Ingo Kraus VersicherungAusbildung zum Mathematiker:
Albert-Ludwigs Universität Freiburg im Beisgau, Diplom und Promotion in reiner Mathematik, Nebenfach PhilosophieJetzige berufliche Position:
ERGO Versicherungsgruppe, Leiter Asset Liability Management / Quantitative Methoden und Modelle

Frühere berufliche Positionen:
Aktuar, strategische Kapitalanlage und Asset Liability Management in Versicherungen

Wie haben Sie Ihre jetzige Stelle gefunden? Wie lange mussten Sie suchen?
Durch einen persönlichen Kontakt bin ich zur ERGO gekommen, dort haben sich alle Wechsel natürlich ergeben.

Wie sieht Ihr typischer Arbeitsalltag aus? Welche Rolle spielt die Mathematik dabei?
Kernaufgaben der Abteilung sind u.a. Pflege der aktivseitigen Komponenten der stochastischen ALM-Modelle sowie quantitative Unterstützung für die strategische Kapitalanlage. Mathematik spielt dabei eine sehr große Rolle aufgrund der hohen Komplexität der Themen, die eine fundierte analytische Ausbildung verlangen. Außerdem kommen auch regelmäßig konkretere mathematische Fragestellungen, insbesondere um die Themen marktkonsistente Bewertung und Risikoquantifizierung.

Sind Sie mit Ihrem Beruf zufrieden?
Ja, sehr.

Finden Sie die Mathematik-Ausbildung an der Universität angemessen in Hinblick auf die beruflichen Herausforderungen? Haben Sie Verbesserungsvorschläge?
Es wird oft über Praxisferne an den Universitäten geklagt, dem kann ich mich nicht ganz anschließen. Natürlich wäre es für ein Unternehmen wünschenswert, wenn gewisse Standardtechniken bereits an den Universitäten gelehrt würden, aber mir scheint die in der Ausbildung entwickelte mathematische Reife immer noch das Wichtigste zu sein. Für mein Arbeitsumfeld kann ich daher nur sagen: wir brauchen gute Mathematiker, die gelernt haben, selbstständig Dinge zu verstehen und zu hinterfragen. Übrigens, als Anmerkung zum zunehmenden Geschwindigkeitswahn: ich habe 15 Fachsemester für mein Diplomstudium gebraucht. Dabei war ich nicht sonderlich faul, ich habe mir nur die Zeit genommen, die ich brauchte. Das habe ich auch im Berufsleben so gehalten und es hat mir nicht geschadet.

Wenn Sie noch einmal Abiturient wären, würden Sie dann wieder Mathematik studieren?
Ja!

Was bedeutet Ihnen persönlich die Mathematik? Haben Sie besondere Erfahrungen gemacht oder interessieren Sie bestimmte Fragen aus der Mathematik besonders?
Mein Nebenfach war Philosophie und ich konnte sogar ein Jahr Philosophie der Mathematik in England studieren. Daher habe ich immer noch ein Interesse an Grundlagenfragen. Mir ist es auch immer noch eine Freude, abstrakte Dinge analytisch klar zu durchdringen. Trotzdem hat meine Begeisterung und natürlich viel mehr noch meine Zeit, mich in mathematische Themen zu vertiefen, ein wenig abgenommen.

Haben Sie Zeit (und Lust), sich neben dem Beruf über (für Sie) neue und aktuelle Bereiche der Mathematik zu informieren?
Manchmal nehme ich mir die Zeit, aber dann versuche ich eher, Grundlagen aufzufrischen, die mit meiner Arbeit in Verbindung stehen. Natürlich interessieren mich auch wichtige neue Bewegungen in der Mathematik, aber hier fühle ich mich inzwischen eher als interessierter Laie.

Wie wird der Beruf des Mathematikers / der Mathematikerin in der Öffentlichkeit bewertet?
Das kann ich schwer sagen