Michael Fackler VersicherungAusbildung zum Mathematiker:
Diplom-Mathematik an der Universität München, mit einem Auslandsjahr an der Universität Pisa. Berufsbegleitend Weiterbildung zum Aktuar DAV (geprüfter Versicherungsmathematiker).

Jetzige berufliche Position:
Freiberuflicher Aktuar, beratend tätig in der (Rück)Versicherungsbranche.

Frühere berufliche Positionen:
Versicherungsmathematiker/Aktuar mit Schwerpunkt Prämienkalkulation für die Schadenversicherung (Feuer, Auto, Unfall, Haftpflicht etc.) – zunächst bei einer Versicherung in Rom, dann zehn Jahre bei Rückversicherungen in München (Swiss Re Group, Munich Re).

Wie haben Sie Ihre jetzige Stelle gefunden? Wie lange mussten Sie suchen?
Habe mich nach über zehn Jahren als Angestellter aus freien Stücken selbständig gemacht.

Wie sieht Ihr typischer Arbeitsalltag aus? Welche Rolle spielt die Mathematik dabei?
Sehr vielfältig: von der Entwicklung mathematischer Modelle für Versicherungsschäden mit Papier und Bleistift über die Analyse statistischer Daten am Computer bis zu hochgradig kommunikativer Arbeit in Projektmeetings, Schulungen und Vorträgen.

Sind Sie mit Ihrem Beruf zufrieden?
Ja – weil er so vielfältig ist und permanent Innovationen mathematischer (und anderer) Art ermöglicht und fordert.

Finden Sie die Mathematik-Ausbildung an der Universität angemessen in Hinblick auf die beruflichen Herausforderungen? Haben Sie Verbesserungsvorschläge?
Wenn man Mathematik gründlich studiert, erwirbt man unabhängig vom genauen Studienschwerpunkt die generelle Fähigkeit zum mathematischen Problemlösen, mit der man sich in der Arbeit auch in neue mathematische Themen einarbeiten kann. Damit ist man fachlich gerüstet, aber was man im Beruf neben der Mathematik unbedingt braucht, ist Persönlichkeit. Diese kann man nur entwickeln, wenn man im Studium ein gewisses Maß an Freiheit hat, die einen zu eigenständiger Lebensgestaltung zwingt und den Horizont erweitern lässt. Eine Verschulung des Studiums und übervolle Studienpläne sind hierfür kontraproduktiv.

Wenn Sie noch einmal Abiturient wären, würden Sie dann wieder Mathematik studieren?
Ja – wenn auch vielleicht mit etwas anderen Schwerpunkten.

Was bedeutet Ihnen persönlich die Mathematik?
Früher: Sie hat mir ermöglicht, Talent zu beweisen und ein Stipendium zu erlangen (durch den Sieg beim Bundeswettbewerb Mathematik 1985 und 1986).
Heute: Sie ermöglicht mir, kreativ tätig zu sein (durch innovative mathematische Modelle) und damit Geld zu verdienen. Was will man mehr?

Haben Sie Zeit (und Lust), sich neben dem Beruf über (für Sie) neue und aktuelle Bereiche der Mathematik zu informieren?
Eher weniger, denn es kostet mich schon genug Zeit, bei der Entwicklung in den beruflich relevanten Zweigen der Mathematik am Ball zu bleiben – und ich habe schließlich auch noch ein paar nichtmathematische Interessen.

Interessieren Sie sich für philosophische Fragen im Zusammenhang mit der Mathematik?
Ja – denn sogar bei der Anwendung der Mathematik in der Wirtschaft kommt man gelegentlich zu sehr grundsätzlichen Fragen.

Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass die Mathematik in der Öffentlichkeit häufig negativ bewertet wird?
Oft werden als Grund ungute Erinnerungen an den Mathematikunterricht genannt, aber das eigentliche Problem könnte viel tiefer liegen: In der Mathematik kann man Verständnislücken nicht überspringen, Rückstände nur mühsam aufholen und die Fehler, die man macht, nicht schönreden. Selbst Talentierte kommen irgendwann an Aufgaben, mit denen sie – zumindest zunächst – überfordert sind. Daher erfordert das Fach viel Beharrlichkeit, Disziplin, Geduld und Bescheidenheit – lauter positive Eigenschaften, die aber angesichts des heutzutage verbreiteten Wunsches nach schnellen und leichten Erfolgen wohl etwas aus der Mode gekommen sind.

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit zur Beantwortung unserer Fragen genommen haben!