Mathematik. Zermelo arbeitete zunächst an Problemen aus der mathematischen Physik, bis er 1904 seine erste mengentheoretische Arbeit einreichte. In dieser formulierte er als erstes das Auswahlaxiom und bewies mit dem seine Äquivalenz zum Wohlordnungssatz.

Bei dem Auswahlaxiom handelt es sich um die zunächst scheinbar intuitiv klare Forderung, dass man bei einer beliebigen Familie von Mengen sich aus all diesen Mengen ein Element ‘auswählen’ kann, ohne, dass man diese Elemente konkret angeben können muss. Bemerkenswert dabei ist, dass der zum Auswahlaxiom äquivalente Wohlordnungssatz (jede Menge kann wohlgeordnet werden) wiederrum höchst nichttrivial ist und auf dem ersten Blick falsch bzw. sinnlos erscheint. Der Mathematiker Jerry Bona soll über diesen paradox erscheinenden Zusammenhang gesagt haben: ‘Das Auswahlaxiom ist offensichtlich wahr, der Wohlordnungssatz ist offensichtlich falsch und über das Zornsche Lemma [eine weitere zum Auswahlaxiom äquivalente Aussage] weiß man es nicht’.

Ab 1910 hatte Zermelo einen Lehrstuhl an der Universität Zürich inne, den er allerdings ab 1916 aufgrund gesundheitlicher Probleme aufgeben musste. 1926 trat er eine Honorarprofessur an der Universität in Freiburg im Breisgau an- er lebte zuvor bereits mehrere Jahre im Schwarzwald. 1935 verlor er diese Stelle, da er sich weigerte, Vorlesungen mit dem Hitlergruß zu beginnen.

Zermelo galt als scharfzüngig und scheute selten die Auseinandersetzung mit seinen Kollegen: 1896 war er in eine Debatte mit Ludwig Boltzmann über den Poincareschen Wiederkehrsatz verwickelt, später unterstellte er Felix Klein, seinerzeit neben Hilbert der einflussreichste Mathematiker in Deutschland und sein Vorgesetzter in Göttingen, mangelnde mathematische Präzision.

Nach dem Krieg erhielt er seine Ehrenprofessur in Freiburg zurück, hielt aber wegen seines Gesundheitszustandes keine Vorlesungen mehr. Er starb 1953.

Im Frühjahr 2018 wurde eine Straße in Freiburg nach ihm benannt.